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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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die dunklen Ecken streckte, auf der vergoldeten Krone des Wappens über dem Bett glänzte und die weißen Samt- und Seidenvorhänge aufleuchten ließ, die vom Baldachin herunterhingen. Das große Bett war aufgeschlagen. Roderic legte sie, immer noch in ihr Tuch gehüllt, auf der weichen Matratze ab und glitt dann neben sie. Er zog die dicke Daunendecke über sie beide und stützte sich dann auf einen Ellbogen, um sie mit gleichgültiger Miene zu betrachten.
    »Warum?« flüsterte sie die eine Frage, die sie verzehrte. Ihre Lippen waren trocken.
    »Ich bin Gottes Hofnarr, ein Wesen, das nur aus Neugier und Aufopferung besteht. Welchen anderen Grund könnte es geben?«
    »Viele, fürchte ich.«
    »Vielleicht später, doch nicht heute nacht. Schlafen Sie -Chere.«
    Als Mara erwachte, zog die bleiche Wintersonne hinter den Vorhängen auf und erhellte den Raum. Das Feuer im Marmorkamin war zu schwarzer Asche zerfallen, und es war kalt im Schlafzimmer. Das Bett, in dem sie lag, war warm, aber sie lag allein in seiner Pracht und königlichen Größe.
    Sie richtete sich auf. Ihr Haar war wirr, und sie warf es mit einer Kopfbewegung über die Schulter zurück. Sie streckte die Hand aus, um das kühle Leinen zu berühren, wo Roderic gelegen hatte. Die Decke fiel herab, und plötzlich fühlte sie ihre Nacktheit; sie spürte sie innerlich wie einen Verlust. Zugleich war sie sich eines Unbehagens bewußt. Sie hatte die Nacht im Bett des Prinzen verbracht, und nichts war geschehen. Was war mit ihr, daß sie immer noch unberührt war? Natürlich war sie dankbar; sie hatte es nicht eilig, sich ihrem Schicksal zu stellen. Trotzdem war sie Frau genug, um pikiert darüber zu sein, daß er ihrem Charme so leicht widerstehen konnte.
    Ein leises Geräusch kam aus dem Salon. Mara zog blitzschnell die Decke hoch. Einen Augenblick später wurde die
    Tür geöffnet. Lila kam in das Zimmer geschwebt. In der Hand hielt sie ein Tablett mit einer Kanne heißer Schokolade und einem Teller mit Brötchen, und über ihrem Arm lag Maras Unterwäsche, frisch gewaschen, dazu ihr granatrotes Kleid. Das Mädchen stellte das Tablett auf Maras Knien ab und wandte sich dann ab, um die Kleider bereitzulegen.
    Mara fragte nicht, woher die Frau wußte, wo sie zu finden war; es war eine allgemein akzeptierte Tatsache, daß die Dienstboten immer alles wußten. Zweifellos hatte Roderic mit seinem Organisationstalent dafür gesorgt, daß man ihr ein Frühstück und frische Kleider brachte.
    »Wo ist der Prinz?« fragte sie.
    »Er ist ausgegangen, Mademoiselle. Ich weiß nicht wohin.«
    Es blieb ihr anscheinend nichts anderes übrig, als die Schokolade auszutrinken, die Brötchen zu essen und sich an ihr Tagwerk zu machen, als wäre nichts passiert. Um die Wahrheit zu sagen, sie war keineswegs sicher, ob etwas passiert war.
    Als sie angezogen war und das Haar in einer ordentlichen geflochtenen Krone frisiert hatte, verließ Mara das Schlafzimmer. Auf dem Weg durch den Salon hielt sie an, registrierte die Reste von Roderics Frühstück und die verstreuten Überbleibsel seiner Morgenpost, darunter drei zerlesene Zeitungen und einen Stapel von Boten überbrachter Einladungskarten. Unter letzterem erblickte sie einen dicken, schweren Papierumschlag. Sie trat näher, zog ihn an einer Ecke aus dem Abfallstapel. Es war, wie sie erwartet hatte, die Einladung der Vicomtesse de Beausire. Roderic hatte nicht vor, ihr Folge zu leisten, wie nur allzu deutlich erkennbar war.
    Sie mußte etwas unternehmen. Der Gedanke ließ sie während des ganzen restlichen Vormittags und des Nachmittags nicht mehr in Ruhe. Sie durfte sich nicht mehr ablenken lassen. Die Nachricht, daß der Kronprinz von Preußen Paris niesend und vollkommen verschnupft verlassen hatte, war nur vorübergehend von Interesse. Die Eskapade Julianas, die in Lucas Begleitung stundenlang durch die Wildnis des Bois de Boulogne geritten war, ließ sie vollkommen kalt. Eine Küchenkrise, ausgelöst durch die Lieferung einer größeren Menge von Kutteln statt des gewünschten Kalbfleisches, stellte nur eine unbedeutende Störung dar, die beseitigt wurde, ohne daß ihre Aufmerksamkeit mehr als oberflächlich in Anspruch genommen wurde. Die Ankunft eines aufdringlichen Kerls mit einem großen Bündel, der Sarus zu sehen verlangte und zwei Stunden mit dem Majordomus in Roderics Gemächern verschwand, erregte nur milden Widerwillen. Nur eines beschäftigte sie, als der Abend sich zur Nacht wandelte - wo Roderic hingegangen war

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