Ziel erfasst
waren sie nach John Clarks Meinung eine Katastrophe. In den letzten beiden Tagen hatten sie ihn geschlagen, getreten, ihm Ohrfeigen versetzt, das Essen verweigert und ihm sogar verboten, auf die Toilette zu gehen.
Trotzdem, das sollte Folter sein?
Sicher, der Kiefer des Amerikaners war geschwollen und tat höllisch weh, und er hatte zwei Zahnkronen verloren. Und sicher, er war gezwungen gewesen, sich selbst anzupissen, und er hatte wahrscheinlich in den zwei Tagen so viel Gewicht verloren, dass er sich nach seiner Freilassung sofort neue Kleidung besorgen musste. Aber nein, diese Jungs hatten nicht die leiseste Ahnung, wie man jemand zum Sprechen brachte.
John hatte nicht den Eindruck, dass die Männer von ihrem Chef irgendwelche Zeitbeschränkungen bekommen hatten. Seit er hier war, waren es immer die gleichen sechs Männer. Sie hatten ihn in ein gemietetes Haus gesteckt, das wahrscheinlich irgendwo in der Nähe von Moskau lag, und sich gedacht, sie könnten ihn ein paar Tage herumstoßen und verprügeln, bis er seine Kontakte und Auftraggeber enthüllen würde. Sie fragten ihn oft nach Jack Ryan. Jack Ryan sr. Sie erkundigten sich nach Johns gegenwärtigem Job. Und sie fragten ihn nach dem Emir. Er bekam den Eindruck, dass seine Vernehmer über den Kontext der Informationen, die sie aus ihm herausholen sollten, viel zu wenig wussten, um ihre Befragung auf geeignete Weise durchführen zu können. Jemand – Laska oder FBM oder Walentin Kowalenko – hatte ihnen einige Fragen übermittelt, die sie stellen sollten, und das taten sie jetzt.
Befragung. Keine Antworten. Bestrafung. Das Ganze von vorne.
Zwar hatte Clark nicht gerade Spaß. Wenn es jedoch nach ihm ging, konnte das noch über eine Woche so weitergehen, bevor es ihm wirklich lästig wurde.
Er hatte schon weit Schlimmeres durchgemacht. Mein Gott, das SEAL -Training war viel, viel schlimmer gewesen als diese Scheiße hier.
Ein Franzose, den John für den Nettesten der ganzen Truppe hielt, betrat den Raum. Er trug jetzt einen schwarzen Trainingsanzug. Die Männer hatten sich alle neue Kleidung gekauft, nachdem Clark ihre Anzüge mit seinem Schweiß, seinem Blut und seiner Kotze versaut hatte.
Er setzte sich aufs Bett. Clark war auf seinem Stuhl festgebunden. »Mr. Clark, Ihre Zeit wird knapp. Erzählen Sie mir von Emir, Monsieur Yasin. Sie haben zusammengearbeitet mit Jacques Ryan, um ihn zu finden, mit ein paar alten Freunden von die CIA, vielleicht? Oui? Sie sehen, wir wissen viel über Sie und die Organisation, mit der Sie arbeiten, aber wir brauchen noch etwas mehr von diese Informationen. Sie geben uns das, ist doch nicht so schlimm, und dann können Sie nach Hause.«
Clark verdrehte die Augen.
»Ich will nicht, dass meine Freunde Sie wieder schlagen. Das ist nicht gut. Sie reden, ja?«
»Nein.« Sein Kiefer tat weh, aber er war sich sicher, dass er bald noch mehr schmerzen würde.
Der Franzose zuckte die Achseln. »Ich rufe meine Freunde. Sie werden Sie verletzen, Monsieur Clark.«
»Solange sie nicht so viel reden wie Sie …«
Georgij Safronow war sich sicher, dass er jede Einzelheit seines Plans durchdacht hatte. Am Morgen des großen Tages hatten sich die dreiundvierzig verbliebenen Jamaat-Shariat-Kämpfer, die in der Nähe Stellung bezogen hatten, bereits in einzelne Gruppen aufgeteilt. Dabei benutzten sie Taktiken, die sie während ihrer Ausbildung durch das äußerst fähige Haqqani-Netzwerk in Nordwasiristan gelernt hatten.
Aber zu jeder militärischen Auseinandersetzung gehörten zwei Parteien, deshalb hatte es Safronow auch nicht versäumt, seinen Gegner, die Sicherheitstruppe des Kosmodroms, zu studieren.
Ursprünglich war die russische Armee für die Sicherheit in Baikonur verantwortlich, aber die zog schon vor Jahren ab. Seit dieser Zeit lag der Schutz des 6700 Quadratkilometer großen Geländes in den Händen eines Privatunternehmens aus Taschkent.
Dessen Männer fuhren durch das gesamte Gebiet Patrouille, ein paar Männer hielten an den Eingangstoren Wache, und es gab auch eine Kaserne, in der eine größere Truppe stationiert war. Allerdings waren die Außengrenzen des Gebiets oft nur durch einen niedrigen, reparaturbedürftigen Zaun und über weite Strecken gar nicht gesichert.
Obwohl das Land aus der Ferne topfeben aussah, wusste Safronow, dass die Steppe kreuz und quer von Trockentälern und natürlichen Senken durchzogen war, die ein Angreifer ausnutzen konnte. Er wusste auch, dass eine lokale muslimische
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