Zentauren-Fahrt
sie so zahlreich waren. Tatsächlich erwies sich das Gebiet jedoch als eine recht angenehme Gegend, in der es auch an den meisten modernen m a gischen Annehmlichkeiten wie Sodawasserquellen und duftenden Seifensteinen für die Wäsche nicht fehlte. Hier wurden Pelze g e erntet, und in diesem Jahr hatte es eine sehr gute Ernte von den immergrünen Pelzbäumen gegeben. Die grünen Pelze waren in der Sonne gereift, im Mondlicht gebeizt und von den Sternen befu n kelt worden – bis sie eines Morgens spurlos verschwunden waren.
Dor befragte das Podest, auf dem die Pelze gelegen hatten, und erfuhr, daß ein Trupp aus einem anderen Dorf herbeigeschlichen war und sie gestohlen hatte. Dieses Mal war sein eigenes magisches Talent dem von König Trent überlegen – wenn es nämlich um die Beschaffung von Informationen ging. Dann ließ er die Pelze wi e der herbeizaubern. Es wurden keine Maßnahmen gegen das andere Dorf verhängt: Seine Bewohner würden merken, daß ihre Tat ans Tageslicht gekommen war und würden sich nun wahrscheinlich eine ganze Weile lang bedeckt halten.
Irene erwies sich als ständige Plage. Ihr paßte Dors Thronbeste i gung nicht, obwohl sie wußte, daß sie nur vorübergehender Natur war, und sie hoffte unentwegt darauf, daß er versagen würde. »Mein Vater hätte das aber besser gemacht«, murrte sie finster, wenn Dor ein Problem gelöst hatte, und war auch kaum besc h wichtigt, wenn er ihr darin zustimmte. »Du hättest das Diebesdorf bestrafen müssen.« Und Dor fragte sich, ob er in diesem Punkt nicht vielleicht wirklich den Weg des geringsten Widerstands g e gangen war, anstatt den richtigen einzuschlagen. Aber was hätte er denn sonst tun sollen als das, was ihm zum Zeitpunkt der En t scheidung als das Beste erschienen war? Die erdrückende Gefahr, einen Fehler zu begehen, machte ihn außerordentlich vorsichtig. Nur die Erfahrung konnte ihm, so vermutete er, die nötige Siche r heit geben, um auch unter Druck die jeweils besten Entscheidu n gen treffen zu können. Und genau das hatte König Trent in seiner Erfahrung und Weisheit für ihn eingerichtet.
Zu seinem eigenen Erstaunen versagte Dor nicht gänzlich. Doch die vielen verschiedenen Probleme, mit denen er zu tun bekam, strapazierten seinen Einfallsreichtum aufs äußerste, und seine dü s teren Vorahnungen, seine Glückssträhne müsse einmal ein Ende finden, verstärkten sich. Er zählte die verstreichenden Tage und betete darum, daß vor König Trents Rückkehr kein ernstes Pro b lem auftreten mochte. Wenn er erst einmal so alt war wie König Trent, würde er vielleicht fähig sein, ein Königreich richtig zu r e gieren; im Augenblick verlief die Sache jedoch derart hektisch, daß sie ihn an den Rand der Verzweiflung brachte.
Irene, die dies schließlich bemerkte, machte sich auf ihre mä d chenhafte Weise darüber lustig und begann, ihm ihre Unterstü t zung anzubieten. »Na ja«, sagte sie tröstend, »es dauert ja nicht ewig, auch wenn es so scheinen mag. Nur noch zwei Tage, dann ist die Gefahr vorbei. Dann können wir alle vor Erleichterung in Ohnmacht fallen.« Dor wußte diese Unterstützung zwar zu schä t zen, hätte es aber vorgezogen, wenn sie seine Unzulänglichkeit etwas weniger pointiert herausgestellt hätte.
Er schaffte es. Endlich kam der Tag von König Trents Rückkehr – zu Dors immenser Erleichterung und zu Irenes etwas gemischter Zufriedenheit und unterdrückter Enttäuschung. Sie wollte zwar ihren Vater zurückhaben, hatte aber auch erwartet, daß Dor eine wesentlich schlechtere Figur machen würde. Dor war mehr oder weniger unversehrt davongekommen, und das erschien ihr als nicht ganz gerecht.
Beide kleideten sich sorgfältig an und sorgten dafür, daß alles in Schloß Roogna für den Empfang bereit war. Sie wollten das rüc k kehrende Königspaar stilgerecht willkommen heißen.
Erwartungsvolle Stunden verstrichen, doch weder der König noch die Königin erschienen. Dor unterdrückte seine Nervosität; natürlich brauchte eine Reise ihre Zeit, vor allem wenn man mu n danische Handelswaren mit sich führte. Irene leistete Dor beim Mittagessen Gesellschaft. Es gab Buchstabennudeln und Milch s hakes. Sie versuchten sich abzulenken, indem sie aus den Buchst a ben Worte bildeten, doch die Milch bebte derart stark, daß nichts davon zusammenhielt, was ihrer eigenen Stimmung durchaus en t sprach.
»Wo bleiben die bloß?« fragte Irene, als der Nachmittag ve r strich. Langsam machte sie sich ernsthaft Sorgen. Jetzt,
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