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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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kann. Und ich kann mich gut daran erinnern, wie dreckig es mir ging, als ich in
diesem Raum festsaß. Ich weiß, wie dringend man dann Menschen um sich herum braucht.“
    Zu viele Silben auf einmal. Sothorn fiel es schwer, dem Sinn der Sätze zu folgen. Er hatte Ohrenschmerzen. Halb glaubte er zu spüren, dass Flüssigkeit an seinem Hals entlang
sickerte.
    Blutete er aus den Ohren? Nein, es war nur Wasser, das von Enes› Reinigung zurückgeblieben war.
    Er hatte Angst. Angst, es nicht zu schaffen. Angst, es doch zu schaffen. Angst, was ihn erwartete, wenn sein Geist befreit war und er sich im Detail an jedes seiner Verbrechen erinnerte. Angst
vor dem, was sie von ihm erwarteten, wenn er wiederhergestellt war. Angst davor, ein Leben zu leben, in dem Gefahren reale Bedrohungen waren und keine milden Auswege aus einer wertlosen
Existenz.
    Das Zittern begann in seinen Waden, setzte sich in seinen Oberschenkeln fort, zog in Krämpfen durch seinen Bauch und breitete sich in seinem restlichen Leib aus. Sothorns Zähne
schlugen aufeinander. Er schmeckte Blut, da sich eine der Wunden in seinem Mund öffnete. Wunden, die er sich selbst im Schlaf vor Anspannung zugefügt hatte.
    „Ganz ruhig“, murmelte Geryim, nein, Enes an seiner Seite und setzte sich neben ihn. Schmale Finger griffen nach seiner Hand und rieben sie sacht. „Es hört gleich wieder
auf.“
    „Es hört nie auf“, winselte Sothorn. „Nicht einmal die Hälfte ... der Zeit ist um und ich ... kann nicht mehr ... ich brauche es so
dringend ...“ Bevor er sich versah, hörte er sich flüstern: „Kannst du mir etwas besorgen? Bitte? Ich ... ich gebe dir alles, was du willst ...“
    Der jungenhafte Assassine kräuselte betroffen seine Stupsnase und schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht. Es würde dir nicht helfen.“
    „Aber ...“, begann Sothorn zu protestieren, bevor ihm ein Blitz durch den Kopf fuhr und neben Schmerzen die Frage aufwarf, warum er Geryim nie gefragt hatte, ob er ihn mit der
Droge versorgen konnte. Weil es sinnlos war. Deshalb. Geryims eisernes Wesen machte in Lava geschmiedetem Stahl Konkurrenz.
    Enes hingegen wirkte verständnisvoll und weich wie ein Mädchen, bevor es durch den Verlust des ersten Kindes im Wochenbett zu einer harten Frau reifte.
    „Ich kann nicht mehr“, gestand Sothorn und gab sich größte Mühe, die Finger in seiner Hand nicht zu zerquetschen. „Ich will auch nicht mehr ...“
    „Natürlich willst du. Du weißt es nur gerade nicht mehr. Glaube mir, es ist es wert. Wenn du erst wieder fühlen kannst  ... lieben kannst ...“ Enes
unterbrach sich, hustete verlegen. „Nun gut, das ist vielleicht nicht immer das Beste, aber es lohnt sich.“
    „Nein ...“, quälte Sothorn sich. Er wollte sich aufrichten, sich bewegen, auf und ab laufen, vor den Qualen in seinem Kopf und seinem Körper davonrennen.
    Schweigend legte Enes sich hinter ihn. Sothorn schauderte, als ihn fremde Hände gegen eine dürre Brust drückten.
    Er wollte nicht, dass Enes ihm nahe kam. Wollte nicht berührt und erst recht nicht umarmt werden. Er stank. Klebte. Schwitzte. Zitterte.
    Nein, er wollte das nicht. Wollte nicht und konnte sich nicht dagegen wehren. Weil es gut tat. Weil es der dünnen, zerfasernden Schicht Seelenstoff, die ihn vom Irrsinn trennte, Halt bot.
    Aber glücklich machte die erzwungene Umarmung ihn nicht.
    * * *
    Der Mann wusste, dass er den tiefsten Punkt des Tals durchschritten hatte. Das Tier aber fürchtete sich und bebte mit schweißnassen Flanken dem nächsten Schritt, dem
nächsten Herzschlag entgegen.
    Mit zermürbtem Leib und zerrissener Haut war Sothorn im vom Schatten der Gipfel verdunkelten Tal der Sucht angekommen. Auf dem Weg in die Finsternis war er gestürzt, war weite
Wegstrecken auf dem Bauch gerutscht, hatte sich den Kopf an den Felsen seiner Erinnerung angeschlagen und sich die Knie vom Schotter der Schuld zerfetzen lassen.
    Sothorn war am Ende seiner Kräfte. Dass der elfte Tag angebrochen war, dass das zu ertragende Leid mit jeder verstreichenden Stunde weniger wurde, konnte er nicht wahrnehmen.
    Es schrie in seinem Kopf, es schrie in seinen Knochen, in jedem Gelenk, jeder Darmwindung, jedem Fingernagel.
    Manchmal hörte er die fremden Stimmen, wusste nicht, ob er sich vor ihnen fürchten sollte oder nicht. Wusste nicht, wie es um seinen Verstand bestellt war, wusste nicht, wie lange er
diesen Strapazen noch standhalten konnte.
    Wasser wurde ihm mit Gewalt eingeflößt. Am Morgen

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