Zentauren-Fahrt
etwas schnippisch. Mit Lebenden wollte sie nicht allzuviel zu tun haben. Deshalb war es auch überraschend, sie plötzlich hier zu sehen. »Was kann ich für dich tun, Doreen?« fragte er.
»Sire, Euer Majestät König Dor«, sagte sie steif. »Wir dachten uns nur… ich meine, vielleicht wäre es ja möglich… da Ihr jetzt der Königliche Monarch seid, vorübergehend, für eine Weile…«
Dor lächelte. Doreen hatte immer Schwierigkeiten damit, zur S a che zu kommen. »Raus damit, schöner Geist.«
»Nun ja, wir… Ihr wißt vielleicht, daß wir nicht mehr viel von Millie gesehen haben, seit sie verschieden ist…«
Für die Gespenster stellte Millies Rückkehr ins Leben ein Abl e ben dar. Sie hatte jahrhundertelang zu ihnen gehört, und nun war sie wieder sterblich geworden. »Fehlt sie euch?«
»Ja gewiß, Euer Majestät, in gewisser Weise tut sie das. Sie hat uns jeden Tag besucht, nachdem sie, Ihr wißt schon, aber seit sie in den Ehestand eingetreten ist, hat sie… ist sie nicht mehr…«
Millie hatte den Zombiemeister geheiratet und war mit ihm in das Schloß gezogen, das jetzt dem Guten Magier Humfrey gehörte. Achthundert Jahre zuvor hatte es dem Zombiemeister gehört, und nun teilten sie es miteinander. »Also wollt ihr sie gerne einmal wiedersehen«, beendete Dor den Satz.
»Jawohl, Sire, Euer Majestät. Ihr wart ihr Freund im Leben, und nun, da Ihr sozusagen der Königliche König seid…«
»Sie bedarf wohl kaum der königlichen Zustimmung, um ihre a l ten Gefährten zu besuchen.« Dor lächelte. »Nicht, daß eine solche Zustimmung jemals verweigert würde, aber selbst wenn dies der Fall wäre – wer sollte ein Gespenst daran hindern, irgendwohin zu gehen?«
»Oh, Sire, wir können nirgendwohin gehen!« protestierte Doreen. »Wir sind für immer an den Ort unseres grausamen Todes gebu n den, bis unsere, um es vorsichtig auszudrücken, Last abgetragen ist.«
»Nun, wenn ihr mir von euer Last erzählen würdet, könnte ich euch vielleicht helfen«, schlug Dor vor.
Es war das erste Mal, daß er ein Gespenst erröten sah. »Oh, nein, nein, n-niemals!« stammelte sie.
Offenbar hatte er einen wunden Punkt getroffen. »Nun, dann kann Millie euch doch besuchen.«
»Aber sie… nie ist sie… sie kommt einfach nicht«, klagte D o reen. »Wir haben gehört… man hat erzählt… wir glauben, weil sie Mutter geworden ist…«
»Mutter von Zwillingen«, bestätigte Dor. »Ein Junge und ein Mädchen. Das war ja auch zu erwarten, wenn man ihr Talent b e denkt.«
Prüde überging Doreen diese Bemerkung. »Also ist sie natürlich beschäftigt. Aber wenn der König vorschlagen, ihr nahelegen sol l te… sie um einen Besuch bitten würde…«
Dor lächelte. »Millie war zwölf Jahre lang mein Kindermädchen. Ich war verliebt in sie. Sie hat niemals Befehle von mir entgege n genommen. Es war genau umgekehrt. Niemand, der mich kennt, nimmt mich ernst.« Noch während er sprach, hatte Dor die B e fürchtung, daß er soeben etwas Wichtiges gesagt hatte, was ihm noch leid tun würde; darüber würde er noch nachdenken müssen, sobald er allein war.
»Aber nun, da Ihr doch König seid…«, hauchte Doreen, ohne seine Aussage zu bestreiten.
Dor lächelte erneut. »Also gut. Ich werde Millie und ihre Familie aufs Schloß einladen, damit ihr ihre Kinder kennenlernen könnt. Ich kann zwar nicht dafür garantieren, daß sie kommen werden, aber einladen werde ich sie.«
»Oh, danke, Euer Majestät, Sire!« Dankbar verflüchtigte sich D o reen.
Dor schüttelte den Kopf. Er hatte gar nicht gewußt, daß G e spenster Kinder mochten. Doch eines der Gespenster war selbst ein Kind, vielleicht war das die Erklärung. Millies Kinder waren erst drei Jahre alt, während Knopf sechs war – aber die Zwillinge würden mit der Zeit natürlich einmal so alt werden wie er, wä h rend das Gespenst nicht älter wurde. Knopf war schon sechshu n dert Jahre lang sechs Jahre alt. Kinder waren eben Kinder. Dor hatte Millies Zwillinge auch noch nicht kennengelernt. Ihr Besuch würde sicherlich interessant werden. Er fragte sich, ob Millie nun, da sie glücklich verheiratet war, wohl ihr Talent des Sex-Appeals bewahrt hatte. Konnte eine Ehefrau überhaupt so etwas behalten? Er fürchtete nur, bis er dies an eigenem Leib herausgefunden ha t te, würde es zu spät sein.
Später am Tag kam (vielleicht war es gar kein Zufall) ein Zombie auf Dor zu. Die erbärmlichen Wesen ruhten normalerweise b e quem auf ihrem Friedhof in der Nähe des
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