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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Raumschiffs hätten gefährden können - er war leer. Es schien fast, als seien aller Staub, alle Moleküle und Atome, die sonst den Raum eines stellaren Systems füllten, hier in der Dela-Schicht versammelt.
    Diese erstaunliche Tatsache wurde vor allem bei Tischgesprächen lebhaft hin und her gewendet und von allen Seiten betrachtet. Daran war Hirosh nicht ganz unschuldig. Er liebte es nicht, wenn die Leute, gedankenlos auf einen Punkt starrend, das Essen in sich hineinschaufelten. Wenn Kochen eine Kunst war, und davon war er tief überzeugt, dann mußte das Essen folglich etwas von einem Kunstgenuß haben.
    Nun bewegen sich diejenigen Teile des Körpers, die die Zerkleinerung, den Transport und die chemische Verwandlung der Speisen besorgen, bekanntlich von selbst; den Geist jedoch muß man bewußt in Bewegung halten, in einer leichten und fröhlichen Bewegung, die dem Nuancenreichtum und den angenehmen Überraschungen einer gut gewählten Speisenfolge entspricht. Nicht alle konnten das, nicht alle waren dazu aufgelegt, und wo die Unterhaltung zu stocken oder sich an einem Thema festzubeißen drohte, griff Hirosh ein.
    Es ergab sich von selbst, daß er dabei neue Vorkommnisse nutzte, die wiederum Mitteilungen und Meinungen hervorlockten, und so ergab es sich ebenso von selbst, daß er über alles, was geschah, Bescheid wußte, ohne je die offiziellen oder automatischen Protokolle studiert zu haben - freilich immer aus der persönlichen Sicht von zwei oder drei Besatzungsmitgliedern. Aber das störte ihn nicht; er brauchte die Informationen ja nicht für wissenschaftliche Analysen oder Hypothesen, sondern nur für die nächste Gelegenheit, eine Unterhaltung zu lenken.
    Mit manchen seiner Gäste hatte er übrigens in dieser Hinsicht gar keine Probleme. Rila und Gibralt zum Beispiel, das junge Ehepaar, gaben sich dem Essen mit dem gleichen sichtbaren Vergnügen hin wie jeder anderen gemeinsamen Unternehmung, die meisten Arbeiten eingeschlossen, und sie erinnerten einander dabei an die eine oder andere Begebenheit aus ihrem noch jungen gemeinsamen Erfahrungsschatz. Ähnlich war es auch mit den Zwillingen Vienna und Kerala, nur daß die nicht sprachen - ihnen genügte meist eine halb ausgesprochene Silbe oder eine Geste, und die eine wußte, was die andere meinte.
    Zu der CE und Delawara, die gemeinsam die Mahlzeiten einnahmen, setzte sich Hirosh manchmal. Anfangs hatte er gewisse Befürchtungen, weil Delawara sich unmißverständlich als Schülerin der großen Astrophysikerin empfand. Aber bald merkte er, daß Dela geistig viel zu selbständig und beweglich war, das Verhältnis erstarren zu lassen oder gar einer seelischen Abhängigkeit zum Opfer zu fallen. Außerdem mochte zur Belebung ihrer Unterhaltung auch die Tatsache beitragen, daß beide verschiedene Gebiete bearbeiteten: Dela kümmerte sich um den Innenraum des Systems, also um die nach ihr benannte Schicht, den schwarzen Zwerg und den Planeten, während die CE sich nur für den Beteigeuze interessierte. Alles andere - auch die Dela-Schicht - war ihr eben gerade ein Tischgespräch wert.
    Problematisch war die vierte Tischgruppe, zu der sich auch Hirosh selbst gesellt hatte, eben weil sie problematisch war: Woleg, der Chef der Basisgruppe, und Elber, dazu Kiliman, der von der Diensteinteilung her zu keiner bestimmten Gruppe gehörte, sich aber, wie Hirosh vermutete, aus dem gleichen Grund wie er selbst dazugesetzt hatte.
    Zwischen dem CB und Elber bestand ein Verhältnis, das in gewisser Weise dem zwischen der CE und Delawara ähnelte, aber nur in gewisser Weise; Elber war nicht so ausgeglichen wie Dela - und Woleg nicht so souverän wie Atacama.
    Elber, der auf jedes neue Phänomen mit weitreichenden Spekulationen reagierte, die häufig in umwälzenden Hypothesen mündeten, fand nur in Hirosh und Kiliman Gesprächspartner. Beide unterstützten ihn und versuchten, ihn vorsichtig zu lenken, indem sie seinem Eigensinn entgegenwirkten und dafür eine andere Tendenz förderten, die ebenfalls in seiner schöpferischen Unruhe verborgen lag: Er begnügte sich nämlich nicht damit, Behauptungen aufzustellen, sondern studierte jedesmal gründlich die damit zusammenhängenden Wissensgebiete. Er war in dieser Zeit wohl der einzige, der die wissenschaftliche Bordkristallothek ständig benutzte. Die Ergebnisse waren freilich fragwürdig, das Wissen, das er erwarb, bruchstückhaft und die Anwendung häufig nicht fehlerfrei. Aber sowohl Hirosh als auch Kiliman, die sich

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