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Ziemlich beste Freunde

Ziemlich beste Freunde

Titel: Ziemlich beste Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipe Pozzo di Borgo
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Holzintarsien waren zersägt worden und dienten als Brennmaterial für den Méchoui-Spieß, den sie in den großen – ebenfalls antiken – Kamin eingebaut hatten. Die neuen Fenster hatten der Witterung nicht standgehalten und hingen jetzt schon schief in den Angeln. Ein Nichtbehinderter konnte nicht in den ersten Stock steigen, ohne sich böse den Kopf im Treppenhaus zu stoßen. »Das ist ja für Sie kein Problem. Und für die anderen haben wir einfach immer einen Ersatzrollstuhl da.«
     
    In die Küche kam man nicht vom Esszimmer aus, sondern musste außen herumgehen und bei meinem Badezimmer war die Tür falsch herum eingehängt und zu schmal für einen Rollstuhl. Und das war nur die Spitze des Eisbergs. Ich ließ die Bauarbeiten sofort stoppen.
     
    Auf der Rückfahrt, zur Abwechslung: »Abdel, Sie schlafen, Sie sind viel zu dicht am vorderen Auto dran!«
    »Keine Sorge!«
     
    Und zum x-ten Mal auf dieser Strecke rammte Abdel das Auto vor uns, das abgebremst hatte.
     
    Ich verstehe das ungläubige Staunen von Mireille Dumas.
     
    18 Vie privée, vie publique, Sendung von Mireille Dumas vom Januar 2002.

Die Kapuzinerinnen von Rivière-du-Loup
    Nichts geht mehr. Der Pariser Winter zieht sich quälend in die Länge. Mein Gesicht ist verquollen von Allergien, die Moral am Boden. Ich stehe nicht mehr auf, die Vorhänge bleiben den ganzen Tag geschlossen. Die Tage vergehen ohne Zeitgefühl, ohne Besuch. Nur Musik dringt zu meinem untätigen Geist durch, Richard Strauss’ musikalisches Testament, die Vier letzten Lieder , laufen in Endlosschleife, himmlisch. Abdel ruft meinen Cousin Antoine an, der immer zur Stelle ist, wenn es schwierig wird. Wahrscheinlich weine ich, aber halbherzig. Ich habe es vergessen. Abdel bedeckt mein Gesicht mit einem feuchten Handtuch und legt mir einen Eisbeutel auf die Stirn. Ich verschwinde.
     
    Antoine berät sich mit den Freunden und schlägt einen Aufenthalt in einem kleinen Kapuzinerinnenkloster an der Mündung des Sankt-Lorenz-Stroms, unweit von Rivière-du-Loup, vor.
     
    Während der vierzehntägigen Agapetherapie – das ist griechisch für »Durch Liebe heilen«, erklärt uns mein Cousin (Abdel reibt sich bereits die Hände) – kann man, egal welche Verletzungen oder Fehltritte der Vergangenheit einem auf der Seele lasten, in einer Atmosphäre des Friedens, der Diskretion und der Gemeinschaft Befreiung suchen.
    »Abdel, wir bleiben aber bitte oberhalb der Gürtellinie!«
    »Also, ich bin dabei bei den Kapuzinerinnen!«, sagt er begeistert.
     
    Ich teilte den Kapuzinerinnen mit, dass mich ein Ungläubiger begleiten werde, dessen Anwesenheit für meinen Besuch unentbehrlich sei.
     
    Ein evangelikaler kanadischer Fernsehsender, der sein zehnjähriges Bestehen feierte, lud mich zu einer Talkshow ein. Sie hatten mich schon einmal in Paris interviewt. Die Sendung von damals wurde in Kanada mehrmals wiederholt: Der adelige Tetra in seinem schönen Pariser Stadthaus und seine direkte Art kamen gut an. Ich sagte zu, weil die Talkshow zufällig gleich im Anschluss an unseren Klosteraufenthalt stattfinden sollte.
     
    Auf dem Flug lässt sich Abdel gleich drei Mal Essen bringen.
     
    Bei unserer Ankunft in Montréal soll er ein Auto mieten. Er kommt mit dem größten zurück, das er finden konnte, einer Lincoln-Continental-Limousine mit getönten Scheiben. Es schneit. Wir wollen eine Nacht hier bleiben, bevor wir weiterfahren. Abdel kutschiert uns zum Abendessen in den Rotlichtbezirk der Stadt. Er entdeckt ein Kentucky Fried Chicken, stopft sich mit Hühnchen voll und beäugt die Prostituierten, die draußen auf- und abgehen. Ich verbiete ihm, sich jemanden mit aufs Zimmer zu nehmen. Er erwidert gekränkt, dass er es noch nie nötig hatte, dafür zu bezahlen.
     
    Am nächsten Tag brechen wir im Morgengrauen auf, um die tausend Kilometer im Schneckentempo zurückzulegen. Abdel stellt den Tempomaten ein und döst während der gesamten Fahrt auf der endlosen Autobahn. Dann biegen wir auf eine kleine verschneite Straße ab, die am Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms entlangführt. Es ist dunkel geworden, Abdel hat sich verfahren. Er versteht die Wegbeschreibungen der Einheimischen mit ihrem kanadischen Akzent nicht. Endlich entdecken wir ein großes rechteckiges Holzgebäude, das unvermittelt aus dem Nichts auftaucht. Es thront hoch oben über dem Fluss. Wir parken und eine alte Kapuzinerin – Abdels Gesicht! –, deren Orden das Gelübde der Armut – und, lieber Abdel, der Keuschheit! –

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