ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Kanal mit Drogen versorgten. Unter der Führung von Evelin Banev, »Brendo« für die Freunde, einem aufstrebenden vierzigjährigen biznesman, der es mit Finanzspekulationen zu einem Millionenvermögen gebracht hatte, traten die Bulgaren als Broker auf. Die Aufgabe, die Skipper und die Schiffe mit doppeltem Boden zu finden, um das Kokain aus der Karibik nach Europa zu transportieren oder es zwischen Afrika und Spanien zu übernehmen, hatten sie allerdings Italienern anvertraut: Antonio Melato und Söhnen, vor allem aber Fabio und Lucio Cattelan, die ebenfalls aus Padua stammten, aber in Turin und in Mailand wohnten. Sie heuerten die Besatzung der Oct Challenger an, des von der spanischen Polizei am selben Tag wie die Blaus VII beschlagnahmten Frachtschiffs mit weiteren drei Tonnen Kokain an Bord. Die Brüder Cattelan hatten auch zwei erfahrene Skipper kontaktiert, Guido Massolino und Antonio d’Ercole aus Turin, die in einem kroatischen Hafen das Segelboot übernehmen und mit der Ladung aus dem Atlantik zurückbringen sollten. Die beiden legten auf ihrer Route Zwischenstopps ein, auf derselben Route, die auch Mattia befuhr: zunächst auf den Balearen, dann auf Madeira, von wo sie auf hoher See das Mutterschiff erreichen sollten. Doch das Mutterschiff wartete vergebens. Die beiden verschwanden spurlos. Wahrscheinlich wurden sie von einem Sturm überrascht und gingen mit ihrem wenig robusten
Boot unter. Vielleicht verzichteten sie darauf, eine SOS-Mel-dung abzusetzen, um nicht mitten im Atlantik auf einem verdächtigen Kurs aufgespürt zu werden, oder sie warteten zu lange damit.
Die beiden auf dem Meer verschollenen Turiner waren über sechzig Jahre alt. Drogen-Skipper sind in der Regel nie blutige Anfänger. Für die Broker bedeutet nautische Erfahrung eine höhere Sicherheit, aber auch die Skipper scheinen sich mit zunehmendem Alter eher auf solche Dinge einzulassen. Vielleicht ist es das Bedürfnis, etwas auf die hohe Kante zu legen, um sich jederzeit in den behaglichen Ruhestand zurückziehen zu können. Vielleicht spielt auch der Wunsch eine Rolle, mit dem Lebensstil seines Bekanntenkreises mithalten zu können, und die Lust am Abenteuer, die sie dazu verleitet, den Stoff zu schmuggeln, den sie ohnehin schon konsumieren. Was ist schon dabei?
Die Skipper von Segel- und Motoryachten stehen in zunehmendem Maß für den Drogenhandel zur Verfügung, und wer sie engagiert, weiß genau, worauf er sich einlässt. Die wenigen Männer, die in der Lage sind, unverdächtige Boote zu steuern und jeden noch so kleinen Yachthafen anzulaufen, sind eine preiswerte Ressource, obwohl sie sehr viel Geld bekommen und angreifbarer sind als die tripulantes mit ihren bescheideneren Ansprüchen.
Mehr als eine Tonne Kokain transportierten die Mariposa, die Linnet und die Kololo II zusammen. Die letzten beiden Boote wurden vor Sardinien aufgebracht und in den Hafen von Alghero geleitet. Unter der Last der auf seinem Boot gefundenen knapp 300 Kilo Kokain bricht der Skipper und Besitzer der Kololo II zusammen und ist zur Aussage bereit, um Strafmilderung zu erhalten. Der vierzigjährige Römer hatte auf den
französischen Antillen die Segel gehisst und wollte die Häfen in der Nähe von Rom ansteuern. Auf der Grundlage seiner Anschuldigungen und Selbstbezichtigungen beantragt die Antimafiastaatsanwaltschaft Rom im Juli 2012 die Verhaftung von fünf Komplizen, die alle im Umkreis der Hauptstadt wohnen. Einige haben Vorstrafen, aber keiner von ihnen ist ein Mafioso.
Sie tauchen überall auf dem Kontinent auf, vor allem aber in Gegenden, in denen ursprünglich keine kriminellen Organisationen heimisch sind: laut den Ermittlungen nützliche Tarnungen und von Fall zu Fall ahnungslose Sündenböcke. Italiener wie die beiden Männer aus Bologna und ein anderer aus Livorno, die 1995 verhaftet werden, weil sie auf der Sirio, der Mas que nada und auf einem Segelboot mit dem sarkastischen Namen Overdose über Guadalupe und die Kanaren Kokain aus Brasilien für die besseren Kreise Bolognas schmuggelten; oder der aus Apulien stammende Steuermann der Sheldan, einer dreiundzwanzig Meter langen Luxusyacht Modell Falcon, die im September 2012 zwischen Varazze und Imperia mit dreieinhalb Tonnen Haschisch an Bord abgefangen wurde. Kroaten wie der in Civitanova Marche ansässige Skipper, der im Mai 2012 vor Martinique von der DEA und der französischen, kroatischen und italienischen Polizei mit 200 Kilo Kokain an Bord eines weiteren Segelboots
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