Zero Option: Thriller
als Stromschläge in die Hoden konnte er sich, ehrlich gesagt, beim besten Willen nicht vorstellen. Vielleicht konnte er ihre Fragen dieses Mal wirklich nicht beantworten, und sie legten den Schalter dann tatsächlich um. Schaudernd presste er die Schenkel zusammen. Er wusste, dass er bis zum Hals in der Scheiße steckte, aber er wusste auch, dass diese Typen ihn schon längst hätten umbringen können, wenn sie das vorgehabt hätten. Dazu mussten sie ihn nicht erst bis nach Minsk schaffen.
Den Typen im Anzug, der ihm die ganzen Fragen gestellt hatte, hatte er seither nicht wieder zu Gesicht bekommen. Nachdem Callo alles, was er über Ariff und Yamout wusste, ausgespuckt hatte, hatte man ihn in seine Zelle zurückgebracht und ihn dort vielleicht vierundzwanzig Stunden lang alleine gelassen. Dann hatte Abbot ihn aufgeweckt und ihm eine heiße Dusche gegönnt, wo er sich ohne Bewachung hatte waschen können. Frische Kleider hatten auf ihn gewartet, und vernünftiges Essen hatte er auch bekommen, so viel er wollte. Abbot hatte ihm sogar versichert, dass das Fleisch koscher war.
Callo hatte gehofft, dass seine Freilassung unmittelbar bevorstand, aber stattdessen waren sie jetzt unterwegs nach Minsk. Hoffentlich wollten sie ihn nicht als Köder benutzen, um Yamout zu entführen. Das würde nicht funktionieren. Callo hatte nicht die Nerven, um so einen Bluff durchzustehen. Außerdem wären Abbot und Blout Yamouts Leibwächtern zahlenmäßig weit unterlegen, aber da waren sie vermutlich auch schon selbst drauf gekommen. Also, was genau hatten sie vor?
Sie hatten ihm keine Ausweise gezeigt oder ihm sonst wie verraten, für wen sie arbeiteten, aber der Drecksack, der ihn verhört hatte, der stank meilenweit nach CIA. Die Briten waren entweder mit von der Partie, oder aber die beiden waren irgendwelche Söldner, die für den anderen die Drecksarbeit machten. Ausgesprochen seltsam war, dass es niemanden zu interessieren schien, dass ein Großteil seiner Geschäfte illegal war, dabei hatte er durch seine Aussagen über Yamout und Ariff seine Beteiligung an zahlreichen Verbrechen zugegeben. Er hatte fest damit gerechnet, dass er zumindest eine Anzeige wegen Schmuggels bekommen würde, aber bis jetzt hatte sich nichts dergleichen abgespielt. Vielleicht würden sie ihn ja laufen lassen, sobald er getan hatte, was Abbot in Minsk von ihm erwartete. Er hatte schließlich nicht vor, gleich zu Amnesty International zu laufen und sich darüber zu beschweren, dass man ihm mit einem Paar glühender Orangen Angst eingejagt hatte.
»Noch ’ne Stunde vielleicht, dann sind wir in Minsk«, sagte Blout zu Abbot.
»Hast du gehört, Kumpel?« Abbot drehte den Kopf in Callos Richtung. »Dauert nich’ mehr lange, dann is’ die ganze Sache zu Ende.«
Callo war hocherfreut, das zu hören.
Kapitel 17
Minsk, Weißrussland
Nach einem erholsamen Flug war Victor am vorangegangenen Abend auf dem Internationalen Flughafen von Minsk gelandet. Er hatte nur Handgepäck aus Österreich mitgebracht, nicht mehr als eine kleine Tasche mit ein paar unwichtigen Kleinigkeiten, aber er flog nicht gerne ganz ohne Gepäck. So weckte man schnell das Interesse der Flughafensicherheit. Ein glücklicherweise schweigsamer Taxifahrer hatte ihn vom Flughafen bis ins Stadtzentrum befördert, wo er sich noch eine Weile aufgehalten und nach eventuellen Verfolgern Ausschau gehalten hatte. Schließlich war er zu Fuß zu seinem Hotel, dem Best Eastern, gegangen.
Yamout war am nächsten Tag gegen einundzwanzig Uhr im Hotel Europe mit Petrenko verabredet. Da er sich vermutlich nicht lange dort aufhalten würde, blieb Victor nur ein kleines Zeitfenster, um seinen Auftrag zu erledigen.
Er fuhr mit der U-Bahn quer durch die ganze Stadt und nahm dann ein Taxi zurück ins Zentrum. Unmittelbar danach ließ er sich von einem zweiten Taxi eine halbe Stunde lang kreuz und quer durch die Innenstadt kutschieren. Anschließend fuhr er noch einmal dreißig Minuten lang U-Bahn, wechselte zweimal die Züge und ging schließlich zu Fuß weiter, wobei er wachsam nach möglichen Verfolgern Ausschau hielt. Irgendwann nahm er dann ein drittes Taxi und ließ sich zum Passaschyrski-Bahnhof bringen.
Bei einer atemberaubenden, braunhaarigen Weißrussin an einem Kiosk erstand er einen großen Kaffee und nippte lässig daran, während er durch den Bahnhof schlenderte. Keine Spur von irgendwelchen Beschattern. Im Mai hatte es in Minsk selten mehr als zwanzig Grad Celsius, darum trug Victor keinen
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