Zero Option: Thriller
überprüfen, ob mit der Suite alles in Ordnung ist.«
»Ähm, ja.«
Der Mann machte einen etwas verlegenen Eindruck. Sein Gesicht war gerötet, er hatte das T-Shirt vorn in den Bund seiner Boxershorts gestopft, und der Reißverschluss seiner Jeans stand offen. Das alles wurde ihm erst jetzt bewusst, eine Sekunde nach Victor. Er lief knallrot an.
Victor war offensichtlich in ein kleines Intermezzo vor dem Pornokanal des Hotels geplatzt. Da hatte er eine Idee. Dem Mann, der da vor ihm stand, war die Situation ganz eindeutig peinlich, und er war hin- und hergerissen zwischen dem Drang, einfach wegzulaufen, und dem, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen. Seine strategische Aufmerksamkeit konnte gar nicht geringer sein als jetzt.
»Ich muss die Suite persönlich in Augenschein nehmen«, sagte Victor.
Keine Bitte, keine Chance auf Ablehnung.
»Ähm, ja, klar.«
Der Mann machte einen Schritt zur Seite und ließ Victor eintreten. Er hörte, wie hastig ein Reißverschluss hochgezogen wurde.
Die Präsidentensuite repräsentierte den Gipfel des Luxus in einem ohnehin schon ausgesprochen luxuriösen Etablissement. Victor betrat das geräumige Wohnzimmer. Der dicke Teppich war makellos sauber. Das gebrochene Weiß der Wände wirkte wie getäfelt. Diverse Ölgemälde hingen an den Wänden. Unmittelbar zu seiner Rechten standen ein weißes, L-förmiges Ledersofa, ein weißer Ledersessel und ein niedriger weißer Couchtisch. Rechts vor einer Zwischenwand sah er eine Kommode, darauf ein Telefon.
Das Wohnzimmer setzte sich hinter dem Sofa nach links fort und ging in einen Essbereich mit einem Tisch und vier Stühlen über, während auf der rechten Seite ein Schreibtisch mit Stuhl und noch ein Sofa zu sehen waren. Vor dem Sofa stand ein großer Fernseher, ausgeschaltet, und auf dem Sofa lag eine Schachtel mit Papiertüchern.
»Haben Sie alles zu Ihrer Zufriedenheit vorgefunden?«, erkundigte sich Victor.
Der Mann vermied jeden Augenkontakt und sagte: »Ich schätze schon.«
Victor durchquerte den Essbereich und betrat das Haupt-Schlafzimmer. Es war sehr groß, besaß ein riesiges Doppelbett sowie Schrankwände mit Spiegeltüren. Neben dem Schrank führte eine Tür in das dazugehörige Badezimmer. Das zweite Schlafzimmer befand sich am anderen Ende der Suite.
Auf dem Esstisch lag ein Aktenkoffer, aber sonst war absolut nichts Persönliches zu sehen. Petrenko und seine Leute waren eindeutig nur aus geschäftlichem Anlass hier. Ein einziges Verhandlungsgespräch mit Yamout, mehr nicht. Das Treffen würde vielleicht nur eine Stunde dauern, doch Victor hatte vor, unmittelbar nach Yamouts Ankunft loszuschlagen. Es hätte ihm zwar geholfen, ein wenig abzuwarten, bis der Adrenalinschub, den eine erste persönliche Begegnung mit einem potenziell gefährlichen Geschäftspartner automatisch mit sich brachte, etwas abgeklungen war. Aber da er nicht wusste, was genau Yamout und Petrenko miteinander vorhatten, bestand die Gefahr, dass er zu lange wartete. Dann waren, bevor er zur Tür hereinplatzte, die Verhandlungen bereits abgeschlossen und womöglich alle schon wieder zu Hause.
Wenn er gleich am Anfang zuschlug, hatte er das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Dann waren die beiden Gruppen noch so beschäftigt mit ihrem Misstrauen gegenüber den anderen, dass sie nicht mit einer dritten Partei rechneten. Trotzdem, so viele Gegner auf so engem Raum, das war ziemlich riskant. Er musste im Vollbesitz seiner Kräfte sein. Ein Fehlschuss, ein Fehler, eine Überraschung, und das war’s.
Er merkte, wie der Mann langsam seine Nervosität abstreifte, wünschte ihm noch einen angenehmen Tag und verabschiedete sich.
Yamout wurde um 21 Uhr im Hotel erwartet. Victor sah auf seine Armbanduhr.
Noch achteinhalb Stunden.
Kapitel 21
»Wer war der Typ?«
Der Mann vor dem Computer war klein und muskulös. Das T-Shirt spannte sich über seiner Brust, den Schultern und Oberarmen. Die Vorhänge der Suite waren zugezogen, aber der Laptopbildschirm warf einen blassen Schimmer auf sein sonnengebräuntes Gesicht. Er blickte nach rechts, zu dem Mann neben ihm. Er war größer, schlanker, älter.
»Ich weiß nicht«, sagte der Schlanke. »Aber wie einer vom Hotel-Management hat er nicht ausgesehen, finde ich.«
»Sehe ich genauso.«
Der Schlanke schlug eine neue Seite in seinem Notizbuch auf und begann einen Eintrag: 12.27 Uhr, großer Mann – Anzug, dunkle Haare – betritt Suite. Behauptet, vom Hotel-Management zu sein. Sieht sich eine Minute
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