Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
machen. Der erst Eindruck ist der wichtigste“, sprach sie sich selbst zu. Sie sammelt all ihren Mut und gab mit einem strahlenden Lächeln den ersten Satz von sich, der ihr in den Kopf kam: „Wir kommen in Frieden.“ Sie erntete nur seltsame Blicke von den Senjyou.
„Wir kommen in Frieden? Jetzt wirklich? Ist dir nichts Besseres eingefallen?“, fragte Mikhael. Er war hin und hergerissen zwischen Sorge und Belustigung.
„Sag du doch was Intelligenteres! Ich hab es wenigstens versucht, während du dir vor Angst in die Hosen machst und keinen Laut rauskriegst!“, fuhr Molly Mikhael beleidigt und verletzt an. Ihr Lächeln hatte noch sie versagt! Diese Wesen mussten eiskalte Killer sein, da war sie sich jetzt sicher.
Mikhael konnte das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und sagte das Erste, das ihm in den Sinn kam: „Wir sind nur auf der Durchreise und wollen keinen Ärger.“ Als er keine Antwort bekam, versuchte er es mit: „Du mich verstehen? Nix verstehen?“, und wurde prompt von Molly schmerzhaft in die Rippen geboxt. Was an sich ein Kunststück war, da ihre Arme in der Luft bleiben mussten. Mikhael schnappte nach Luft. Keine Stelle an seinem Körper tat nicht weh, aber Molly hatte anscheinend den Punkt erwischt, der am meisten schmerzte.
„Wenn sie unsere Sprache nicht können, wird eine Reduktion deiner sowieso nicht vorhandenen Grammatikkenntnisse die Sache nicht besser machen“, fauchte Molly ihn an, während Mikhael versuchte vor Schmerz nicht ohnmächtig zu werden .
„Hey Aira, versuch es doch mal mit Airisch. Vielleicht verstehen die das.“ Aira schaute sie nur mit großen Augen fragend an.
„Du kannst wohl kein Airisch“, sagte Molly seufzend, „was die wohl mit uns machen werden? Einfach nur töten, oder erst häuten und dann verspeisen? Ich bin zu jung und zu schön zu sterben!“ In ihrer Verzweiflung wand sich Molly zu Serena. Diese schaute ihr kurz in die Augen und grobe Wortlaute kamen aus ihrem Mund, die so gar nicht zu dem Bild passen wollten, das Molly von Serena hatte: „ Öljium, vereg pacerigs hum. “ Zum ersten Mal sprach Serena mit jemand anderem als Zorghk Airisch. Im Grunde hatte sie einfach nur Mollys erste Botschaft grob in eine Sprache übersetzt, die nichts anderes kannte als Grobheit.
Ein paar maskierte Köpfe drehten ruckartig zu ihr um und sie wurde noch einmal gründlich durchsucht. Dann fiel die Aufmerksamkeit der seltsamen Gestalten auf Aira. Man durchsuchte sie erneut, fand jedoch nichts. Der Senjyou, der die Untersuchung vorgenommen hatte, wollte sich schon wegdrehen, als ihm das Lederband um ihren Hals auffiel. Er zog das Band, mitsamt Amulett aus Airas Oberteil, ließ einen überraschten Laut erklingen und winkte sie anderen aufgeregt zu sich. Er hielt Airas Amulett in der Hand und betrachte es still mit den drei anderen. Nach einer hitzigen Diskussion, legte man Aira und den anderen Augenbinden an und sie wurden mitsamt ihren Pferden abgeführt.
An den ersten wärmenden Sonnenstrahlen, merkten die Vier, dass der Tag angebrochen sein musste. Obwohl sie immer wieder über ihre eigenen Beine, Äste, Steine oder Sträucher stolperten, ließ man sie mitleidlos blind aneinandergekettet sich durch den tückischen Wald kämpfen. Vor allem Mikhael musste sich zusammenreißen und war kurz davor den Schmerzen und der Bewusstlosigkeit nachzugeben, die Linderung versprach. Dann spürten sie glatte Stein anstelle des rauen Waldbodens unter ihren Füssen. Sie wurden Treppen hinuntergeführt, hörten das Quietschen von Eisen und man nahm ihnen endlich die Augenbinden ab.
Sie fanden sich umgeben von Gitterstäben, Ketten und kargen Wänden. Man hatte sie in ein Gefängnis gebracht. Sie waren gefangen genommen und eingesperrt worden. Durcheinander und verängstigt schauten sich die Gefährten um.
„Nun, jetzt wissen wir, dass JEMAND in diesen Wäldern wohnt“, versuchte Molly gegen die erdrückende Stille anzukämpfen. Ein nervöser Unterton schwang mit und ließ ihre sonst so schöne Stimme schrill und unangenehm klingen.
„Was haben sie denn da so lange angestarrt?“, versuchte sie es erneut und wand sich direkt an Aira. Aira holte ihr Amulett hervor und hielt es Molly hin. Molly beugte sich herunter und betrachtete es näher.
„Seltsam, es scheint aus schwarzem Stein gehauen. Vielleicht schwarzer Marmor. Aber dafür ist es zu leicht. Ich hab auch noch nie gesehen, dass Stein und Holz zusammen verarbeitet wurden. Schwarzer Stein und weißes Holz.“
Weitere Kostenlose Bücher