Zerstörter Traum vom Ruhm
heraus. Ein Scheck war bereits ausgefüllt. Opperberg hatte aus der Akte des kleinen Mannes nicht nur die Namen notiert, sondern auch die Schuldsummen. Langsam riß er den Scheck aus dem Buch und schob ihn Carola über den Couchtisch zu.
»Bitte – Ihre 4.000 Mark. Ich bin ermächtigt – von Herrn v. Poltecky – Ihnen dieses Geld zu überreichen.«
Carola starrte auf den Scheck.
»Sie wollen Franz helfen?« fragte sie leise.
»Ich möchte mir mit diesem Scheck etwas von Ihnen erkaufen, Fräulein Pfindt. Ich bin Bankier – Sie wissen, daß wir für alle Geschäfte Sicherheiten verlangen. In diesem Falle wäre die Sicherheit Ihre klare Aussage vor Gericht, daß Herr v. Poltecky Sie nicht geschädigt hat und Sie Ihr Geld zurückerhalten haben!«
»Selbstverständlich werde ich das sagen!« rief Carola. Ein glückliches Leuchten trat in ihre Augen. »Und dann wird man Franz freilassen, nicht wahr?«
»Ja.« Opperberg sah auf sein Scheckbuch. Es ist ekelhaft, dachte er, mit dem Geld zu wuchern und Wohltätigkeiten mit eigennützigen Vorteilen zu verknüpfen. Aber er tat es für Julia, und es gab nichts, was Opperberg nicht für seine Tochter getan hätte. »Aber das ist noch nicht alles.«
»Ich sage alles aus, was Sie wollen! Wenn Franz nur nicht verurteilt wird.«
»Es handelt sich hierbei nicht mehr um Ihre Aussage. Ich möchte Sie bitten …« Opperberg stockte und suchte nach Worten, um seinen Wunsch nicht wie einen Schlag wirken zu lassen. »Ich – ich – kurz gesagt: Herr v. Poltecky wird nicht mehr nach Fulda kommen können.«
»Nicht mehr nach Fulda kommen können …«, wiederholte Carola. In ihren glücklichen Blick trat eine staunende Starrheit. »Soll das heißen …?«
»Ich möchte Sie aus Gründen, die ich hier nicht darlegen kann, bitten, das Erlebnis mit Poltecky als – als eine Episode in Ihrem Leben zu betrachten. Episoden sind vergänglich, sie werden schöne oder weniger schöne Erinnerungen – und das Leben geht weiter.«
»Hat Ihnen das Franz gesagt? Sollen Sie mir das bestellen?«
»Nein. Von unserer Unterredung weiß er nichts. Aber Sie und ich wollen ihn vor dem Zuchthaus bewahren. Daran sollten wir denken – an sonst nichts.«
Und Carola Pfindt nickte. Sprechen konnte sie nicht mehr. Wenn sie den Mund öffnete, würde es nur ein Aufschrei sein.
Mit einem stummen Händedruck verabschiedete sich Opperberg.
Die Hamburger Kriminalpolizei nahm Poltecky mit auffälliger Freundlichkeit in Empfang. Der Begleitbeamte aus Bonn übergab die Akten und die Transportscheine und fuhr mit dem nächsten Zug gleich zurück. Kommissar Ernst Baumann hatte eine Kanne Kaffee kochen lassen und klopfte Poltecky auf die Schulter, als er hereingeführt wurde.
Poltecky war in den Tagen seines Aufenthalts im Untersuchungsgefängnis noch schmaler und blasser geworden. Mehr denn je fielen die mit weißen Fäden durchzogenen Haare auf, die so gar nicht zu dem noch jungen Gesicht paßten. Ein großer Junge, dachte Ernst Baumann. Ein Träumer. Ein Phantast. Er ist da in etwas hineingeschlittert, dessen Tragweite er vielleicht noch gar nicht begreift.
»Was werden Sie tun, wenn Sie wieder frei sind?« fragte Baumann.
Poltecky sog an seiner Zigarette. Seine Hand zitterte leicht.
»Ich werde mir irgendwo eine Stelle als Drogist suchen. Wenn man mich wieder will – einen entlassenen Zuchthäusler. Aber eines weiß ich ganz sicher: Ich werde nie wieder eine Zeile schreiben!«
»Das mit dem Zuchthaus ist so eine Sache.« Kommissar Baumann blätterte in einigen Papieren, die mit der Akte Poltecky gekommen waren. »Die Staatsanwaltschaft in Hamburg wird die Eröffnung der Verhandlung beantragen – aber sie hat kaum noch Anklagemomente. Es liegen hier zwei Briefe vor – von Martina Schneewind und Carola Pfindt, daß sie sich nicht geschädigt fühlen. Von Erna Vorwerck lag diese Bestätigung ja schon bei Ihrer Verhaftung vor.«
Poltecky sah auf die brennende Spitze seiner Zigarette. »Ich bin das alles nicht wert«, sagte er leise. »Ich weiß, wie weh ich ihnen allen getan habe. Sie haben mir ihr ganzes Geld gegeben.«
»Leihweise. Sie haben es ja auf Heller und Pfennig zurückgezahlt.«
Poltecky zuckte vom Stuhl hoch. Sein Gesicht wurde völlig ratlos. »Was habe ich?«
»Das Geld zurückgezahlt. Alle drei Frauen haben eine Bankbestätigung eingereicht, aus der ersichtlich ist, daß Sie die 14.000 Mark zurückgegeben haben.«
»Aber das ist doch unmöglich …«, stotterte Poltecky. »Es gibt doch
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