Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
wusste, dass Klarus seit dem ersten Tag, als Molly in seinem Laden geschneit war und ihn nach einer Arbeitsstelle gefragt hatte, mehr als ein Auge auf sie geworfen hatte. Fast ein Jahr lang hatte Molly es geschafft ihn auf Distanz zu halten. Sie hatte all seine Annäherungsversuche abgeschmettert und immer wieder lachend als Scherz abgetan. Aber Molly wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es keine Ausflüchte mehr gab. Seine Bitte ihn zu heiraten wurde immer eindringlicher und sie wusste, dass er sich mehrere Male mit ihrem Vater getroffen hatte.
Klarus war eine gute Partie. Vielleicht die beste, die sie in dieser Stadt machen konnte. Ihm gehörte das Hodaitab, das bestbesuchte Gasthaus in Morl. Er sah gut aus, war stattlich und würde sicher einen guten Ehemann und Vater abgeben. Aber Molly war schon immer ein Wildfang gewesen und hatte andere Pläne. Sie wollte die große weite Welt sehen. Darum arbeitete sie hier. Reisende gingen hier ein und aus und Molly hatte auf eine sympathische Gruppe gehofft, der sie sich anschließen konnte. Es hatte Gelegenheiten gegeben, doch man hatte sie beim ersten und auch beim zweiten Ausriss wieder eingefangen. Seitdem folgten Molly die wachsamen Augen ihres Vaters und Klarus überallhin.
Wie ein entlaufendes Pferd hatte man sie wieder eingefangen. Allein der Gedanke an die Schmach ließ Mollys Blut aufkochen. Dieses Mal würde sie besser aufpassen. Ein Plan manifestierte sich in ihren Gedanken und als sich das erste grobe Bild zusammenfügte, huschte ein kleines böses Lächeln über das schöne Gesicht und entstellte es für den Bruchteil einer Sekunde.
Molly behielt die kleine Gruppe im Auge. Sie hatten sich unter dem Familiennamen Solies für zwei Nächte einquartiert. Doch die wenigsten Gäste meldeten sich mit ihrem richtigen Namen an. Dass es sich um eine Familie handelte schloss Molly aus. Sie gingen sehr distanziert miteinander um. Keine Umarmungen, nicht einmal kleine vertraute Berührungen, kaum Augenkontakt. Sie lächelten sich nicht an, stritten aber auch nicht. Sie schienen nicht einmal Freunde zu sein. Fremde, die zufällig den gleichen Reiseweg teilten. Es war perfekt.
So unauffällig wie möglich umkreiste Molly die kleine Reisegruppe und hielt immer die Ohren gespitzt. Sie mussten noch Proviant besorgen und hielten nach günstigen Pferden Ausschau. Mit dieser Information ließe sich etwas anfangen. Bei ihren Ausrissen war Molly nie weiter als bis zur nächsten Stadt gekommen. Immer war sie von ihrem Vater oder Klarus wieder eingefangen worden. Dies war Mollys letzte Chance. Bliebe sie länger hier, würde ihr Vater sie zwingen Klarus zu heiraten. Sie würde ihm mindestens zehn Bälger gebären müssen und als kostenlose Arbeitskraft für immer im Service arbeiten. Tag ein Tag aus. Doch Mollys Herz sehnte sich nach so viel mehr. Freiheit, Abenteuer, die große weite Welt. Es gab so viel, das sie noch nicht gesehen hatte. So viel Wunder, von deren Existenz sie noch nicht einmal wusste. Molly würde diese Chance nutzen und endlich das tun, was sie wollte: die Welt entdecken!
Nachdem Herr Solies sein viertes Bier gekippt hatte, trat Molly mit einem kecken Hüftschwung an die Gruppe heran.
„Ich habe zufällig mitbekommen, dass ihr Proviant und günstige Pferde sucht. Ich kann euch helfen und einen Preis aushandeln, den ihr nirgendwo sonst bekommt.“ Molly zwinkerte ihnen fröhlich zu. Herr Solies musterte sie, wie jeder gesunde Mann sie mustern würde. Molly war daran gewöhnt und wusste, dass ihre ausgeprägten Rundungen gefielen und eine gewisse Wirkung auf Männer hatten.
„Gut junge Dame, wir nehmen Ihr Angebot dankend an“, scherzte Mikhael und vollführte im Sitzen eine elegante Verbeugung.
„Trefft mich dort morgen drei Stunden nach Sonnenaufgang“, erwiderte Molly, holte unter ihrer Schürze ein Papier hervor und steckte es Mikhael zu. Bevor sie den Tisch verließ, schielte sie heimlich zu der jungen Frau Solies herüber. Die wunderschönen blauen Augen wirkten glasig und ihre Wangen waren gerötet vom Bier.
Serena hatte zwar nach dem zweiten Humpen aufgehört zu trinken, da ihr Körper jedoch zum ersten Mal mit Alkohol in Berührung kam, hatten sie die Wirkung von zehn. Sie wusste nicht wohin mit ihren Armen und Beine. Sie fühlten sich an, als gehören sie jemand anderem. Serena musste all ihre Kräfte aufwenden, um einen Fuß vor den anderen zu setzen, und wäre gefallen, hätte Mikhael sie nicht lachend aufgefangen. Sie war zum
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