ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Absaugen von Fettgewebe im Zuge einer Schönheitsoperation gestorben. Er hatte sich unter falschem Namen aufnehmen lassen. Eine Überdosis Dormicum, ein starkes postoperatives Beruhigungsmittel, war ihm zum Verhängnis geworden. Sein Herz, vom Kokainkonsum bereits geschwächt, hielt der Belastung nicht stand. Tatsächlich konnte nie klar ermittelt werden, ob er ermordet wurde, ob es fahrlässige Tötung war oder ob er eines natürlichen Todes starb. Das rätselhafte Ende eines Potentaten befördert stets die Legende von seiner Unsterblichkeit, zugleich sagt man ihm alle möglichen Schandtaten nach.
Einige behaupteten, seine Eitelkeit habe Amado umgebracht, aber wahrscheinlich wollte er sein Äußeres nur verändern, um der Polizei und seinen Feinden zu entkommen. Ironie des Schicksals: Der Boss des Juarez-Kartells hatte sich sein Leben lang versteckt, und ausgerechnet im Bemühen, unerkannt zu bleiben, erwischten sie ihn.
Amados Tod schuf ein Machtvakuum, das sein Bruder Vi-cente füllte, doch die Spannungen zwischen den Carrillo Fuentes und den rivalisierenden Gruppen nahmen zu. 2001, nach El Chapo Guzmans Flucht aus dem Gefängnis, wechselten viele Mitglieder des Juarez-Kartells die Seiten und traten dem Sinaloa-Kartell bei. Am 9. April 2010 verbreitete Associated Press die Nachricht, das Sinaloa-Kartell habe den Kampf gegen das Juarez-Kartell gewonnen. Doch der mediale Abgesang hinderte das Juarez-Kartell nicht daran, den Krieg fortzusetzen, der Ciudad Juarez mit fast zweitausend Morden pro Jahr zur gefährlichsten und gewalttätigsten Stadt der Welt machte.
Im Juli 2010 explodierte auf einer Straße im Stadtzentrum eine per Handy gezündete Autobombe mit zehn Kilo Sprengstoff, die einen Polizisten der mexikanischen Bundespolizei, einen Arzt und einen Musiker tötete. Nachdem sie Schüsse gehört hatten, waren der Arzt und der Musiker von ihrer Wohnung auf die Straße gelaufen, um einem am Boden liegenden Verwundeten zu helfen, der eine Polizeiuniform trug.
In Wahrheit jedoch, so enthüllten später die verhafteten Nar-cos, war der Verwundete nur ein Köder gewesen, um die Bundespolizei anzulocken. Am Ort des Anschlags entdeckte man eine in Schwarz auf eine Mauer gesprühte Botschaft: »Was in der Calle 16 de Septiembre geschehen ist, wird mit allen Behörden passieren, die weiter El Chapo unterstützen. Mit
freundlichen Grüßen, das Juarez-Kartell. Wir haben noch mehr Autobomben.«
»Carne asada! Carne asada!« Das kann man auf den belebten Straßen von Ciudad Juarez jeden Tag hören. Wären nicht der erregte Tonfall und die von Adrenalin aufgeputschten Stimmen, könnte man meinen, es handle sich um einen Dialog zwischen zwei Mexikanern, die sich für das sonntägliche Barbecue verabreden. Tatsächlich aber ist es ein Codewort der Narcos für Folter und Mord. Denn das Gemetzel geht unvermindert weiter. Enthauptete und verstümmelte Opfer. Leichen, die öffentlich zur Schau gestellt werden, um weiter Angst zu schüren. Leichen wie die des Anwalts Fernando Reyes, der mit einer Plastiktüte erstickt, mehrfach mit einer Schaufel auf den Kopf geschlagen und dann in eine Grube geworfen wurde, wo man ihn zuerst mit Ätzkalk und dann mit Erde bedeckte.
»Carne asada! Carne asada!«
El Chapo lässt sich seine Wut nicht anmerken, sie ist nicht zweckdienlich. Zweckdienlich jedoch ist es, mit dem Tod zu bestrafen, wer den Tod verdient hat. Doch auch bei der Vollstreckung eines solchen Urteils gestattet er sich nicht die leiseste emotionale Regung. El Chapo ist ein blutrünstiger, dabei jedoch vollkommen rationaler Mensch.
»El Mochomo« - so heißen in Sinaloa die roten Feuerameisen, die alles fressen und alles überleben - ist das genaue Gegenteil. Emotional, blutrünstig, aggressiv. Er liebt das schöne Leben und umgibt sich gern mit Frauen. In seinen Häusern herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. El Mochomo, das ist Alfredo Beltran Leyva, dem die fünf Brüder die prominenteste Rolle übertragen haben. Und El Chapo weiß, dass Alfredo eine Gefahr darstellt. Sein protziges Gehabe macht ihn zu
einem leichten Ziel und verträgt sich nur schlecht mit einem Leben im Untergrund. El Chapos Alarmglocken beginnen zu schrillen. Er bekommt Wind, dass die Beltran Leyva mit den Zetas in Verhandlungen stehen. Der Bruch ist unausweichlich, und bei den mexikanischen Narcos fließen bei einer Trennung, auch wenn sie einvernehmlich ist, stets Ströme von Blut.
Im Januar 2008 wird Alfredo Beltran Leyva zusammen mit drei
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