Ziel erfasst
eine Verabredung, die er nicht ablehnen konnte. Heute war der 6. November, der Wahltag, und Jack fuhr am späten Vormittag nach Baltimore, um bei seiner Familie zu sein.
Jack Ryan sr. hatte bereits am Morgen mit Cathy und in Begleitung vieler Reporter in seinem örtlichen Wahllokal seine Stimme abgegeben. Danach kehrte er nach Hause zurück, um den Tag im Kreis seiner Familie zu verbringen. Am Abend wollte er sich ins Marriott-Waterfront-Hotel begeben, um dort seine Annahmerede zu halten.
Oder die Rede, in der er seine Wahlniederlage eingestand und seinem Gegner gratulierte. Dies hing vom Wahlausgang in einigen entscheidenden Bundesstaaten ab, den sogenannten Swing States .
Die Sache mit Clark hatte ihm zweifellos geschadet. Jede politische Fernsehsendung von 60 Minutes bis Entertainment Today hatte sich auf die eine oder andere Weise mit dieser Geschichte beschäftigt, und jeder wichtige Nachrichtenmoderator hatte seinen Kommentar dazu abgegeben. Ryan blieb jedoch auch in dieser Frage in den letzten Wahlkampfwochen konsequent. Er verteidigte weiterhin seinen Freund und tat sein Bestes, um die ganze Angelegenheit als politische Attacke auf ihn, Jack Ryan, darzustellen, die mit ehrlicher Gerechtigkeit nicht das Geringste zu tun habe.
Dies kam bei seiner Basis gut an, und es hatte auch einige Unentschiedene überzeugt. Andererseits hatten die unbeantworteten Fragen über die tatsächliche Beziehung zwischen Jack Ryan und diesem mysteriösen Flüchtling viele bisher unentschiedene Wähler in das Edward-Kealty-Lager getrieben. Viele Medien stellten das Verhältnis zwischen den beiden Männern so dar, als ob Clark Ryans Auftragsmörder wäre. Was immer man jedoch über Präsident Kealty sagen konnte, solche Leichen hatte er ganz bestimmt nicht im Keller.
Als Jack jr. am frühen Nachmittag am Haus seiner Eltern eintraf, musste er durch den Sicherheitskordon fahren. Ein paar Pressefotografen wollten Bilder des gelben Hummers mit Jack am Steuer machen, aber seine Fahrzeugfenster waren getönt, und er trug eine Fliegersonnenbrille.
In der Küche traf er seinen Vater allein und in Hemdsärmeln an. Die beiden Männer umarmten sich. Dann trat Senior einen Schritt nach hinten.
»Was soll das denn mit dieser Sonnenbrille?«
Jack Junior nahm sie ab und offenbarte rechts ein blaues Auge. Die Schwellung war zwar schon etwas abgeklungen, aber es war deutlich zu sehen, dass das Veilchen anfangs weit schlimmer gewesen sein musste. Darüber hinaus waren auch im Auge selbst einige Äderchen geplatzt, sodass er jetzt gleichzeitig ein blaues und ein rotes Auge hatte.
Ryan sr. schaute seinem Sohn eine Zeit lang ins Gesicht und sagte dann: »Schnell, bevor deine Mutter kommt. In mein Arbeitszimmer!«
Eine Minute später standen die beiden Männer im Arbeitszimmer und hatten die Tür hinter sich geschlossen. Senior dämpfte seine Stimme. »Mein Gott, Jack, was zum Teufel ist passiert?«
»Ich würde es dir lieber nicht erzählen.«
»Das ist mir egal. Wie sehen eigentlich die Teile deines Körpers aus, die ich nicht sehen kann?«
Jack lächelte. Manchmal sagte sein Dad etwas, was ihm zeigte, dass sein alter Herr den vollen Durchblick hatte. »Gar nicht einmal so schlecht. Es wird allmählich besser.«
»Ist das bei einem Einsatz passiert?«
»Ja. Aber dabei muss ich es belassen. Nicht wegen mir. Wegen dir. Schließlich bist du bald Präsident.«
Jack Ryan sr. seufzte ganz leicht, beugte sich vor und schaute sich den Augapfel seines Sohnes aus der Nähe an. »Deine Mutter wird einen Wutanfall …«
»Ich lasse die Sonnenbrille auf.«
Senior schaute Junior mitleidig an. »Sohn. Dieser billige Trick hat mir bei ihr schon vor dreißig Jahren kein bisschen genutzt. Er wird ganz bestimmt auch jetzt nicht funktionieren.«
»Was soll ich denn machen?«
Senior dachte einen Moment nach. »Du wirst es ihr zeigen. Sie ist Augenchirurgin, Herrgott noch mal! Ich möchte, dass sie dich untersucht. Sag ihr, du möchtest nicht darüber reden. Es wird ihr zwar überhaupt nicht gefallen, aber trotzdem wirst du deine Mutter nicht anlügen. Wir brauchen ihr nicht alle Details auf die Nase zu binden, aber wir werden sie nicht anlügen.«
»Okay«, sagte sein Sohn.
»Das alles hat seine Tücken, aber wir müssen tun, was richtig ist.«
»In Ordnung.«
Eine Minute später betrat Dr. Cathy Ryan das Arbeitszimmer. Sekunden später führte sie ihren Sohn am Arm ins Badezimmer. Dort musste sich Junior auf den Waschhocker setzen, während sie sein
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