ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
weiß man’s ja, ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen. Aber als ich gehört habe, dass man mit meiner Ware keinen mehr hochbekommt, hab ich schon geschluckt. Nicht dass ich selbst solche Probleme hätte, aber nicht wenige meiner Kunden kommen genau aus diesem Grund zu mir. Sie sagen,
wenn sie gekokst haben, können sie stundenlang vögeln und haben Orgasmen, die sie bis in die Haarspitzen spüren. Sie trauen sich Dinge zu, die sie bis dahin nur in Pornos gesehen haben. Ein geiler Haufen also. Bevor sie mich kennenlernten, sind sie schon nach zwei Minuten gekommen, sagen sie, aber jetzt kosten sie es total aus. Das passte einfach nicht zusammen, aber ich konnte sie ja nicht auf den Kopf zu fragen, Männer reden nicht gern über solche Sachen. Ich hab also eine Freundin von mir angesprochen, die echt cool ist. Ab und zu bezieht sie bisschen was von mir, aber nur, weil sie gerade ihre Prüfung in Medizin macht und nachts lernen muss, denn tagsüber sitzt sie an der Kasse, um finanziell über die Runden zu kommen. Ich nenne sie Butterfly, weil sie sich einen Schmetterling auf die Pobacke hat tätowieren lassen. Ich wollte, dass sie ihn mir zeigt, weil ich es ihr nicht glauben wollte, aber sie hat sich standhaft geweigert. Wir treffen uns immer am selben Ort, aber sie hat es meistens furchtbar eilig, weil sie tausend Sachen zu erledigen hat. Diesmal frag ich, wie es mit ihrem Freund so läuft, und zwinkere ihr zu. Ich komme mir idiotisch vor, aber ich weiß nicht, wie ich sonst das Thema anschneiden soll. Zum Glück kapiert sie sofort und fragt, wieso ich mich dafür interessiere und dass mich das gar nichts angeht. Reine Neugier, sag ich, und dass mir am Herzen liegt, wie es ihr geht und wie es um ihren Spaß bestellt ist, und bei dem Wort Spaß zwinkere ich ihr noch mal zu. Aber ich komme mir dabei nicht mehr ganz so idiotisch vor, denn ich sehe, dass sie aufhorcht. Was genau meinst du, sagt sie, und ich erkläre ihr, worum es geht: dass ich gehört habe, dass der Stoff für bestimmte Dinge gar nicht gut ist und dass ich gewissermaßen Marktforschung betreibe, mehr nicht. Und dann nimmt sie mich an der Hand und führt mich in eine Bar, bestellt zwei Bier und zündet sich eine
Zigarette an. Der Barmann bedeutet ihr, dass sie hier nicht rauchen darf, aber sie sagt, geh mir nicht auf die Eier, Mann, worauf er sich hinter den Tresen verdrückt, um Espresso und Cappuccino zu servieren. Und dann erzählt sie mir von ihrem Freund. Am Anfang sei es großartig mit ihm gewesen, supergeil, und er hatte rekordverdächtige Erektionen. Rocco Siffredi, der Pornostar, wäre vor Neid erblasst, sagt sie. Aber dann kam der Absturz. Sein Pimmel sei jetzt schlapp wie ein weichgekochtes Würstchen, und es dauere Stunden, bis er einen hochbekomme. Das macht ihn total fertig, er entschuldigt sich ständig, und er schafft es nicht mal zu wichsen, wenn er allein ist. Deshalb hat er angefangen, Viagra zu nehmen, zuerst eine niedrige Dosis, fünfundzwanzig Milligramm, die er bald auf hundert erhöht hat, aber es sei einfach nichts zu machen, er kriegt ihn nur noch zur Hälfte hoch und kommt nicht. Er kann einfach nicht mehr kommen, und diese ganze aufgestaute Energie verursacht ihm höllische Schmerzen. Stundenlang zu vögeln in der Hoffnung, dass er endlich abspritzt, sei ja auch nicht besonders lustig. Jetzt ist er bei einem Andrologen in Behandlung. Er hat ihm gestanden, was er nimmt, aber der Arzt hat nicht mit der Wimper gezuckt und gesagt, er habe viele Patienten wie ihn. Die einzige Lösung sei, auf den Stoff zu verzichten, aber das ist gar nicht so einfach. Butterfly redet frei von der Leber weg, und ich setze die Puzzleteile zusammen. Dabei wird mir klar, dass ich ein ganzes Heer sexuell Frustrierter heranzüchte, die die Dosis immer weiter erhöhen in der vagen Hoffnung, eine vernünftige Erektion zu bekommen. Ver-fickt, hätte ich am liebsten gesagt, wenn das in dem Moment nicht total fehl am Platz gewesen wäre. Und dann erzählt Butterfly, dass Frauen aus genau demselben Grund zu meinem Stoff greifen. Denn wenn man es nimmt, kommt man auf
Touren und es geht richtig ab, aber in puncto Sex, meint sie, sei es ein Desaster, weil das Zeug nebenbei auch ein hervorragendes Betäubungsmittel ist. Wenn man sich ein bisschen was davon auf den Weisheitszahn kurz vorm Durchbruch reibt, mag’s ja helfen. Aber wenn man sich den Orgasmus weganästhesiert, der ohnehin schwierig zu erreichen ist, ist es was ganz anderes. Ganz zu schweigen von
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