Zerstörter Traum vom Ruhm
es mit den mysteriösen 14.000 DM auf sich hatte, das würde man schon nachprüfen. Vielleicht war dieser Poltecky wirklich nur ein kleiner Heiratsgauner.
Poltecky hatte die Wohnung Ernas gerade betreten und fühlte sich ohne den Gips wie von einer Rüstung befreit, als das Telefon schellte.
Einen Augenblick zögerte er, den Hörer abzunehmen. Er ahnte, wer ihn anrief. Aber dann überwand er sein Zögern und hob ab.
»Hallo«, sagte eine Stimme. »Wir haben gesehen, daß du wieder hüpfen kannst wie ein Hase. Wie geht's denn?«
»Schlecht.« Poltecky setzte sich auf die Couch und zündete sich eine Zigarette an. »Eigentlich sollte ich ja als schöne Verkehrsleiche zwischen Godesberg und Rolandseck liegen.«
»Was du nur denkst. Wir hatten bloß keine Zeit, uns lange von dir zu verabschieden.« Die Stimme – es war nicht die von Dicocca, was Poltecky am Tonfall hörte – wurde hart. »Morgen abend erwarten wir neue Meldungen. Dein Mädchen weiß, wie's gemacht wird. Es geht alles wieder so wie beim erstenmal.«
Es klickte im Apparat. Der Sprecher hatte aufgelegt, bevor Poltecky eine Antwort geben konnte. Auch die Telefonüberwachung, die Erna Vorwercks Anschluß kontrollierte, hatte nicht mehr genügend Zeit, den Standort des Anrufers zu ermitteln. Nur so viel war festzustellen, daß der Anruf von einer öffentlichen Fernsprechstelle kam.
Poltecky drückte seine halbgerauchte Zigarette aus. Seine Sorgen lagen näher als der morgige Abend. Sie konzentrierten sich auf den Besuch bei dem Bankier Stephan Opperberg in Honnef. Für Poltecky war er die letzte greifbare Möglichkeit, aus dem Dilemma herauszukommen und den drei Mädchen ihr Geld zurückzugeben. Versagte ihm Opperberg seine Hilfe, warf er Poltecky vor die Tür, blieb nur der Weg zur Polizei übrig und der Gang zum Gericht und ins Gefängnis.
Die Villa Stephan Opperbergs, Bankier und Konsul in Köln, Förderer junger Künstler und selten gewordener Menschenfreund, dem weder Aufstieg noch kaum zählbares Geld das Gemüt verhärtet oder das Herz in ein Scheckbuch verwandelt hatten, lag in der Nähe des schloßähnlichen Lungensanatoriums Hohenhonnef auf den Hängen des Siebengebirges.
Ein schmaler Weg führte ziemlich steil bis zu einem Platz hinauf, hinter dem, geschützt durch eine hohe Mauer und eingebettet in alten, breitkronigen Baumbestand, das langgestreckte, flache Haus lag. Ein einfaches, goldfarbenes Schild neben der dicken Tür trug den Namen ›Opperberg‹.
Sonst nichts. Das eine Wort genügte.
Franz v. Poltecky versuchte, bevor er auf den kleinen, in die Mauer eingelassenen Klingelknopf drückte, einen Blick durch die Türvergitterung zu werfen. Das Haus konnte er nicht entdecken. Er sah einen weißen, leuchtenden Kiesweg, Rosenrabatten an den Seiten, eine exotische Baumgruppe im Hintergrund, herrliche, tiefgrüne, kurzgeschnittene Teppichrasenflächen, auf denen sich lautlos die Rasensprenger drehten. Über eine der Wiesen jagten jetzt zwei Hunde, zwei hellbraune, fast weiße Barsois, russische Windhunde, deren lange, schmale Köpfe beim Lauf weit vorgestreckt waren wie die Spitze einer fliegenden Lanze.
Welch ein Reichtum, dachte Poltecky.
Die beiden Barsois tollten aus dem Blickfeld Polteckys. Ein Gärtner in grüner Schürze und mit einem breiten Strohhut – wie konnte es anders sein, dachte Poltecky, Gärtner müssen so aussehen, man lernt es aus den Filmen, wo Gärtner immer grüne Schürzen und breite Hüte tragen – ging über den Teppichrasen und rückte, nachdem er das Wasser abgestellt hatte, die Rasensprenger weiter. Dann schob er eine Karre vor sich her und begann, mit einem Stahlbesen vom Wind herbeigetragenes Laub und Papier aufzufegen und in die Karre zu werfen.
Freundschaft mit dem Personal ist fast immer ein Weg zum Chef, überlegte Poltecky. Man kennt das ja. Wer der Sekretärin Pralinen und Blumen bringt und ihr sagt, sie sehe heute wieder zauberhaft aus, fast wie die Bardot, fast nur, denn die Bardot sei bei weitem nicht so hübsch wie sie –, der bekommt den Chef schneller zu sehen als ein Muffel, der sagt: »Zum Chef, bitte, Fräulein!«
»He! Hallo!« rief Poltecky durch die Gittertür in den Garten. »Herr Gärtner! Hallo! Kommen Sie doch bitte mal her!«
Der Gärtner drehte sich herum. Er schob den breiten, geflochtenen Hut in den Nacken und legte den Stahlbesen in die Karre. Dann wischte er sich mit dem Schürzenzipfel den Schweiß von der Stirn und kam langsam über den weißen Kiesweg näher. Die
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