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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Gesicht eines Kindes mit Sonne im Gemüt. Unter meiner Regierung war Jacinto der Geld-Mann gewesen, der Beobachter von Trends und der Manipulator von Kräften, der unsere Investitionen lenkte, der geduldig an dem Netz des Aktienbesitzes der Roma weiterspann, das sich von Welt zu Welt zu Welt erstreckt. Und Ammagante war seine Kommunikationszauberin, durch deren lange Arme die Instantimpulse flossen, die Jacinto die für ihn unbedingt nötigen Informationen lieferten. Es ruht eine sonderbare Kraft in dieser Frau. Sie redet in Zungen geheime Weisheit. Mein Sohn Shandor – in seiner unendlichen Klugheit – hatte die beiden entlassen, und Jacinto und Ammagante, so hatte Polarca mir zu verstehen gegeben, brachten sie sich jetzt schlecht und recht mit undurchsichtigen privaten Unternehmungsberatungen durch, verdienten mal ein paar Cerce hier, mal dort, und es gelang ihnen, irgendwie kümmerlich über die Runden zu kommen. Da ich sie ja wirklich gut kenne, konnte ich mir leicht vorstellen, wie kümmerlich ihre Einkünfte geworden sein mochten.
    Dasselbe Schiff brachte auch dieses schlaue alte Hexenweib mit, die Bibi Savina, unsere phuri dai, die Mutter des Stammes. Die gewisslich eine Königin gewesen wäre unter unserm Volk, wenn die Dinge anders lägen. (Wir können nun einmal keine Frauen zu Königen haben – es ist nicht üblich, und es wurde nie praktiziert –, doch auf ihre Art ist die Phuri Dai ebenso bedeutend wie der König. Manchmal sogar viel bedeutender. Wehe dem Roma-König, der ihren Rat missachtet oder ihr die hohe Stellung streitig macht. Es gab einige, die es versuchten – sie haben es bereut.)
    In meinem Hirn erscheint mir Bibi Savina als unglaublich alt, als über die Maßen betagt. Dies rührt von den Visitationen her, mit denen sie mich bedachte, als ich noch ein kleiner Hosenscheißer war und sie ein Gespenst. Vor vielen Generationen war das. Faktisch aber ist sie jünger als ich, um etwa dreißig Jahre oder so, auch wenn sie es vorzieht, in der Gestalt eines alten Weibes aufzutreten. Ich begrüßte sie mit großem Respekt, ja sogar mit einem Anflug von ehrfürchtiger Scheu. (Ha! Ich und Ehrfurcht!) Aber sie verdient es. Sie ist ein Brunnen der Weisheit und ein Behältnis der Kraft. Und natürlich hatte der Regierungswechsel auf Galgala keinen Einfluss auf ihre Autorität gehabt: die Phuri Dai wird nicht vom König bestimmt, sondern durch den Willen des ganzen Stammes selbst erwählt, und sobald sie einmal im Amt ist, hat kein König die Macht, sie abzusetzen. Und sogar mein unbesonnener Sohn Shandor hatte noch genügend Verstand gehabt, sich nicht auf einen Machtkampf mit Bibi Savina einzulassen. Doch dass sie auf meinen Wink hin nach Xamur geflogen war, verriet mir, welcher Seite sie sich verpflichtet fühlte.
    Danach traf Biznaga ein: mein Botschafter beim Kaiserlichen Hof, mein Verbindungsmann zur Galaktischen Regierung. Elegant und geschmeidig war er, liebenswürdig und gefasst, wie es sich für Diplomaten gebührt, und exzellent gekleidet, was gleichfalls seinem Beruf entsprach: Ich habe niemals einen so gutangezogenen Mann getroffen wie Biznaga. Er kam aus der Hauptstadt, wo er zurückgezogen als Ex-Botschafter gelebt hatte, denn Shandor hatte auch ihn aufs Altenteil geschickt. Anscheinend vertraute er niemandem unter meinen Leuten. Ich frage mich nur, warum.
    Aus Marajo, wohin er sich nach seinem Besuch in meiner verschneiten Exilwelt begeben hatte, um sich um seine privaten Geschäftsinteressen zu kümmern, traf mein Vetter Damiano ein. Zu meiner Überraschung brachte er den jungen Chorian mit, der der erste der zwei nichtgebetenen Gäste war.
    Polarca gefiel es überhaupt nicht. Er zog Damiano und mich beiseite und fragte: »Was in Mohammads Namen macht der denn hier?«
    »Ich habe mir gedacht, dass er ganz nützlich sein könnte«, sagte Damiano. »Er sieht die Dinge mit ungetrübten Augen, und in ihm fließt das echte feurige Roma-Blut. Außerdem hat er sich mir mehr als nur einmal nützlich erwiesen.«
    Diese schöne Beschwichtigungsrede beeindruckte Polarca keineswegs. »Aber er steht in Sunteils Diensten, oder? Wollt ihr, dass das, was wir hier besprechen, brühwarm an Sunteil weitergereicht wird?«
    »Ein und dieselbe Sonne wird an einem einzigen Tag zweimal aufgehen, ehe so etwas geschieht«, antwortete Damiano und funkelte Polarca mit seinem berühmten stoßbereiten Dolchblick an. »Er mag ja sein Gehalt von Sunteil beziehen, aber sein Herz steht auf unserer Seite. Mögen alle

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