Ziel erfasst
»Versprochen« sagen, verzichtete jedoch darauf. Er hatte sich eigentlich vorgenommen, seine Mutter nicht zu belügen. Ihr zu versichern, dass sie sich keine Sorgen machen müsse, grenzte bereits an eine Lüge. Er musste diese nicht noch durch ein solches Versprechen verschlimmern. Er hatte keine Ahnung, was ihm bevorstand. Er wusste nur, dass er zu einer Gruppe von fünf bewaffneten Männern gehörte, die drei andere Bewaffnete töten und einen weiteren gefangen nehmen wollten.
»Ich mache mir Sorgen, Jack«, sagte Cathy. »Ich bin eine Mutter, es gehört zu meinem Job, mir Sorgen zu machen.«
»Mir geht’s gut.« Er wechselte ganz schnell das Thema: »Ist Dad zur Debatte morgen Abend bereit?«
Zweifellos hatte seine Mutter sein Ablenkungsmanöver bemerkt. Sein Vater hatte ihm oft erzählt, dass sie regelmäßig alle seine Täuschungsmanöver durchschaut hatte. Er musste zugeben, dass es bei ihm jetzt genauso war.
Dieses Mal ließ sie es ihm jedoch durchgehen. »Ich glaube schon. Er kann alle wichtigen Fakten und Zahlen jederzeit abrufen. Ich hoffe nur, dass er seine Hände im Zaum hält und Ed Kealty nicht irgendwann eine scheuert. Bei dieser Debatte sitzen die beiden Kandidaten direkt nebeneinander an einem Tisch. Das Ganze soll dadurch nicht ganz so formell, sondern eher wie ein freundliches Geplauder wirken.«
»Ich erinnere mich, dass Dad mit mir darüber gesprochen hat. Kealty wollte sich zuerst auf dieses Format gar nicht einlassen, hat dann jedoch seine Meinung geändert, weil er in den Umfragen hinten liegt.«
»Das stimmt. Arnie glaubt, dass dies deinem Vater die Gelegenheit geben wird, seine warme, herzliche Seite zu zeigen.«
Bei dieser Vorstellung mussten beide herzhaft lachen.
Plötzlich erschien Adara Sherman mit einem kleinen Krug Wasser. Jack schüttelte mit einem höflichen Lächeln den Kopf, vermied es jedoch, ihr direkt in die Augen zu blicken, weil er Angst hatte, dies könnte falsch aufgefasst werden. Als sie zur Bordküche zurückging, wollte er ihr eigentlich hinterherschauen. Allerdings gab es in der Kabine so viele spiegelnde Oberflächen, dass er befürchtete, sie könnte seine verstohlenen Blicke bemerken. Deshalb beugte er sich weiterhin angestrengt über seinen Laptop.
»Okay, Mom. Ich mache wohl besser jetzt Schluss. Du solltest dir vor dem Pressegespräch morgen früh noch etwas Schönheitsschlaf gönnen.«
»Mache ich. Und du pass auf dich auf, okay?«
»Versprochen.« Dieses Versprechen konnte er zweifellos halten. Er hatte keine Lust darauf, am morgigen Tag einen finalen Schuss abzubekommen.
Mutter und Sohn legten auf, und Jack jr. kehrte zu seiner Arbeit zurück. Der Tagesanbruch rückte immer näher und bis dahin gab es noch eine Menge zu tun.
12
H elen Reid begann kurz nach fünf Uhr morgens den Landeanflug auf den Flughafen Paris-Le Bourget. Direkt vor ihrer Gulfstream landete gerade ein weiterer Geschäftsjet, eine Falcon 900EX, auf der Start-und Landebahn 07/25. Neunzig Sekunden später war die G550 an der Reihe.
Kapitänin Reid ließ die Maschine zu einer großen, gelb eingefassten Standfläche direkt an der Rampe rollen, die als Zollbereich ausgewiesen war. Dort blieb sie stehen, hielt die Türen jedoch noch geschlossen, wie es die Zollbestimmungen verlangten. In der Zwischenzeit machte Jack jr. sein Gepäck zur Inspektion bereit. Adara hatte telefonisch dafür gesorgt, dass ein Zollbeamter sie bereits erwartete. Tatsächlich klopfte es nach einigen Minuten an die Tür. Ein völlig verschlafen wirkender Mann kam an Bord, schüttelte Jack die Hand und schaute nur ganz kurz in eine von Ryans Taschen. Danach stempelte er die Pässe und überflog die Flugzeugpapiere. Insgesamt dauerte es nur zwei Minuten, bis er die Erlaubnis erteilte, auf dem in der Nähe liegenden Gelände eines Flughafen-Dienstleisters zu parken.
Der Zollbeamte rief ihnen allen noch ein schläfriges Adieu zu und verschwand in der Dunkelheit.
Fünf Minuten später hatte die Maschine ihre endgültige Parkposition eingenommen. Als Adara die Kabinentür erneut öffnete, wartete draußen bereits Dominic Caruso, der selbst gerade erst eingetroffen war. Er begrüßte Ms. Sherman und lud dann zusammen mit Jack die vier schweren Rucksäcke aus, in denen ihre Ausrüstung verpackt war, und brachte sie zu ihrem Ford Galaxy.
Die Gulfstream-Crew ging zum Büro des Dienstleisters hinüber, um dafür zu sorgen, dass der Jet aufgetankt und die Sauerstoffspeicher wieder aufgefüllt wurden. Danach
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