Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeltplatz Drachenloch

Zeltplatz Drachenloch

Titel: Zeltplatz Drachenloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
Vom Netzwerk:
anschickte. Aber die Ortschaft war nicht St. Georgen, und die Ister war auch nirgends zu sehen.
    Dann besann sich Georg, daß er vom Vater Karte und Kompaß geschenkt bekommen hatte als Schmerzensgeld dafür, daß er verspätet ins Lager kam.
    Georg breitete die Karte aus und versuchte mit dem Kompaß seinen Standort zu bestimmen. Dabei machte er eine beunruhigende Feststellung. So wie der Kompaß jetzt eingestellt war und so wie die Karte lag — und er glaubte fast, daß das stimmte — , ging die Sonne im Osten unter. Das war erschütternd. Und Georg tat das einzig Mögliche, was er tun konnte: Er setzte sich ein wenig hin und dachte nach.
    Da hörte er Schritte den Hang herab kommen. Er drehte sich erschreckt um und erblickte einen älteren Mann in hellem Arbeitsanzug, mit einem breitkrempigen Strohhut. Der Mann hatte einen kleinen Sack über die Schulter geworfen und schritt schnell bergab. Als er näher kam, bemerkte Georg weiße Bartstoppel in seinem gebräunten Gesicht.
    Der Landstreicher, durchfuhr es ihn.
    »Was machst denn du da ?« fragte der Mann.
    Georg überlegte. »Ich muß heute noch unbedingt nach St. Georgen«, sagte er schnell, »wenn Sie mich hinführen, verrate ich nichts .«
    Der alte Mann lachte, zog dann die Augenbrauen hoch und meinte: »Ah, du denkst wohl wegen des Sacks da? Da brauchst du gar keine Angst zu haben, mein Lieber, da sind nur Steine drinnen. Da, greif einmal !«
    Georg fühlte wirklich nur Steine durch die Jute.
    »Wenn du nach St. Georgen willst, dann lauf mir nur nach. Wir haben den gleichen Weg; aber beeilen mußt du dich! Und daß du mir nicht hinfällst im Wald. Wir gehen nämlich quer durch .«
    Und schon ging der Mann weiter. Georg eilte ihm nach. Er ging über die Alm hinab mitten hinein in den Wald. Steine kollerten, durch ihre Füße gestoßen, hinunter; aber das schadete nichts.
    Georg knickten bei diesem Bergablaufen die Knie ein, und mehrere Male fiel er hin. Aber er war schnell wieder auf den Beinen. Nur selten fand er Zeit zu einem Gedanken. Er wunderte sich, daß der alte Mann so schnell laufen konnte. Dann wieder überlegte er, ob er ihn unten verhaften und zur Gendarmerie bringen oder ihn einfach ziehen lassen sollte.
    Eigentlich hat er mir vielleicht das Leben gerettet, sagte Georg zu sich, das mit dem Verhaften werde ich mir überlegen.
    Die Sonne mußte inzwischen schon untergegangen sein. Im Wald begann es bereits zu dämmern.
    »Haben wir noch weit ?« fragte Georg.
    »Mindestens eine halbe Stunde noch.«
    Und schon rannte der Alte weiter. Unten sprang er in einen Hohlweg.
    »Spring nach«, sagte er, »jetzt können wir nebeneinander gehen .«
    Georg überlegte nicht lange und sprang in den Hohlweg hinein.
    Unten wunderte er sich, daß er nicht hingefallen war und alle seine Knochen noch heil waren.
    »Wem gehörst denn du ?« fragte der Mann.
    »Ich wohne im Lager«, meinte Georg. Er versuchte es, so sicher wie möglich zu sprechen.
    »Ah, da bist du der, der krank war. Deshalb kenn’ ich dich noch nicht.«
    »Ja.«
    »Nun, wenn du ins Lager gehörst, haben wir ja nicht einmal mehr so weit .«
    »Ja.«
    »Da hast du dich wohl verlaufen ?«
    »Ja.« Georg überlegte fieberhaft. Er wollte nicht, daß der Mann mit ins Lager kam. Im Lager würden sie ihn verhaften und zur Gendarmerie bringen.
    »Darf ich Sie etwas bitten ?« fragte er.
    »Ja, was denn?«
    » Gehn Sie, bitte, nicht mit ins Lager, bitte, nicht! Ich möchte nicht, daß...«
    »Was denn?«
    »Daß man Sie verhaftet .«
    Der Mann lachte und schlug sich mit der rechten Hand auf den Schenkel. Dann nahm er den Hut ab und wischte mit dem Handrücken über die Stirn.
    »Mich verhaften ?« fragte er.
    »Ja, natürlich, Sie. Sie wissen doch ganz genau, daß Sie gesucht werden .«
    Da lachte der Mann ein zweitesmal . »Jetzt möcht’ ich aber wirklich mit zum Lehrer Immerfroh, möchte sehen, ob er mich verhaften läßt .«
    »Sind Sie es am Ende nicht ?«
    Der Mann legte nur den Zeigefinger seiner freien Hand an die Lippen. Da schwieg auch Georg.
    Im Lager war es still. Alle saßen bedrückt beim Abendessen. Nur schwer würgten sie die guten Brote hinunter, die Kam und Gine zubereitet hatten . Gine schluchzte hin und wieder auf, auch Kam tupfte manchmal mit dem Taschentuch etwas von den Wangen.
    Es war doch wirklich furchtbar mit Georg.
    Karl war bereits bei der Gendarmerie gewesen, diese wollte aber erst am nächsten Morgen in aller Frühe zu suchen beginnen. »Vielleicht kommt er noch«, hatte man

Weitere Kostenlose Bücher