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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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gehalten hatte, zufrieden, den Dingen ihren Lauf zu lassen, zufrieden, die Konsequenzen auf mich zu nehmen, die mich an Sie binden würden.«
    Es war nicht mehr als ein Wort- und Gedankenspiel. Sonst nichts. »Wie könnte ein Vater so etwas von seinem eigenen Sohn glauben?«
    »Ganz leicht«, antwortete er, und seine Augen lagen im Schatten des dämmrigen Korridors. »Warum sollte er nicht, nachdem Sie es schon fast glauben?«
    »Das tue ich nicht!«
    »Wirklich nicht, Chere? Wirklich nicht?«
    Sie schenkte ihm einen kühlen Blick. »Es würde mir helfen, mir über meine Gefühle klarzuwerden, wenn Sie mir verraten könnten, warum de Landes immer noch frei ist und seinen Verpflichtungen im Ministerium nachkommt?«
    »Wie kommt es«, fragte er leise, »daß Sie wissen, wo und was er arbeitet?«
    »Was wollen Sie damit andeuten?« fragte sie und richtete sich auf. Ihr Gesicht erbleichte vor Zorn und Angst.
    »Es war eine ganz einfach Frage.«
    »Für wen? Aber Sie brauchen sich deswegen nicht den Kopf zu zerbrechen; es gibt kein Rätsel, keine Ausflüchte. Ich habe ihn im Theater gesehen. Sie hätten ihn ebenfalls dort sehen können, wären Sie nicht mit Ihren reformistischen Freunden beschäftigt gewesen.«
    Hinter den goldenen Speeren seiner Wimpern hervor studierte er sie mit undurchdringlichem Blick. Schließlich sagte er: »Es gibt ein abgedroschenes, aber ausdrucksreiches Sprichwort: >Besser ein Teufel, den man kennt ...<«
    »Soll das heißen, Sie beobachten ihn?«
    »In etwa.«
    »Warum?« Es war eine kühne Frage, aber sie glaubte, er würde darauf genauso reagieren wie auf jede subtile Anspielung.
    »Das wird sich noch herausstellen.«
    Wenn sie geglaubt hatte, auf direktem Wege herauszufinden, was für ein Mann er war, dann hatte sie eine Niederlage hinnehmen müssen. Ihre Miene verhärtete sich. »Bitte sehr. Sie können so geheimniskrämerisch sein, wie Sie wollen.«
    »Sie verdächtigen mich, Ihnen auszuweichen?«
    »Leugnen Sie das etwa?«
    »Glauben Sie nicht«, fragte er nachdenklich, »daß ich eine gefälligere Lüge finden könnte, wenn ich wollte?«
    »Ich glaube, daß bei Ihnen Schlichtheit als bewunderswerte Falschheit dienen kann.«
    Es war ungerecht, daß er so gerade und aufrecht vor ihr stand und in seiner perfekten Gestalt und männlichen Schönheit Stolz und Ehrbarkeit zu verkörpern schien.
    Ohne zu lächeln antwortete er: »Dann werden Sie selbst entscheiden müssen, was von beidem es ist, nicht wahr?«
    Das Wetter war angenehmer geworden, schon beinahe mild. Die Sonne strahlte so hell, daß sie in den Augen schmerzte, und ein Hauch von Frühling lag in der Luft, obwohl es erst Ende Januar war. Die Armen von Paris strömten aus ihren düsteren Wohnungen auf die Straßen, um ihre Gesichter der Sonne entgegenzuhalten; Frauen mit dünnen, stillen Kindern, Bettler in ihren Lumpen. Männer sammelten sich an den Straßenecken, redeten, stritten, marschierten oder sangen auch manchmal, bis sie von den berittenen Gendarmen mit ihren Stöcken und Degen auseinandergetrieben wurden.
    Die Damen im ruthenischen Haus machten, von der Wärme dazu verlockt, einen Spaziergang über die Rue de Faubourg St. Antoine zur Place de la Bastille, dann nach rechts über den Pont d'Austerlitz zum Jardin des Plantes. Die Gärten waren weitläufig, und Tausende verschiedener Pflanzen aus allen Teilen der Welt waren dort ausgestellt, jede in ihrer typischen Umgebung. Es gab riesige Gewächshäuser mit ge-wölbten Glasdächern, die in der Wintersonne glitzerten, und auch eine Kollektion exotischer Tiere, Löwen und Giraffen aus Afrika, mit eingeschlossen.
    Sie schlenderten über die Kieswege zwischen den rechteckigen Blumenbeeten mit ihrem Mulchbelag. Sie nickten den Kinderfräulein mit ihren kleinen Schützlingen im Kinderwagen und den älteren Herren zu, die einen Finger an den Hut legten und sich auf den Bänken unter den noch unbelaubten Bäumen sonnten. Ganz langsam sonderten sich Juliana und Mara von Angeline und Grandmere Helene ab, die sich im gemessenen Tempo älterer Damen bewegten.
    Dämon, der sich an diesem Tag Mara angeschlossen hatte, rannte auf und ab und inspizierte das neue Territorium. Julianas Sophie trottete mit hoch erhobenem Kopf an ihrer Leine, beschnüffelte die Luft, erstarrte und huschte ängstlich unter Julianas Röcke, als ein Löwe brüllte. Tauben kreisten in Schwärmen über ihnen und ließen sich dann auf den Wegen nieder, wo sie umherspazierten und im Kies pickten. Spatzen flatterten

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