ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Zeichen des Drogenhandels und der Gewalt unter neuen Namen fortsetzen.
Auch der erbitterte Kampf gegen die Guerilla führt zwar zu großen Demobilisierungen und zum Tod der wichtigsten FARC-Anführer, doch das grundlegende Problem vermag er nicht zu lösen. Die FARC zählen bis heute neuntausend
Mitglieder, die ELN dreitausend, vor allem aber kontrollieren sie nach wie vor einen nicht geringen Teil der Kokainproduktion und mischen immer massiver auch bei der Verarbeitung mit. Wenn der Plan Colombia mit seinem militärischen Aufgebot zur Schwächung der FARC beitrug, so führten paradoxerweise die Zersplitterung und Verlagerung des Coca-Anbaus dazu, dass sie sich als wichtige Akteure im kolumbianischen Narcobusiness behaupten konnten.
Wenn Kolumbien heute nicht mehr ein brandgefährliches Land ist wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren, so ist dies der internationalen Politik der Drogenbekämpfung in Südamerika nur insoweit zu verdanken, als sie zugelassen hat, dass sich der Konflikt weiter nach Norden verlagert, nach Mexiko, wo die Gewalt zunimmt und immer brutaler wird.
Um jedoch besser zu verstehen, wie dies geschehen konnte, müssen wir einen Schritt zurückgehen in die verworrenen Zeiten des Übergangs, in die zwischen Hoffnung und Unsicherheit zerrissenen Zeiten, in denen sich das Schicksal des Affen und der Schönen kreuzten.
Natalia ist glücklich in Miami und kümmert sich um das neugeborene Töchterchen. Das einzig Unerfreuliche ist, dass ihre Mutter sie immer noch drängt, sich von ihrem Mann zu trennen. Natalia interessiert sich wenig für das, was Julio macht, und fragt sich kaum, warum er gelegentlich überstürzt zu einer Reise aufbricht. Jetzt kümmert auch er sich um die großen Fische des Narcobusiness, die auftauchen, um mit den Vereinigten Staaten ihre Kapitulation auszuhandeln, besonders nachdem eine gemeinsame Operation der DEA und der kolumbianischen Polizei zum größten Fang aller Zeiten im Nar-costaat führte: dreißig Verhaftungen, unter ihnen Fabio Ochoa, einst ein wichtiges Mitglied des Medellin-Kartells, der jetzt mit neuen Partnern Kokain schmuggelt. Der Name der Operation -Millennium - sagt viel über den Stellenwert, den man ihr in jenen letzten Monaten des zu Ende gehenden Jahrtausends beimisst. Die USA haben bereits die Ratifizierung des Plans Co-lombia im Blick. Mit den im Jahr 2000 getroffenen Abkommen zur Auslieferung und zur Zusammenarbeit mit der neuen kolumbianischen Regierung setzen sie ein Zeichen, das alle aufhorchen lassen soll, auch die mexikanischen Narcos, deren wachsende Gefährlichkeit auch die DEA allmählich erkennt. An der Operation Millennium arbeiten außerdem die mexikanischen Behörden mit. Sie erlassen Haftbefehl gegen Armando Valencia, genannt »Maradona«, der zusammen mit Alejandro Bernal, einem Kolumbianer aus Medellin und einstmals engen Verbündeten des »Herrn der Lüfte«, Amado Carrillo Fuentes, ein neues Bündnis für den Kokainimport geschmiedet hat.
Das Übel muss an der Wurzel gepackt werden, in Kolumbien. Dies ist der entscheidende Irrtum der amerikanischen Drogenbekämpfungsstrategie. Man kann eine Pflanze ausrotten, nicht aber die Sehnsucht nach Wohlstand, die in die Abhängigkeit führt, und noch viel weniger die menschliche Gier. Kokain ist kein Produkt der Erde, sondern der Menschen.
Doch die Vereinigten Staaten, überzeugt, dass der Krieg gegen das Kokain gleichbedeutend ist mit dem Krieg gegen die kolumbianischen Kartelle, vermelden einen ersten Sieg. Fabio Ochoa ist die Trophäe, die auf den Titelseiten der Zeitungen präsentiert wird, doch im Visier der Fahnder standen auch andere Bosse, die sich der Festnahme entziehen konnten. Wie war das möglich? Das DEA-Büro, das die Operation Millennium koordiniert hat, steht nicht in Kontakt zu der Gruppe in Miami. Dennoch setzt man sich mit Baruch Vega in Verbindung, um zu eruieren, ob es Maulwürfe gibt, die für die Drogenbarone arbeiten. Der umtriebige Fotograf vereinbart mit seinen neuen Informanten ein Treffen auf dem neutralen Boden eines mittelamerikanischen Landes. Der eine ist Julio Fierro, der andere ein Mitglied der AUC, das unter Carlos Castano Drogen schmuggelte.
Die offizielle Politik der Peitsche ist die ideale Ergänzung zur inoffiziellen Politik des Zuckerbrots. Die Betroffenen stehen Schlange, um Auskunft über das »Rehabilitationsprogramm für Drogenhändler« zu erhalten, wie es die DEA-Agenten von Miami mit bürokratischer Ironie nennen. Gleichzeitig sorgt die
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