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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Als die Guerilleros 2002 sogar einen Linienflug umleiten, um einen Senator zu entführen, weiß Pastrana, dass er die Friedensverhandlungen für gescheitert erklären muss. Der Krieg geht also weiter. Die »Entspannungszone« wird sofort zurückerobert. Drei Tage später wird Ingrid Betancourt von den FARC entführt. Die Kandidatin des Partito Verde Oxigeno für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, die sich für bürgerliche Grundrechte auch in einem bewaffneten Konflikt einsetzt, wollte den Bewohnern der Region ihr Wahlprogramm vorstellen.
    Sie bleibt 2321 Tage eine Gefangene der FARC-Guerilla, bis sie am 2. Juli 2008 von Soldaten der kolumbianischen Armee befreit wird.
    Der neue Präsident Alvaro Uribe vertritt eine Politik der harten Hand. Ihm zufolge muss der Staat seine Muskeln spielen lassen und das Land wieder unter seine Kontrolle bringen. Außerdem hat sich die Welt verändert. An dem Tag, an dem die Twin Towers einstürzten, war es auch mit dem Optimismus vorbei. Die einzig mögliche Antwort scheint nunmehr der Krieg. In Kolumbien ist der »Krieg gegen den Terror« gleichbedeutend mit dem Krieg gegen die Drogen. Und ein Sieg kann nur ein Sieg gegen den Drogenhandel sein.
    Deshalb gibt es trotz aller Diskontinuität einen zentralen Aspekt in Pastranas Politik, den sein Nachfolger weiterführt: den Pakt mit den Vereinigten Staaten zur Bekämpfung der Produktion und des Handels mit Kokain. Den Plan Colombia. Kurz nach seiner Wahl 1998 hatte Pastrana emphatisch verkündet, er werde mit den USA Verhandlungen über einen »Marshallplan für Kolumbien« führen. Wie nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa sollten jetzt in Kolumbien Milliarden von Dollars helfen, das Land wiederaufzubauen, die Kolumbianer vom Kokain zu befreien und den Anbau legaler, aber finanziell sehr viel weniger lukrativer Pflanzen zu fördern. Doch der 2000 von Bill Clinton unterzeichnete und von George W. Bush bis zum Ende seiner Präsidentschaft unterstützte Plan geht in eine andere Richtung. Eine langsame und kostspielige soziale und wirtschaftliche Umgestaltung erscheint schon bald utopisch. Es fehlt an Geld, Vertrauen und politischem Konsens. Und es fehlt an Zeit. Damit neue Finanzhilfen genehmigt werden können, braucht man schnellstmögliche Erfolge. Und so setzt sich die naheliegendste Lösung durch: die Anwendung von Gewalt.
    Das betrifft in erster Linie den Kampf gegen das Kokain.
    Doch man wird ihn erst dann für beendet erklären können, wenn in Kolumbien kein einziger Cocastrauch mehr wächst.
    Die Cocaplantagen werden zerstört und aus der Luft mit hochgiftigen Herbiziden besprüht, aber der Preis für die Umwelt ist hoch. Das Ökosystem unberührter Urwälder gerät aus dem Gleichgewicht, im Boden und in den wasserführenden Schichten lagern sich Gifte an. Bald ist die kolumbianische Erde entweder verbrannt oder verseucht und kann kurzfristig keine wertvollen Erträge mehr erbringen. Nicht weniger gravierend sind die sozialen Folgen. Ohne Alternative verlassen die Bauern
    scharenweise die zerstörten Gebiete und beginnen mit dem Coca-Anbau in immer unwegsameren Regionen Kolumbiens. Die Zersplitterung der Cocaplantagen und die prekäre Situation der abgewanderten Campesinos erleichtern den Drogenbaronen die Kontrolle der Gebiete. Außerdem tun die Narcos alles, um die Fruchtbarkeit der Felder weiter zu steigern, und ernten zudem zweimal im Jahr.
    Mit der Folge, dass nach Jahren einer Politik der verbrannten Erde immer noch mehr als die Hälfte des weltweit konsumierten Kokains aus Kolumbien stammt.
    Die Gewaltsamkeit des Plans Colombia richtet sich aber auch gegen die Bevölkerung. Die Einsätze der kolumbianischen Armee gegen die Drogenbarone und den Narcoterrorismus werden mit militärischer Unterstützung durch die USA verstärkt: Logistik, Waffen und Ausrüstung, die Entsendung von Spezialeinheiten, Aufklärung und Ausbildung. Einen Tag vor den Anschlägen des 11. September 2001 setzte das Weiße Haus die AUC auf die schwarze Liste der terroristischen Organisationen. Doch das reicht nicht aus, um die traditionell guten Beziehungen zum Militärapparat und zu einem Teil des wirtschaftlichen und politischen Establishments zu zerstören. Staatspräsident Uribe, der den Respekt der Paramilitärs genießt, handelt die Demobilisierung der Autodefensas aus, doch das ist nur ein Scheinerfolg. Viele, die nicht bereit sind, die Waffen niederzulegen und schon gar nicht, dem Kokainhandel abzuschwören, werden ihre Herrschaft im

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