Zerstörter Traum vom Ruhm
Tage!«
»Wir brauchen jedes Bett. Die Frühjahrs-Grippewelle zwingt uns zu Maßnahmen …«
Poltecky wischte mit der Hand durch die Luft. »Mich interessiert nicht, was Sie zwingt! Ich brauche noch drei Tage Klinikaufenthalt – ich bezahle dafür. Und ich bleibe hier liegen! Sie müßten schon das Bett mit mir darauf aus dem Fenster werfen! Ich gehe nicht – erst in drei Tagen!«
»Aber warum denn?« rief der Oberarzt. »Sie sind gesund. In vier Wochen nehmen wir den Gips ab – das ist die einzige ärztliche Handlung, die noch zu tun ist. Ich kann Sie nach den Statuten der Klinik nicht länger …«
»Ihre Statuten können mich kreuzweise!« schrie Poltecky. »Ich habe meine Gründe, noch drei Tage hierzubleiben. Sie können machen, was Sie wollen: Ich bleibe! Sie bekommen mich nur mit Gewalt hier heraus. Und ich glaube nicht, daß ein Arzt an seinem Patienten eine Körperverletzung begeht!«
Der Oberarzt hob hilflos die Arme. »Dann stehen Sie wenigstens auf, damit wir an das Bett können.«
»Ich bleibe liegen«, sagte Poltecky stur. »Drei Tage müssen Sie mich noch ertragen!«
Als Martina am Nachmittag kam, war alles wie zuvor. Der Tisch stand wieder am Fenster, Poltecky lag im Bett und las die Tageszeitung, das Zimmerradio spielte, und auf dem Beitisch stand eine Flasche Bier.
»Was machen deine Gehübungen?« fragte Martina und küßte Poltecky auf die Augen und den Mund.
»Es geht langsam, Liebes. So langsam. Heute bin ich schon dreißig Schritte gelaufen.«
»Na siehst du – es wird schon werden. Nur Geduld.«
Poltecky nickte. »Nur Geduld – du hast recht. In drei Tagen soll ich entlassen werden.«
»Das ist ja wunderbar.« Martina setzte sich auf die Bettkante. »Dann kommst du in meine Pflege. Du sollst sehen, in einer Woche kannst du laufen wie ein Wiesel. Wir werden jeden Tag eisern trainieren.«
Poltecky nickte.
»Franzi?«
Poltecky drehte den Kopf zu Martina. »Ja?«
»Ich muß nächste Woche drei Tage zu einem Lehrgang. Es läßt sich nicht verschieben.«
»Ich werde diese drei Tage schon allein auskommen.« Er lächelte und streichelte ihren Arm. Ich liebe sie wirklich, durchfuhr es ihn. Immer mehr fühle ich es. »Ich habe doch eine lange Junggesellenpraxis«, scherzte er.
»Für diese drei Tage erlaube ich dir aber nur das Kochen und Trinken aus dieser Praxis.« Sie drohte mit dem Finger. »Weiter nichts.«
In der folgenden Nacht schlief Poltecky nicht. Er war aus seinem Bett geklettert und stampfte mit seinem schweren Gehgips im Zimmer hin und her. Später stand er am Fenster und sah hinaus in den nächtlichen Krankenhausgarten. Er lehnte den heißen Kopf gegen die Fensterscheibe.
Was sollte er tun? Immer wieder kreisten seine Gedanken um diese sinnlose und unlösbare Frage: Was tun? Martina alles gestehen? Er schauderte davor zurück. So stark ist keine Liebe, um dies zu verzeihen. Erna und Carola schreiben, wie es um ihn stand? Die einzige, die ihn vielleicht verstehen könnte, wäre Erna Vorwerck.
Hinter ihm klappte leise die Tür. Die Nachtschwester sah ins Zimmer. »Ist Ihnen unwohl, Herr v. Poltecky?«
Poltecky schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht schlafen, Schwester.«
»Wollen Sie eine Schlaftablette?«
»Nein, danke.« Poltecky lächelte traurig. »Gegen diese Schlaflosigkeit helfen keine Tabletten. Ich muß so mit ihr fertig werden. Ich danke Ihnen, Schwester.«
Die Schwester ging. Poltecky lehnte den Kopf wieder gegen die kalte Scheibe. Man sollte nach Godesberg fahren und Erna um Rat fragen, dachte er.
Bis zum Morgen lief er im Zimmer auf und ab, starrte hinaus in den Garten und legte sich erst hin, als der Himmel im Osten fahl wurde, streifig, durchzogen mit goldenen und roten Fäden.
Die Fahrt nach Godesberg war beschlossen. Poltecky legte sich erschöpft in die Kissen. Er schlief fest, als der Lehrling des Fotogeschäftes kam und die bestellten Fotomontagen ablieferte. Die Stationsschwester mußte ihn wecken, weil der Lehrling den Auftrag hatte, die Bilder nur gegen sofortige Bezahlung abzuliefern.
Poltecky bezahlte den – wie er meinte – verrückt hohen Betrag, aber er freute sich, daß der Auftrag so überraschend schnell erledigt worden war, und gab dem Lehrling noch ein Trinkgeld. Dann lag er in der Sonne und betrachtete die Fotos. Sie waren so verblüffend echt, daß Poltecky fast selbst glaubte, sie seien an Rhein, Elbe und vor dem Herrenhaus aufgenommen.
Martina, die sie am Nachmittag sah, war voller Begeisterung. »Welch eine
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