Zerrissenes Herz (German Edition)
leiblicher Vater eine lange und erfolgreiche Karriere beim Militär hinter sich hatte. Daisy hatte sie gebeten, zu ihr zu kommen und ihr bei ihrem Outfit zu helfen.
„Was meinst du mit Nein?“, fragte Daisy und hob hilflos die Hände. „Stimmt etwas nicht mit meinem Outfit?“
„Du siehst aus wie Jackie Kennedy.“ Sonnet warf ihre Korkenzieherlocken in den Nacken.
„Und das ist schlecht?“ Daisy strich sich den Bleistiftrock glatt.
„Nicht, wenn du als Stewardess durchgehen willst.“ Kurzerhand packte Sonnet sie an der Hand und zog Daisy ins Schlafzimmer. Auf dem Weg hielt sie kurz inne, um einen Blick auf Charlie zu werfen, der friedlich in seinem neuen Bett lag, das die Form eines Dinosauriers hatte. Sonnet würde auf ihn aufpassen, solange Daisy fort war.
„Vielleicht sollte ich gar nicht gehen“, murmelte Daisy.
„Du gehst. Du musst dich allmählich daran gewöhnen, andere Verlobte und Ehefrauen zu treffen und dergleichen. In derArmee zu sein verlangt allen Beteiligten unglaublich viel ab. Die Frauen, die du in diesen Gruppen kennenlernst, werden eines Tages deine Rettungsleine sein, glaub mir.“
„Dann wird ihnen doch auch egal sein, was ich anhabe, oder nicht?“
„Du musst aussehen wie du.“ Sonnet wühlte in Daisys Kleiderschrank. „Was hat es mit all den beigen und schwarzen Sachen auf sich?“
„Arbeitskleidung“, erwiderte Daisy. „Wenn ich fotografiere, muss ich Sachen tragen, in denen ich mit dem Hintergrund verschmelzen kann. Und ich brauche immer viele Taschen.“
„Heute ist aber kein Arbeitstag. Du musst etwas anziehen, in dem du aussiehst wie du selbst, und nichts, das wirkt, als wolltest du wie jemand anders aussehen.“ Sie nahm ein Kleid mit einem gesmokten Ausschnitt heraus, hängte es nach kurzer Betrachtung jedoch wieder zurück. „Süß, aber zu verspielt.“
Die nächsten Kleider waren „langweilig“ oder „zu laut“. Daisy begann bereits, sich Sorgen zu machen, dass sie nichts Passendes finden würden.
„Aha.“ Sonnet schnappte sich ein Kleid und hielt es Daisy unters Kinn. „Ich denke, das ist es – und außerdem ist das deine Farbe.“
„Ich habe eine Farbe?“
„Gelb. Das sieht an dir umwerfend aus.“
„Aha. Sonnet, das ist echt nett von dir.“
„Wir haben keine Zeit für nett. Zieh es an. Ich suche dir passende Schuhe und eine Handtasche dazu heraus.“
Zehn Minuten später betrachtete Daisy sich mit neu erwachtem Selbstbewusstsein im Spiegel. „Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde.“
„Du musst es ja nicht ohne mich machen. Dafür sind Schwestern schließlich da.“
Daisy grinste das Spiegelbild an. „Findest du, dass wir wie Geschwister aussehen?“
Sonnet war afro-italienischer Abstammung, wohingegenDaisy blondes Haar und helle Haut hatte. „Wir passen zusammen. Sieh uns an. Als wir noch auf der Highschool gewesen sind und unsere Eltern angefangen haben, sich zu treffen, habe ich mir über unsere Zukunft nie Gedanken gemacht. Ich habe befürchtet, das bringt Unglück.“
Ihre Collegezeit hatte Sonnet zum Großteil im Ausland verbracht. Sie hatte hoch angesehene Praktika bei der NATO und bei SHAPE, dem Obersten Hauptquartier der Alliierten Streitkräfte in Europa, absolviert. Bald würde sie bei den Vereinten Nationen für die UNESCO arbeiten. Sie war der klügste und ambitionierteste Mensch, den Daisy kannte.
„Ich muss dich etwas fragen“, sagte sie.
„Du willst dir meine Kate-Spade-Tasche ausleihen?“, fragte Sonnet. „Die könnte zu dem Outfit großartig aussehen.“
„Nein, das meinte ich nicht. Ich wollte dich fragen, ob du auf der Hochzeit meine Trauzeugin sein willst.“
Sonnet trat einen Schritt zurück. „Ehrlich?“
„Natürlich ehrlich. Tu nicht so überrascht!“
„Okay, aber du hast diese ganze Horde an Cousinen, da habe ich gedacht, dass du eine von ihnen …“
„Ich will dich. Du bist die beste Freundin, die ich je hatte. Und du bist Charlies Tante. Mir würde es so viel bedeuten, wenn du es machen würdest.“
„Natürlich übernehme ich das!“
Ein aufgeregter Schauer durchfuhr Daisy, so wie immer, wenn sie an Julian und die bevorstehende Hochzeit dachte. Sie konnte nicht anders, sie musste einfach breit grinsen. Es war fast peinlich, wie glücklich sie war. Sie umarmte Sonnet fest. „Ich bin so aufgeregt, dass es schon lächerlich ist.“
„Dann sind wir schon zu zweit. Aber im Moment musst du erst einmal dieses Treffen hinter dich bringen. Ich kann noch gar nicht
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