Zerberus - Unsichtbare Gefahr (German Edition)
sonst niemals Laura kennengelernt hätte. Aber für philosophische Betrachtungen war dies der falsche Ort und Zeitpunkt.
Die Zeit im Gefängnis war Kranz schlecht bekommen. Das braune Haar war nun grau und die Sonnenbräune der typischen Gefängnisblässe gewichen. Doch am meisten überraschten Mark die tiefen Falten, durch die Kranz viel älter wirkte. Der charmante, selbstbewusste Manager, der zunächst Shara und dann Laura in seinen Bann gezogen hatte, war verschwunden, geblieben war ein gehetzt wirkender Mann, der ihnen unsicher entgegenblickte.
Kranz stand langsam auf und wandte sich Mark zu. »Danke, dass Sie –«
Mark winkte ab. »Bleiben Sie sitzen. Ich hoffe, mein Besuch bei Ihnen lohnt sich. Was wollen Sie von mir?«
Er lehnte sich scheinbar gelangweilt gegen die Wand, während Stephan sich an den Tisch setzte und den Stuhl so zurechtrückte, dass er und Kranz sich direkt gegenübersaßen.
»Das Stichwort ›Zerberus‹ müsste Ihnen doch genug sagen, oder? Sonst wären Sie ja nicht hier. Was ist für mich drin?« Kranz’ Worte überschlugen sich. Andeutungsweise flackerte die Arroganz auf, die Mark von ihm kannte. Er betrachtete ihn genauer. Da lag noch etwas anderes in seinem Blick, vielleicht etwas Berechnendes. Als weder Stephan noch Mark reagierte, rieb sich Kranz über den Arm, und die Arroganz verschwand. »Mich interessiert nur eins: Ich will Ihnen helfen, damit ich raus und zurück zu meiner Familie komme.«
Am liebsten hätte Mark verächtlich aufgelacht. Seine Familie hatte den ehemaligen Manager nie übermäßig interessiert und noch weniger, seitdem die Scheidung offiziell war und Laura das alleinige Sorgerecht für die Kinder besaß. Sollte das ein Versuch gewesen sein, an ihr Mitgefühl zu appellieren, so hatte er das Gegenteil erreicht. Nun war Mark endgültig überzeugt, dass Kranz ihnen etwas vorspielte, und intelligent, wie er war, handelte es sich um eine genau einstudierte Inszenierung. Zeit genug hatte der Mistkerl ja gehabt, sich einen Plan auszudenken.
Die Stille zog sich hin, und wie erwartet verlor wieder Kranz als Erster die Nerven. »Haben Sie mit meinem Anwalt gesprochen?«
Stephan gab Mark ein Zeichen, die Gesprächsführung zu übernehmen. Obwohl dies Sinn machte, hätte er lieber weiter geschwiegen. »Es wäre ein wenig voreilig, mit Ihrem Anwalt zu sprechen, ehe wir nicht wissen, ob es sich überhaupt lohnt. Ich habe erhebliche Zweifel, dass Sie uns etwas anzubieten haben. Aber bitte. Überzeugen Sie mich.«
»Nicht ohne Zugeständnisse. Wann kann ich raus?«
Stephan schnaubte verächtlich. »Bei guter Führung in vier Jahren.«
»Das meinte ich nicht. Hat es Ihnen nicht gereicht, ein SEAL-Team zu verlieren? Mir ist klar, dass das Schatzamt der falsche Ansprechpartner ist. Aber stellen Sie eine Verbindung zu den richtigen Leuten und Entscheidungsträgern her, dann sehen wir weiter.«
Mark verstand Stephans stumme Aufforderung, aber alles in ihm wehrte sich dagegen, seine Tarnung aufzugeben. »Ich denke, Sie haben den richtigen Ansprechpartner vor sich, und Ihre Informationen sind mehr als dürftig. Wir haben kein SEAL-Team verloren. Sie müssen schon überzeugendere Argumente vorbringen, damit ich bereit bin, meine Zeit mit Ihnen zu verschwenden.«
Kranz’ Selbstbewusstsein bekam einen gehörigen Dämpfer, und jetzt erkannte Mark auch das Gefühl, dass da immer wieder sekundenlang in seinen Augen aufblitzte. Blanker Hass. Was immer Kranz vorhatte, Mark war eine der Zielscheiben. Vielleicht weil er daran beteiligt gewesen war, ihn ins Gefängnis zu bringen. Das würde interessant werden.
»Ich kann Ihnen die Verantwortlichen für die Produktion einer chemischen Waffe liefern. Ich dachte, das Gas wäre schon erfolgreich getestet worden.«
»Wie ich schon sagte: Ich bezweifle, das Sie mir etwas Neues erzählen können. Das Gas gibt es nicht mehr. Die Standorte in Bad Oldesloe und auf der Insel Poel sind Vergangenheit.«
Jetzt gab es keinen Zweifel daran, dass Kranz keineswegs nur von dem Wunsch nach Freiheit getrieben wurde. Der Mann wollte mehr, viel mehr. Seinen alten Status quo zurück, aber auch Rache an denen, die seinen Verbrechen ein Ende gesetzt hatten. Auch Stephan wirkte sehr nachdenklich.
Der Verfassungsschützer beugte sich vor. »Ich habe heute noch mehr Termine. Kommt von Ihnen noch etwas?«
Kranz nickte. »Machen Sie mir ein Angebot, und Sie bekommen meine Aussage und wasserdichte Beweise über den Drahtzieher der ganzen Sache.«
»Den in
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