ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Spanien und in Italien tätig ist.
So stoßen die DEA-Agenten plötzlich und unerwartet auf die Spuren Pasquale Locatellis. Eigentlich haben sie die damals weltweit mächtigste Organisation des Drogenhandels im Visier, das Cali-Kartell. Mario aus Madrid taucht dabei wie aus dem Nichts auf. Doch es erweist sich als äußerst schwierig, ihn und seine Organisation an den Haken zu kriegen. Nie ein Anruf von
einem Telefon, das man anzapfen kann. Der Transfer des Geldes vollzieht sich so schnell, dass sich die einzelnen Schritte gar nicht verfolgen lassen. Der »italienische Partner« bringt die Ermittlungen an einen toten Punkt. Daraufhin setzen die Fahnder einen Undercoveragenten auf ihn an, einen ganz besonderen: eine Frau. Sie ist Inspektorin bei der Zentrale für Verbrechensbekämpfung der italienischen Polizei, eine Finanzexpertin, die ihre Kenntnisse in den Jahren der Ermittlungen vertieft, aber noch nie bei einer verdeckten Operation mitgearbeitet hat. Sie ist jung, knapp siebenundzwanzig, von tadellosem Äußeren, spricht mehrere Sprachen fließend und kennt die raffiniertesten Methoden der Geldwäsche.
Das klingt nach einem Hollywood-Actionfilm, in den auch Locatellis Flucht vor den Carabinieri durch die Weinberge der beschaulichen Franciacorta passt. In der realen Welt sind hübsche junge Frauen, die problemlos in eine andere Identität schlüpfen können, dünn gesät. So sehen es anfangs die amerikanischen Kollegen, und auch die Italiener hegen Zweifel, doch am Ende sind alle von den Qualitäten der einzuschleusenden Agentin überzeugt. Und so entsteht nach einem individualisierten Schnellkurs der DEA Maria Monti, eine internationale Finanzexpertin, die große Lust hat, sich inmitten der gnadenlosen Konkurrenz der Männer ihren Weg zu bahnen. Maria Monti ist von lebensprühender Weiblichkeit und besitzt einen ebenso unstillbaren wie harmlosen Ehrgeiz. Wie viele junge Frauen heutzutage erweist sie sich als tüchtig, tüchtiger als die Männer, und sie hat große Lust, sich zu beweisen. Mit ihr zu arbeiten ist für alle, mit denen sie in Kontakt kommt, in jeder Hinsicht ein Vergnügen.
Wer die perfekte Täuschung anstrebt oder diesem Ideal möglichst nahe kommen will, muss eine Grundregel beachten: Er muss aus dem Fundus der realen Person schöpfen, die sich verwandeln will. Maria Monti ähnelt der Polizistin, die sich das Vertrauen und die Achtung ihrer Kollegen erworben hat, so sehr, als wäre sie deren heimliche Doppelgängerin. Die wesentlichen Eigenschaften und die Fähigkeiten der realen Person ändern sich nicht, ganz gleich, wie man sie einsetzen will. Dann fällt die Entscheidung. Sie wird fast nie bei klarem Verstand, in einem bestimmten Augenblick getroffen. Aber sie wird getroffen. Die Entscheidung durchdringt alles. Sie pumpt die Glukose des unbedingten Wollens in den Blutkreislauf, sie ist reine Energie und wird Teil des Stoffwechsels. Hier geschieht das alles nur zum Schein. Das unter den eleganten Designerkostümen versteckte Herz birgt weiterhin die gefährlichste Form von Mut: den Mut, der sich aus Neugier speist, aus dem unbezwingbaren Erkenntnisdrang, ein Mut, der auch angesichts des Unvorhergesehenen oder Unbekannten nicht schwindet.
Maria wird in einen Strudel aus Business-Class-Flügen, Transfers mit Taxis oder Luxuslimousinen, erstklassigen Hotels und Restaurants gerissen. Die Dimension des Irrealen dämpft ihre Anspannung. Es besteht die Gefahr, zu lange zu zögern, sich von dem Neuen, von dem Luxus ablenken zu lassen, dem sie doch mit routinierter Gleichgültigkeit begegnen sollte, ohne ihre Wachsamkeit einzubüßen. Aber dieser Gefahr erliegt sie nicht. Die Agentin verliert keine Sekunde aus dem Blick, dass sie nur die Speerspitze einer Mannschaft ist, die ihre Signale über das in ihrem Aktenkoffer versteckte GPS-System verfolgt und ihr notfalls sofort zu Hilfe eilt. Doch das Risiko, dem sie sich aussetzt, ist sehr real. Die Ersten, die sie an den Haken kriegen soll, sind die Narcos, Leute, die es gewohnt sind, ungestraft zur Gewalt zu greifen. Doch der Abstand von ihrem normalen Leben und ihren normalen Beziehungen, aber auch
die Notwendigkeit, englisch und spanisch zu sprechen, erleichtern ihr das Rollenspiel.
Der Hafen von Miami ist riesig, er gilt als der größte Kreuzfahrthafen der Welt. Im Schatten der siebenstöckigen Schiffe der Royal Caribbean und der Carnival liegen auch Yachten vor Anker, die nur neben diesen Riesenmonstern klein wirken. Maria war mit ihren
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