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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Ladentheken aus Mahagoniholz.
    »Bonjour«, sagte sie, die höfliche Begrüßung erwidernd, und erklärte dann, daß sie Stoff für ein paar Tageskleider brauche. Sie hatte beschlossen, daß sie mit vier Kleidern ausreichend ausgerüstet wäre. Eines würde sie in Windeseile zusammennähen, um ihre Fähigkeiten zu demonstrieren und um endlich etwas anderes zum Anziehen zu haben als das weiße Seidenkleid, das sie jetzt unter ihrem Umhang verbarg. Das Kleid, das sie bis jetzt getragen hatte, würde sie mit Spitzen und Bändern verzieren und die Risse mit raffiniertem Nähwerk unsichtbar machen, dann konnte sie es als Abendkleid verwenden, sollte sie eines brauchen.
    Worth neigte verstehend den Kopf. »Würden Sie bitte mitkommen, Mademoiselle? Aber ich kenne Sie, nicht wahr? Ach ja, Sie sind die Dame mit dem grauen Schal. Es ist mir eine Freude, Sie wiederzusehen.«
    Hatte Luca das gehört? Sie konnte nicht sicher sein, daß nicht, obwohl sie sich in einiger Entfernung von ihm befanden. Wer hätte gedacht, daß sich der Verkäufer an sie erinnern würde? Wenigstens war er nicht mit ihrem Namen herausgeplatzt, wahrscheinlich, weil er ihn nicht wußte. Sie war einfach irgendeine Kundin gewesen, eine, die ihren Einkauf mitnahm, statt ihn sich schicken zu lassen.
    Der Engländer begann, Stoffballen unter einer Theke hervorzuziehen. Er arbeitete mit Freude, dieser junge Mann von Anfang Zwanzig, und behandelte das Material, als wäre es wertvoll und fast lebendig in seinen Händen.
    Als Mara die juwelengleichen Farben sah, die er aus dem Vorrat herausgezogen hatte, sagte sie: »Nein, nein, ich hätte Ihnen das gleich sagen sollen. Ich brauche etwas Praktisches, vielleicht in Grau oder Braun.«
    »Wie Sie wünschen, Mademoiselle«, antwortete er. Plötzlich trat sein englischer Akzent deutlicher hervor. Stirnrunzelnd hievte er zwei Ballen in der gewünschten Farbe auf die Theke.
    Mara hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, ob der Verkäufer mit ihrer Wahl einverstanden war. Sie nahm nacheinander jeden Stoff in die Hand. Die Stoffe waren aus feinem Wollchallis, fest gewebt und von fast seidiger Beschaffenheit. Sie zögerte trotzdem, berührte erst den einen Ballen, dann den anderen, um sich zu entscheiden. Sie hatte so lange so deprimierende Farben getragen, bevor sie nach Frankreich gekommen war. Nun war die Aussicht nicht gerade verlockend.
    »Gestatten Sie mir einen Vorschlag, Mademoiselle?«
    Sie nickte seufzend.
    »Der Farbton wird Sie überdecken, jede Vitalität aus Ihrem Gesicht nehmen. Das Grau ist besser. Aber am besten wäre dies hier.« Er nahm einen Ballen mit vollem, tiefem Rot, das in den Falten fast lila changierte, und breitete den Stoff über der Theke aus.
    »Er ist wunderschön, aber kaum der Stoff, in dem man die Dienstboten überwacht.«
    »Warum nicht? Man sollte bei einer solchen Aufgabe genauso soignee aussehen wie im Theater oder beim Tee. Und die Farbe schluckt Flecken ebensogut, vielleicht noch besser. Außerdem wird sich ihre Haut in ihrer ganzen Reinheit und Vollkommenheit davon abheben.«
    Er sprach mit solchem Ernst, daß seine Worte überhaupt nicht geschmeichelt klangen. »Sie sind sehr beredt.«
    »Ich habe recht«, sagte er einfach.
    Sie nahm das Burgunderrot und außerdem ein klares, tiefes Blau und ein sattes Grün, zusammen mit dem Grau. Als das erledigt war, stand sie da und überlegte sich, wie sie die Kleider schneidern sollte, damit sie entscheiden konnte, wieviel von jeder Farbe sie brauchte. Es wäre falsch, am Stoff zu sparen, weil man heutzutage soviel zusätzlich an die Kleider nähte, so viele Falten und Bänder, so viele Rüschen und Rosetten und Schleifen, daß man für die Verzierungen manchmal ebensoviel Stoff brauchte wie für das Kleid selbst. Sie sagte das auch laut.
    »Wie wahr, Mademoiselle, und welche Verschwendung, da der übermäßige Schmuck den Blick eher auf das Kleid als auf die Trägerin lenkt. Bei Ihnen wäre es auf jeden Fall ein Fehler. Sie haben das Aussehen einer Madonna von Raffael, Sie strahlen eine solche Leichtigkeit, Natürlichkeit und doch einen Hauch von Sinnlichkeit aus. Sie brauchen keinen zusätzlichen Schmuck.«
    Es war wirklich ein höchst ungewöhnlicher Verkäufer. Ihr lag schon beinahe die Frage auf der Zunge, ob er eine Vorstellung davon habe, wie Frauenkleider aussehen sollten, aber dann verkniff sie sich das. Höchstwahrscheinlich wollte er nur seine Verkäufe steigern, bis er zum Verkaufsleiter ernannt würde und nichts

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