Zicke
hier arbeite, dann nimm ein Messer und stich mich einfach ab.«
Er lachte. »Guter Plan. Wir sollten einen Selbstmordpakt schließen.«
Michael um mich zu haben entspannte mich, also blieb ich in der Nähe seiner Sitzecke und füllte Serviettenhalter und Parmesanstreuer nach. Wenigstens hieß Arbeit, dass ich etwas zu tun hatte, mich irgendwo aufhalten konnte, an einem Ort, wo ich nicht alles völlig versiebt hatte.
Jason hatte gesagt, Lee sei am Telefon komisch geworden, als sie gehört hatte, dass ich bei ihm sei. Ich fragte mich, ob es wegen unseres Streits war oder weil sie sich Sorgen machte, dass Jason und ich es miteinander treiben könnten. Oder beides.
Hatte ich ihn wirklich geküsst?
Oder hatte er mich geküsst?
»Deanna?« Michael stand neben mir und zündete sich eine Zigarette an. »Du stehst seit fünf Minuten mit diesem Serviettenhalter herum. Das macht mich allmählich nervös.«
»Sorry.« Ich stellte das Ding zurück und wischte den Tisch.
»Du hast diesen Tisch schon gewischt. Zweimal. Alles okay mit dir?«
|185| Ich hätte ihm am liebsten gesagt, er solle lieber nicht so nett zu mir sein, sonst würde ich womöglich wieder anfangen zu heulen. »Nein.«
Brenda rief von der Kasse her: »Hey, da möchte jemand Pizza!«
»Ist ja nicht zu fassen«, entgegnete Michael lakonisch.
Zum Abendessen hatten wir einen kleinen Ansturm, dann wurde es wieder ruhig. Meine Mutter rief gegen acht an, um mir mitzuteilen, dass sie nach mir suche. »Ich wusste nicht, wo du steckst. Sieht aus, als ob du den ganzen Tag weg gewesen bist …« Sie klang ehrlich besorgt. »Stacy ist wieder da.«
»Ich weiß.« Brenda versetzte mir einen schlecht gelaunten Blick, als würde ich seit Stunden am Telefon hängen.
»Du weißt es schon? Oh. Nun, zwischen deinem Vater und deinem Bruder ist es ein wenig laut geworden, dann zwischen deinem Bruder und Stacy, dann zwischen Stacy und deinem Vater … Jedenfalls sind Stacy und Darren mit dem Auto eine Runde drehen, und ich habe April. Schaffst du es, allein nach Hause zu kommen?«
Sicher, Mom, ich kann auf mich selbst aufpassen. Ich hab das bisher immer so gemacht. »Ja.«
»Schön. Also, wir sehen uns später.«
Tatsächlich waren wir den restlichen Abend permanent unter Strom; eine Softball-Mannschaft kam rein und blieb stundenlang, trank eimerweise Bier und ließ ununterbrochen die Musikbox laufen. Ein ekliger |186| Typ mit haarigem Nacken nannte mich ständig »Klei-ne« und sagte Sachen wie: »Hey, Kleine, wenn du wirklich hart arbeitest, gebe ich dir vielleicht ein Trinkgeld.« Brenda wirkte immer übellauniger, als ob es
meine
Schuld wäre, dass ein Typ ihres Alters mich anmachte.
Dann rüstete sich die Mannschaft zum Aufbruch und der Typ reichte mir eine Serviette mit seiner Nummer drauf, die ich mit großem Tamtam auf den Boden eines dreckigen Bierglases hinabstopfte. Seine Freunde lachten, aber er lief rot an. »Miststück.«
»Wissen Sie was?«, sagte ich laut, drauf und dran, ihm mit dem Tablett eins überzuziehen. »Ich habe es satt, dass Leute irgendwelche Scheiße über mich erzählen, die nicht stimmt. Ich habe heute schon einem Typen in den Arsch getreten. Sehen Sie sich vor!«
Michael kam herübergeeilt. Ich war mir sicher, dass er mich nun nach hinten schleifen und feuern würde. Stattdessen brüllte er den Typen an, er solle abhauen. »Und komm nie mehr wieder!«, rief er. »Ich habe Leute wie dich nicht nötig.« Was Unsinn war. Der Typ zeigte Michael den Stinkefinger und marschierte mit der Mannschaft hinaus.
Meine Hände zitterten. Ich wusste, dass ich mich bei Michael bedanken sollte, stattdessen räumte ich die Tische ab und machte den Abwasch, ohne ein Wort zu sagen.
Als Brenda um halb zehn ging, hängte Michael das ›Geschlossen‹-Schild raus, obwohl an der Tür stand, dass wir bis elf geöffnet hätten. Wir arbeiteten schnell, |187| räumten Lebensmittel in den Kühlraum und schrubbten die Arbeitsflächen. Ich wischte die Böden, und er machte die Toiletten sauber, dann bereiteten wir einiges für den nächsten Tag vor. Als wir mit allem fertig waren, fragte Michael: »So. Und was sollte all das jetzt?«
»Der Typ war ein Arsch.«
»Ähm – ja«, sagte er langsam und nickte. »Ein durchschnittliches Arschloch eben. Nicht wert, dass du deine Zeit und Energie verschwendest, wirklich nicht.«
Ich lehnte mich an die Spüle. »Ich sollte nach Hause gehen.«
»Tja, sieht so aus, als ob du es kaum erwarten könntest.«
Ich starrte eine
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