Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
Partners, der gelernt hatte, über die
Fehler des anderen hinwegzusehen. Florian beobachtete die Blicke, die seine Eltern
tauschten, ihre Körpersprache, und er fragte sich, ob sie inzwischen wieder zusammen
waren, allerdings fand er keine eindeutige Antwort darauf.
»Darf ich
deinen Redefluss kurz unterbrechen?« Er lächelte seine Mutter an, während er sich
ein Stückchen Fleisch in den Mund schob.
Marie-Louise
sah erstaunt auf. »Natürlich …«
»Ich möchte
dich noch etwas in Sachen Sabrina fragen.«
Jana kehrte
zurück und setzte sich neben ihn. Sie legte ihre Serviette auf den Schoß und begann
wortlos zu essen. Er meinte zu spüren, dass sie im Vergleich zu vorher ein kleines
Stück von ihm abgerückt war.
»Bitte …
Ich weiß zwar nicht, ob ich dir weiterhelfen kann, aber frage mich ruhig.« Erwartungsvoll
sah sie ihren Sohn an, dann fügte sie an Jana gewandt hinzu: »Er denkt immer, ich
hätte für alles eine Lösung …«
Jana und
Florian sahen sich an, und unter dem Tisch legte Florian begütigend seine Hand auf
ihr Bein. Es regte sich nicht.
»Aus welchem
Land in Mittelamerika kommt Luz, Sabrinas Tochter? Weißt du das?«, fragte er.
Seine Mutter
runzelte die Stirn. »Keine Ahnung.«
»Guatemala
vielleicht?«, fragte Florian.
»Möglicherweise
auch Guatemala …«, Marie-Louise Halstaff strich sich durch ihr halblanges Haar.
»Kann sein, dass Luz von dort stammt, aber ich weiß es nicht.«
»Ich habe
heute von dieser Gasexplosion in der Zeitung gelesen, da war die Rede von einer
Guatemaltekin, die sie suchen, und plötzlich dachte ich, dass Luz auch etwas Guatemaltekisches
an sich hat. Die Augen, ihre Haut, ihr Wuchs … du hast doch die Fotos gesehen, die
ich während meines Urlaubs dort geschossen habe. Findest du nicht, dass sie wie
die Kinder dort aussieht?«, wollte Florian von seiner Mutter wissen.
Marie-Louise
sah ihn nachdenklich an. »Du kannst recht haben. Doch, ja … warte mal …« Mit einer
theatralischen Geste drückte sie einen Handrücken gegen die Stirn. »Ich meine, Sabrina
und Sam sind tatsächlich damals nach Guatemala geflogen, um ihre Adoptivtochter
abzuholen.«
»Aber warum
hätte Sabrina sich für ein guatemaltekisches Kind entscheiden sollen und nicht für
eins aus Deutschland, Asien oder Russland?«, fragte Jana.
»Vermutlich
ist das Adoptions-Procedere dort einfacher. Ich meine, es muss eine Menge bürokratischer
Papierkram erledigt werden, bevor man ein Kind mit nach Hause nehmen kann«, sagte
Florian. Es entstand eine kleine Pause. »Vielleicht fand Sabrina die Kinder dort
auch hübscher«, gab Marie-Louise zu bedenken.
Jana hüstelte.
»So köstlich
es schmeckt, ich muss aufpassen, die Linie …Sie haben damit noch keine Probleme,
oder?«, ließ Florians Mutter sich vernehmen. Fragend schaute sie Jana an, die irritiert
den Kopf schüttelte. Marie-Louise Halstaff begann, in ihrer Handtasche zu kramen,
und schließlich zog sie daraus eine Schachtel mit Pillen hervor. »Artischockenextrakt,
er kurbelt den Stoffwechsel an«, sagte sie und fragte: »Wollen Sie auch eine?« Mit
dem verschwörerischen Blick, den Frauen manchmal aufsetzen, wenn es um ausgesprochen
weibliche Themen geht, hielt sie Jana die Silberfolie mit den Pillen hin.
»Nein, danke«,
lehnte Jana ab und fragte: »Wäre das nicht eher etwas für Ihren Sohn?«
Florian
grinste breit, dann streckte er die Hand aus. »Immer her damit.«
»Ich nehme
auch eine«, sagte Florians Vater.
Während
seine Mutter in jede Handfläche zwei Pillen drückte, sagte sie wie nebenbei: »Ach
ja, da fällt mir noch etwas ein … ich weiß nicht, ob es dich interessiert … aber
ich glaube, Sam hat beinahe 30.000 Dollar für das Mädchen bezahlt.«
Freitag, 15. Juli, früher Nachmittag
Florian und Jana hatten zu viel
gegessen und fühlten sich daher träge. Langsam schlenderten sie vom Restaurant zurück
zum Büro von Profi Entertainment, den Hansaring entlang. An ihre Ohren drang
Autolärm und laute Musik aus den Autoradios, und hin und wieder wirbelte ein Fahrer
Staub auf und hinterließ den Geruch verbrannten Gummis, wenn er an einer der Ampeln
besonders viel Gas gab. Der Ring war als Rennstrecke bekannt, beliebt vor allem
bei jüngeren BMW-Fahrern mit Kaugummi im Mund und Goldkettchen am Hals. Asphalt-Rambos,
deren Raserei bereits einige Menschen zum Opfer gefallen waren.
»Deine Mutter
ist gewöhnungsbedürftig«, sagte Jana, und Florian hörte den Missmut in ihrer Stimme
und sah ihn in ihrem Blick.
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