Zerstörter Traum vom Ruhm
Minuten Gehör zu bitten?« fragte er. Dabei ärgerte er sich wegen seiner geschraubten Ausdrucksweise, aber ihm fielen keine anderen Worte ein.
»Kommen Sie bitte ins Haus. Ich werde Sie melden.« Der Diener trat zur Seite, und Poltecky betrat eine Halle, die mit hellem Marmor verkleidet war. »Wen darf ich melden?«
»Franz v. Poltecky. Oder nein – Franz Schuster.«
»Bitte.« Der Diener war nicht erstaunt über die beiden Namen. Er winkte zu einem Tablett hin, das auf einem niedrigen Tisch stand. Ein hohes, geschliffenes Glas mit einer goldgelben Flüssigkeit leuchtete in der Sonne, die durch die rückwärtigen breiten Fenstertüren in die Halle flutete. »Wenn Sie sich erfrischen möchten, Herr Schuster. Es ist eisgekühlter Orangensaft.«
»Danke.« Poltecky machte eine kleine Verbeugung. Der Diener sah es nicht mehr, er ging bereits durch eine sich lautlos öffnende Tür davon.
Ich benehme mich wie der Schweinehirt im Märchen, dachte Poltecky wütend. Aber trotz allem Willen, mutiger zu sein, wagte er nicht, das Glas Orangensaft zu berühren. Er drückte sich mit dem Rücken gegen die kalte Marmorwand und wartete, was mit ihm geschehen würde. Er hatte das ungute Gefühl, völlig falsch am Platze zu sein.
Der Diener kam wieder. »Herr Konsul Opperberg läßt bitten«, sagte er. »Der Hitze wegen empfängt er im Rauchsalon.«
Und wenn es im Keller wäre, mir ist alles recht, dachte Poltecky. Wenn's nur schnell vorübergeht. Was hat ein Gauner wie ich in dieser Umgebung zu suchen?
Der Diener wollte vorangehen, aber Poltecky hielt ihn am Ärmel fest. »Einen Augenblick noch«, sagte er mit trockener Kehle. »Wie redet man Herrn Opperberg an. Mit Herrn Konsul oder mit Herr Bankier? Ich habe da gar keine Ahnung.«
»Sagen Sie einfach ›Herr Opperberg‹. Der Herr Konsul mag keine Titel.«
»Aber Sie sagen ja selbst ›Herr Konsul‹!«
»Nur, wenn er nicht dabei ist.«
Sie durchschritten einige Zimmer und eine neue Diele, bis der Diener an eine Tür klopfte und sie dann vor Poltecky öffnete.
»Bitte«, sagte er.
Poltecky trat ein. Ein hoher Raum, angefüllt mit Büchern. Eine Fensterwand zum Garten mit den Rosen, der Terrasse, den exotischen Bäumen und einem unwahrscheinlichen Blick auf den Rhein und die Inseln, auf den Rolandsbogen und Mehlem. Helle, moderne Sessel, leuchtende Teppiche, an den Wänden wertvolle Skulpturen und Gemälde.
In einem aus Mosaiksteinchen gemauerten großen Blumenbecken kratzte der Gärtner herum. Er hatte den Hut abgelegt und zwickte einige verdorrte Blätter ab, als Poltecky sich räusperte.
»Da sind Sie ja«, sagte der Gärtner und legte seine kleine Handharke weg.
»Der Diener sagte, der alte Opperberg sei hier. Gut, daß ich Sie vorher noch treffe. Ich wäre nie ins Haus gekommen, wenn Sie nicht geschellt hätten! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, wenn der Konsul erscheint. Soll ich sagen: Hier steht einer, der zu dumm war, und der für seine Dummheit auch noch Geld haben möchte?«
»Das hat dem alten Opperberg bestimmt noch keiner gesagt.« Der Gärtner kicherte. »Das wird ihm gefallen. Alle, die bisher gekommen sind, waren überzeugte Künstler, die von der bösen Umwelt nicht anerkannt wurden. Manche konnten etwas, tatsächlich, aber die meisten waren Blender oder Eintage-Genies.«
»Und trotzdem hat der Alte ihnen etwas gegeben?«
»Der ist eben so dumm und so weich im Herzen. Richtig unterstützt aber hat er nur wenige – und die konnten was. Und wenn Sie auch etwas können, läßt er sich nicht lumpen.«
»Ich kann gar nichts!« Poltecky setzte sich in einen der Sessel. Daß Konsul Opperberg noch nicht im Zimmer war, sondern nur der alte Gärtner in der schmutzigen Schürze, befreite ihn etwas von der lähmenden Scheu, die er bisher empfunden hatte. Er konnte freier sprechen und sich selbst Mut zureden. »Ich habe viele Geschichten und Erzählungen geschrieben – sogar einen Filmroman, den man als Film drehen wollte. Und damit begann es, mein Lieber.« Poltecky winkte ab. »Aber ich kann's Ihnen nicht erzählen, auch dem alten Opperberg nicht. Er glaubt es doch nicht. Es ist zu verrückt, um es zu glauben. So etwas gibt's gar nicht, wird jeder vernünftige Mensch sagen. Aber haben Sie schon einmal ein menschliches Leben gesehen, das vernünftig ist?«
»Nein!« sagte der Gärtner laut.
»Und was ich erlebt habe, ist unvernünftiger als die Unvernunft. Es ist wirklich verrückt.«
»Erzählen Sie.«
»Nachher. Wenn ich hier raus bin. Sie
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