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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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wenigstens vorläufig zuzugeben, damit er nicht auf einer Antwort de Landes' betreffend beharrte?
    Sie senkte die Lider. »Keine Frau denkt gern von sich, daß sie so leicht zu durchschauen ist.«
    »Wirklich nicht?«
    Die Heiterkeit, die langsam, wie von einer angenehmen Erinnerung genährt, in seine Augen drang, verunsicherte sie. »Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß ein Mann das möchte.«
    »Das würde auf den Mann ankommen - und auf die Frau.« Er hob die Hand, öffnete das Visier der Rüstung und ließ es klappernd wieder zufallen.
    Sie hatte plötzlich das Gefühl, daß er sich unwohl fühlte, daß er wünschte, er hätte diese Worte nicht gesagt. Das konnte nur bedeuten, daß er sie bereute. Aber warum sollte er sie bereuen, es sei denn, sie wären wahrer, als er eingestehen wollte? Bevor sie diesem Gedanken allerdings weiter nachgehen konnte, drehte er sich ihr wieder zu.
    »Haben Sie Lamartine kennengelernt? Er hat das Gesicht eines Aristokraten und die Seele eines Metzgers. Er ist ein Poet, der zum Politiker wurde. Das sind die gefährlichsten.«
    Alphonse de Lamartine war von Grandmere Helene und ihrer älteren französischen Cousine als Radikaler in Grund und Boden verdammt worden. Grund dafür waren seine Ansprachen in der Abgeordnetenversammlung und die in den letzten Jahren erfolgte Veröffentlichung seines achtbändigen Werkes Histoire des Girondins, in denen er die Rechte des Proletariats feierte. Sie hatten ihn als Verräter an seiner Klasse bezeichnet, als Feigling, der die stabilste und friedlichste Regierung zu stürzen versuche, die Frankreich in den letzten hundert Jahren gehabt habe, und als Narren, weil er den Botschaftertitel verschmäht hatte, mit dem Louis Philippe ihn aus seiner Reformerrolle zu locken gehofft hatte.
    Er war eine aristokratische Erscheinung, genau wie Roderic angedeutet hatte. Er hielt sich aufrecht, war schlank, hatte ein schmales, intelligentes Gesicht und hellbraunes Haar, das an den Schläfen ergraut war. Er war auf leise Art witzig, wie Mara entdeckte. Es war eine Erholung, sich mit ihm zu unterhalten, vor allem nach den vorangegangenen anstrengenden Wortwechseln mit de Landes und Roderic und den gehässigen Bemerkungen und dem Skandalgeflüster der anderen.
    Roderics Aufmerksamkeit wurde von einer entschlossenen Frau in einem verblüffenden chartreusefarbenen Seidenkleid mit Pünktchen und meilenlanger Seidengimpe beansprucht. Er hörte ihrem Geplapper jedoch nur mit halbem Ohr zu. Sein Blick ruhte auf der Frau in Dunkelblau, die er Chere nannte. Die Röte wich langsam aus ihren Wangen, und ihr Lächeln kam wieder leicht und natürlich, ohne die Gezwungenheit, die auf Angst oder Schuldgefühle schließen ließ. Der Anblick löste einen eigenartigen Schmerz in seinem Inneren aus; sie war in seiner Gegenwart immer auf der Hut. Trotzdem, die Winkel und Schatten, die das Gaslicht auf das Oval ihres Gesichtes zeichnete, die Reinheit ihrer Haut und das weiche Grau ihrer Augen, das durch die tiefe Farbe ihres Kleides noch verstärkt wurde, verliehen ihr eine einzigartige Schönheit. Sie bezauberte ihn täglich mehr, nicht nur durch ihre verlorengegangene Vergangenheit und das Rätsel, das sie darstellte, sondern durch etwas, das er in ihr spürte.
    Am liebsten hätte er sie weiterhin ein Geheimnis bleiben lassen, gewartet, bis sie ihr Gedächtnis von selbst wiederfand oder ihm anvertrauen wollte, was immer sie vor ihm verbarg. Ein- oder zweimal war ihm bereits der Gedanke gekommen, daß es ihm am liebsten wäre, wenn keines von beidem einträfe. Die Wiederkehr ihres Gedächtnisses würde bedeuten, daß sie ihn verlassen und dorthin zurückkehren mußte, wo sie hergekommen war. Wenn sie andererseits Informationen zurückhielt, war sie vielleicht mit einer Absicht zu ihm gekommen, von der er lieber nichts erfahren wollte.
    Er mußte es jedoch erfahren. Es stand zuviel auf dem Spiel, als daß er sich die quichotische Geste leisten konnte, eine Frau unter seinem Dach zu beherbergen, die ihn hintergehen wollte. Luca hatte ihn auf de Landes hingewiesen, hatte ihn als den Mann identifiziert, der Chere im Stoffgeschäft angesprochen hatte. Es war wohl kaum ein Zufall, daß er sich heute abend wieder mit ihr unterhalten hatte. De Landes war wohlbekannt, nicht nur als Beamter des Außenministeriums, sondern auch als Lebemann, als Heimsuchung für die kleinen Näherinnen, die man grisettes nannte. Eine Untersuchung der letzten Aktivitäten dieses Mannes mochte einige

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