Ziel erfasst
goss sich ein großes Glas Wodka ein. Er ging mit der Flasche und mit dem Glas in der Hand zu seinem Stuhl zurück.
»Ich möchte mit Ihrem Sohn sprechen.«
»Ich kann sein Büro in der Londoner Botschaft anrufen. Aber ich bezweifle, dass er zurückrufen wird.« Kowalenko kippte das halbe Glas hinunter und stellte die Flasche auf das Fensterbrett. Dabei schob er sie leicht gegen die Vorhänge. »Sie hätten vielleicht mehr Glück, wenn Sie ihn selbst anrufen würden.«
Der Russe schien die Wahrheit zu sagen. Er hatte keine großartige Beziehung zu seinem Sohn, und dieser war ganz bestimmt nicht hier. Vielleicht kam Clark in London irgendwie an ihn heran. Er musste es zumindest versuchen. Nach Moskau zu kommen, um vom alten Oleg irgendwelche Informationen zu erhalten, war eine Sackgasse gewesen.
Clark steckte seine Pistole in die Tasche zurück. »Ich lasse Sie jetzt bei Ihrem Wodka. Wenn Sie mal mit Ihrem Jungen reden, sagen Sie ihm, ich würde gerne mit ihm sprechen. Nur ein freundliches Gespräch. Er wird von mir hören.«
Der Amerikaner drehte sich um, um durch die Küche die Wohnung zu verlassen, aber der russische Rentner rief hinter ihm her. »Wollen Sie wirklich nicht einen mit mir trinken? Es wird Sie aufwärmen.«
»Njet«, sagte John, als er an die Wohnungstür kam.
»Vielleicht könnten wir über alte Zeiten reden.«
Clarks Hand stoppte kurz über der Türklinke. Er drehte sich um und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Oleg zwang sich ein kleines Lächeln ab. »Ich bekomme nicht viel Besuch. Da kann ich nicht auch noch wählerisch sein, oder?«
Clark ließ die Augen in Windeseile noch einmal durch das ganze Zimmer wandern. Sein Blick blieb an der Wodkaflasche auf dem Fensterbrett hängen. Oleg hatte sie vorhin so gegen die Vorhänge gedrückt, dass diese jetzt geschlossen waren.
Es war ein Signal an die Männer im Park. »Scheißkerl«, rief Clark und rannte durch die Küche und durch die Tür ins Treppenhaus.
Dort hörte er das Zirpen eines Walkie-Talkies und die schweren Schritte zweier Männer. John rannte zum nächsten Treppenabsatz hinauf. Dort stand ein schwerer metallener Abfalleimer. Er legte ihn vor der obersten Stufe auf die Seite und wartete, bis die Männer fast auf dem nächstunteren Treppenabsatz angekommen waren. Dann versetzte er dem Eimer einen Tritt. Er sah gerade noch, wie der erste Mann um den Absatz herumkam. Er hatte einen schweren schwarzen Mantel an und hielt eine kleine schwarze Pistole und ein Funkgerät in der Hand. John zog seine eigene Pistole.
Der Metalleimer wurde immer schneller, je weiter er die Stufen hinunterrollte. Kurz vor den Männern schleuderte es ihn in die Luft, und er prallte mit einer solchen Wucht auf sie, dass sie rückwärts auf den Fliesenboden knallten. Ein Mann ließ dabei seine Pistole fallen, der andere konnte jedoch seine Waffe festhalten und versuchte jetzt, auf den Mann über ihm zu zielen.
John feuerte eine einzige Kugel ab, sie brannte eine rote Rille in die linke Wange des Mannes.
»Fallen lassen!«, rief Clark.
Der Mann folgte der Aufforderung. Er und sein Partner hoben noch im Liegen die Hände.
Trotz des Schalldämpfers war der Widerhall des Schusses in dem engen Treppenhaus schmerzhaft laut. Bestimmt waren ein paar Bewohner schon auf dem Weg zum Telefon, um die Polizei zu verständigen. Er ging langsam die Treppe hinunter und zwischen den beiden Männern hindurch, wobei er seine Pistole ständig auf sie gerichtet hielt. Er nahm ihnen ihre Waffen, Walkie-Talkies und Handys ab. Einer der beiden fluchte Clark auf französisch an, hielt dabei aber weiterhin die Hände in die Höhe, insofern war es John egal. Clark setzte seinen Weg die Treppe hinunter fort, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Eine Minute später verließ er das Mietshaus durch den Hintereingang und warf die Ausrüstung der Männer in einen Mülleimer.
Für einen kurzen hoffnungsvollen Moment glaubte er, er sei jetzt in Sicherheit, bis ein weißer Lieferwagen auf der anderen Straßenseite vorbeifuhr und plötzlich scharf bremste. Vier Männer sprangen heraus. Zwischen ihnen und John lagen jedoch acht Spuren Nachmittagsstoßverkehr. Trotzdem begannen die vier über die Straße zu rennen und dabei um die Autos Slalom zu laufen.
John selber war schon längst wieder unterwegs. Sein ursprüngliches Ziel war die Metrostation Puschkinskaja gewesen. Aber die Männer waren nur noch fünfzig Meter hinter ihm und viel schneller als er. Die U-Bahn-Station würde seine Flucht nur
Weitere Kostenlose Bücher