Ziel erfasst
O’Toole kennenlernte, die später Sandy Clark, seine Frau, werden sollte.
Er fragte sich, wo Sandy jetzt wohl gerade war, aber er würde sie nicht anrufen. Er wusste, dass sie überwacht wurde, und er wusste auch, dass Ding sich um sie kümmern würde.
Im Moment musste er sich ausschließlich auf seinen Plan konzentrieren.
John wusste, dass das FBI einen BOLO (»Be on the lookout«)-Alarm ausgerufen hatte, nachdem sie ihn in Emmitsburg verpasst hatten. Dieser Alarm erging an alle Strafverfolgungsbehörden in der ganzen Gegend und stellte sicher, dass jeder vom einfachen Verkehrspolizisten bis zum Mafiajäger jetzt sein Bild und seine Beschreibung besaß und den Befehl hatte, ihn sofort festzunehmen, wenn er ihn sah. Clark wusste, dass das FBI darüber hinaus seine übrigen riesigen Ressourcen nutzte, um ihn zur Strecke zu bringen.
An diesem Ort fühlte er sich zwar relativ sicher, aber es würde bestimmt nicht lange dauern, bis man ihn auch hier aufspüren würde.
Obwohl er neben den anderen in dieser Apotheke saß, wartete er nicht auf irgendwelche Medikamente. Stattdessen schaute er immer wieder in die Spiegel, die im rückwärtigen Teil des Ladens hingen, und hielt Ausschau nach jemand, der nach ihm suchen könnte.
Zehn Minuten lang saß er so da und wartete.
Aber nichts geschah.
Als Nächstes kaufte er im vorderen Teil der Apotheke ein Wegwerfhandy. Er holte es gleich aus der Packung und schaltete es ein. Danach tippte er eine zweizeilige SMS ein und schickte sie an Domingo Chavez. Er wusste nicht, ob auch Ding überwacht wurde und welche Kreise das Ganze inzwischen gezogen hatte. Aus diesem Grund hatte er auch zu Ding und dem Campus keinen Kontakt mehr hergestellt. Aber er und Chavez hatten untereinander Codes vereinbart, wenn einmal nicht klar sein sollte, ob der andere nicht vielleicht unter Überwachung stand.
Jetzt kam eine Gruppe lauter, rau aussehender afroamerikanischer Teenager herein. Sie wurden sofort still, als sie Clark bemerkten. Sie starrten ihn lange an und taxierten ihn, wie Raubtiere ihre Beute taxieren. Clark hatte an seinem neuen Handy herumgefummelt, aber jetzt hörte er damit auf und starrte zurück. Er wollte die sechs Jugendlichen nur wissen lassen, dass er sich ihrer Gegenwart und ihres Interesses an ihm bewusst war. Das reichte allemal aus, dass sie das Feld räumten und nach leichterer Beute suchten. John konzentrierte sich jetzt wieder auf seine Arbeit.
Plötzlich erhielt er eine SMS: 21 Uhr BWI OK?
John nickte dem Telefon zu und tippte seine Antwort ein: OK.
Drei Minuten später ging er in Richtung Norden die Stricker Street hinauf und entfernte dabei die Batterie aus dem Handy. Er warf seinen leeren Kaffeebecher, das Mobiltelefon und die Batterie in einen Gully und ging weiter.
Sekunden vor neun Uhr an diesem Abend stand Domingo Chavez an der dunklen Rampe vor den Maryland Charter Aviation Services auf dem Baltimore-Washington-International-Flughafen BWI. Es fiel ein kalter Regen. Vom Schild seiner Basecap tropfte das Wasser und geriet ihm bei jedem Windstoß in die Augen. Sein Anorak schützte ihn zwar vor der Nässe, aber nicht vor der Kälte. Fünfzig Meter links von ihm stand abflugbereit die Gulfstream G550 von Hendley Associates. Allerdings gab es noch keinen Flugplan. Kapitänin Reid und der Erste Offizier Hicks saßen im Cockpit, und Adara Sherman bereitete die Kabine vor. Alle drei hatten keine Ahnung, wohin es gehen sollte.
Ding schaute auf seine Luminox-Uhr. Die mit Tritiumgas gefüllten Borosit-Kapseln in den Zeigern und dem Zifferblatt leuchteten in der Dunkelheit.
Jetzt war es genau neun Uhr.
In diesem Moment tauchte eine Gestalt aus der Dunkelheit auf. Clark trug eine schwarze Kapuzenjacke und hatte kein Gepäck dabei. Er hätte auch ein Mitglied des Bodenpersonals sein können.
»Ding«, grüßte er mit einem kurzen Nicken.
»Wie geht’s, John?«
»Ich bin okay.«
»Langen Tag gehabt?«
»Nichts, was ich nicht schon Hunderte Male durchgemacht hätte. Normalerweise passiert das nur nicht in meinem eigenen Land.«
»Das Ganze ist eine verdammte Scheiße.«
»Ganz deiner Meinung. Irgendwelche Neuigkeiten?«
Chavez zuckte die Achseln. »Nur ein paar. Das Weiße Haus will über dich an Ryan ran. Keine Ahnung, ob sie etwas über den Campus wissen oder ob ihnen überhaupt bekannt ist, dass du seit deiner Pensionierung von der Agency für Hendley Associates arbeitest. Die Anklageschrift steht unter Verschluss, und keiner macht den Mund auf. Sollten
Weitere Kostenlose Bücher