Zerstörter Traum vom Ruhm
durch seine Adern rauschte. »Ich habe psychologisch und physiognomisch vor Ihnen bestanden?«
»Sie machen sich über mich lustig.« Martina erhob sich und ging zum Fenster. Ihre Rückenlinie ist bezaubernd, dachte Poltecky. Das enge Kleid, das sich wie eine Haut über die Hüften und Schenkel zieht – und so etwas ist eine Lehrerin!
Poltecky sah ihre Hüftlinie und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Ich bewundere Sie«, sagte er ehrlich.
»Mich?« Martina drehte sich herum. Sie war wieder rot geworden. »Was ist an mir zu bewundern?«
Er stand auf und sah sie groß an. »Ich bewundere Ihre Haare, ihre großen, braunen, forschenden Augen, ihre schmale Nase, den schönen, vollen Mund mit den roten Lippen, die sagen: Warum küßt du nicht?«
»Es ist genug!« sagte Martina und blickte auf ihre Hände. Sie zitterten. Schnell legte sie sie auf den Rücken.
Poltecky starrte sie an und sprach langsam weiter.
»Ich bewundere Ihren Hals, die Beuge zu den Schultern, den Schwung Ihrer Brust …«
»Hören Sie auf! Ich verbiete Ihnen, weiterzusprechen. Wo soll das hinführen?«
»Zu einer Hymne auf Ihre Schönheit. Martina – gibt es das, daß ein Schriftsteller keine Worte findet, das zu sagen, was er empfindet?«
»Nur bei schlechten Schriftstellern.«
»Martina!« Er kam ein paar Schritte auf sie zu. Sie hob beide Hände hoch und wich zurück.
»Sprechen Sie nicht weiter! Und bleiben Sie stehen!« Ihre braunen Augen waren groß und starr.
»Martina!« Er stürzte auf sie zu und riß sie an sich. Sie wollte ihn wegstoßen, aber er hielt ihre Hände fest. Ihr Kopf wich ihm aus, sie beugte sich weit zurück, aber das enge Kleid ließ keine großen Bewegungen zu. »Sie bringen mich um meinen Verstand!«
»Wie könnte ich das, wo Sie nie einen gehabt haben!« stammelte sie.
»Katze!« Er riß ihren Kopf zu sich heran und küßte sie. Sie preßte die Lippen zusammen. Er hörte sie mit den Zähnen knirschen, so fest preßte sie den Mund zusammen.
»Geh!«
»Jetzt duzt du mich, Martina.«
Sie trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust. Aber es waren keine harten Schläge, er spürte sie kaum. Ihr Kopf schwankte hin und her, aber sie hielt die Augen geschlossen und atmete schnell wie im Fieber.
Dann küßte er sie wieder, und unter seinem Kuß spürte er, wie ihre Lippen sich öffneten und ihre Arme sich um seinen Nacken legten.
»Ich hasse dich«, sagte Martina, als sie ihren Kopf wieder zurückriß. »Ich hatte mir vorgenommen, stark zu bleiben. Und ich weiß auch nicht, warum ich dich wiedergeküßt habe.«
Herwig Walker sah aus, wie man sich einen Filmboß vorstellt und wie er im Fernsehen und im Kino dargeboten wird.
Dick wie eine Riesenqualle, mit einer Zigarre im Mundwinkel und einer Brutalität im Gesicht, die alle Gagenverhandlungen schon beim bloßen Anblick des Chefs erstickte, thronte er hinter einem Schreibtisch vor einer mit Filmplakaten tapezierten Wand.
Als Martina Schneewind und Franz v. Poltecky in das Zimmer traten, erhob sich Walker nicht von seinem Stuhl, sondern sah ihnen entgegen wie ein Hypnotiseur. Das Mädchen ist sexy, dachte er. Dann winkte er und sagte freundlich zu Poltecky:
»Go on, boy!«
»Do you speak German?«
Herwig Walker starrte Martina verständnislos an. Er witterte Gefahr und erhob sich schnell. Über sein fettes Gesicht zog ein breites Lächeln. Er kam auf Martina zu und winkte dabei Poltecky.
»Jetzt erkenne ich Sie! Der berühmte Autor von der ›Nachtigall‹! Sie müssen entschuldigen – ich habe soviel im Kopf!«
Er drückte Martina die Hand und klopfte Poltecky auf die Schultern. Dann schnaufte er und brüllte gegen die Tür.
»Richter! Drei Kognaks! Aber schnell!«
Im Nebenzimmer polterte die Sekretärin. Sie kam mit einem Tablett und drei Gläsern voll Kognak, stellte sie auf den Schreibtisch und verschwand wieder.
»Ihr Drehbuchentwurf ist eine Wucht!« sagte Walker und reichte die Gläser hin. »Der Gustl ist fast verrückt geworden! Diese Szenen, diese Dramatik, diese zarte Liebeslyrik! Der ganze Silberwald ist reines Blech dagegen! Wir drehen den Knüller, lieber Poltecky! Wir drehen ihn. Darauf einen – nee, keine Werbung! Prost!«
Martina Schneewind hustete ein wenig, als sie den Kognak trank. Dabei betrachtete sie Walker genauer. Vielleicht müssen sie wirklich so aussehen, dachte sie. Man liest ja allerlei von den Filmleuten.
»Wer ist Gustl?« fragte sie, als sie das Glas zurückstellte.
Walker riß seine Augen
Weitere Kostenlose Bücher