Zielstern Beteigeuze
sind, bei der Verdoppelung eines Gegenstandes zwei
Gegenstände zu denken, also zwei verschiedene, die höchstens
gleich, aber nicht identisch sein können. Machen wir die Konzession, daß die zwei Gegenstände miteinander identisch sind, ich weiß, das
ist absurd, weil der Begriff identisch das eben gerade verbietet, aber
machen wir’s mal - dann lösen sich alle Probleme. Lassen wir mal die Heringe und Schwalben beiseite - angenommen, der Satellit wird
an einem Punkt seiner Bahn plötzlich in zwei identische Satelliten
verdoppelt und später ebenso plötzlich wieder vereinfacht. Dann ist erst mal die Frage gelöst, woher die Doppel- und Dreifachgänger
kommen. Und nun weiter: Von außen gesehen, also für unser Radar oder für den Eichempfänger des Raumschiffs, sind zwei Satelliten da. Jede Messung vom Satelliten aus wird aber zweimal gemacht,
vom vorderen und vom hinteren, und beide gelten wegen der Identität als Messungen des Satelliten. Alles andere, Sterne, Planet,
ist zu weit weg, als daß der Meßunterschied sichtbar werden könnte, aber vor sich selbst tritt jeder der beiden identischen Satelliten als Sehender und als Gesehener auf, als Sehenden erfassen wir ihn einmal, als Gesehenen aber zweimal, vorn und hinten, im ganzen also dreimal.“
„Das fand ich ja nun noch weniger verständlich“, sagte Woleg, nachdem alle eine Weile geschwiegen hatten. „Aber trotzdem habe ich es jetzt, glaube ich, kapiert. Was meint ihr?“
Elber war offensichtlich in Gedanken versunken, die Zwillinge drückten sich um eine klare Antwort, so fuhr Woleg fort: „Das ist ja alles ganz schön und gut, aber ob uns das nun weiterhilft, wenn wir zwei verrückte Beobachtungen durch eine verrückte Vermutung erklären?“
„Soll ich’s noch mal versuchen zu erklären?“ fragte Hirosh mit scheinheiliger Naivität. Aber er ließ es nicht erst zu Protesten kommen. „Ich wollte ja keine Theorie aufstellen“, sagte er, „ich wollte euch bloß was zum Nachdenken geben, na ja, und nachdenklich seid ihr doch geworden - oder?“
Mit dieser Geschichte allerdings hatte Hirosh sich etwas eingebrockt, was er in den folgenden Tagen nur mit Mühe auslöffeln konnte. Alle Basisleute suchten ihn auf und ließen sich das eine oder andere noch einmal erläutern, so daß Hirosh schon selbst anfing, sich in den Gedanken und Ableitungen zu verheddern, und als die Zwillinge in ihren Fragen die Heringe mit den Schwalben verwechselten, weil sie gar nichts verstanden hatten, tat es ihm beinahe leid, daß er überhaupt davon angefangen hatte.
Dann aber kam Elber noch einmal. „Laß mich den Gedanken mal weiterspinnen“, bat er, „und sag mir, wenn ich einen Denkfehler mache. Also angenommen, der Satellit ist zweimal da, aber identisch. Dann ist auch jedes Teil des einen mit dem entsprechenden Teil des anderen identisch. Richtig? - Gut. Das gilt also auch für die Kameras, die wir außen angebracht haben. Jetzt passiert also folgendes: Die vordere Kamera am vorderen Exemplar nimmt den leeren Himmel auf, die vordere Kamera am hinteren Exemplar nimmt das vordere Exemplar auf, und daher sehen wir auf dem Schirm nur den Satelliten. Wenn beispielsweise vor den beiden Satelliten ein Haifisch schwimmen würde, würden wir den Satelliten und den Haifisch sehen, teilweise ineinanderfließend. Richtig?“
„Ja, falls der Haifisch nicht auch verdoppelt wird.“
„Jetzt etwas anderes. Bisher haben wir das Ganze als Gedankenexperiment angesehen, und wir haben uns also eine vollständige Identität gedacht. Praktisch aber brauchte die Identität nicht vollständig zu sein, sondern nur so weit zu gehen, daß sie uns als solche erscheint. Also so weit, daß sie für unsere Meßgenauigkeit als Identität erscheint. Konkret: Nehmen wir das automatische Protokoll oder die Bilder der Fernsehkameras, dann braucht die Identität der übermittelten Signale nur so weit zu gehen, daß eventuelle Abweichungen von der Computerbearbeitung als Unschärfe korrigiert werden. Richtig?“
„Ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst...“, sagte Hirosh. Aber er bekam darauf eine solche Antwort, daß er sich innerlich schüttelte.
„Das glaube ich nicht“, sagte Elber, „und diesmal bin ich es, der seine Gedanken noch ein wenig für sich behalten will!“ Als er gegangen war, dachte Hirosh lange nach - weniger über das, was Elber gesagt hatte, mehr über seine letzte Äußerung.
Arroganz? Ja, es hatte unglaublich arrogant geklungen, aber für Hirosh mehr
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