Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
bitte nie mehr zurück.«
Luz war nicht mehr da, als er zu
Jana zurückkehrte. Sie aber saß noch immer an derselben Stelle auf der Mauer, den
Rücken an einen Baumstamm gelehnt und ließ sich die Nachmittagssonne ins Gesicht
scheinen. Vermutlich hat sie morgen wieder einige Sommersprossen mehr, dachte Florian.
»Wo ist
Luz? Konntest du sie nicht länger beschäftigen?« Suchend sah er sich um.
»Sie wollte
unbedingt los, nach Hause, ich hatte keine Chance.«
Florian
seufzte.
»Tut mir
leid.« Jana strich sich über ihr ultrakurzes, dunkelbraunes Haar. »Ich glaube, sie
hat die Wahrheit gesagt, sie kennt den Mann nicht.«
»Hast du
irgendetwas aus ihr herausbekommen?«
»Der Typ
hat ihr tatsächlich ein Foto gezeigt, du hast richtig vermutet. Luz sagt, es sei
eine Frau darauf gewesen, und er habe von ihr wissen wollen, ob sie die Frau kenne
und ob sie wisse, wo sie sich aufhalte.«
»Was hat
sie geantwortet?«
»Sie hat
gesagt, dass sie nicht wisse, wer die Frau sei, aber ich bin mir da nicht so sicher.«
»Warum?«
»Als ich
sie danach fragte, wie die Frau ausgesehen habe, hat sie geantwortet, das habe sie
vergessen …«
»Hört sich
nach einer Ausrede an.«
»Eben. Luz
hat übrigens auf alles, was ich von ihr wissen wollte, mit weiß ich nicht geantwortet. Nicht gerade sehr gesprächig, das Kind.«
Florian
setzte sich neben Jana auf die Mauer. »Sie hat den Bus genommen«, sagte Jana und
fügte hinzu: »Vorsichtshalber habe ich sie zur Haltestelle gebracht und mich vergewissert,
dass dieser Typ nicht noch einmal auftaucht. Sie sagt, sie fahre immer mit dem Bus
nach Hause.«
Florian
schwieg einen Moment. »Hast du heute Abend Zeit?«
»Nein.«
»Schade.
Ich hatte mich schon auf ein paar schöne Stunden mit dir gefreut.«
Er holte
einen Zettel aus der Brusttasche seines Hemdes und zeigte ihn ihr.
Jana zog
die Augenbrauen hoch. »Was ist das?«
»Die Quittung
aus dem Frauensexshop, die in Sabrinas Portemonnaie steckte.«
Sie sah
ihn an.
»Ich würde
gern mit dir dort hingehen und die Verkäuferinnen fragen, ob sie sich an Sabrina
und eventuell an eine Begleitung erinnern können. Vielleicht war sie Stammkundin
…womöglich war sie nicht allein dort.«
»Ein Foto
von ihr wäre hilfreich.«
»Hab’ ich.«
Er zog das Foto aus der Tasche, und beide beugten den Kopf darüber. Keiner sagte
etwas. Nach einer Weile räusperte Jana sich. »Gut«, sagte sie schließlich und fügte
fragend hinzu: »Dir ist klar, dass Männer in einem Frauensexshop nichts zu suchen
haben?«
Er lächelte.
»Deswegen gehst du ja erst einmal ohne mich da rein, und ich komme dann einige Minuten
später nach.«
Sonnabend, 16. Juli, vormittags
Er klopfte mehrfach mit der Faust
auf den Tresen der Theke und rief laut nach der Bedienung, aber sein Ruf verhallte
ungehört. Seit gestern morgen überkam ihn beinahe permanent der Drang, etwas Scharfes
zu sich zu nehmen, etwas, das innerlich wärmte und seine Unruhe bekämpfte, und je
näher der Abend rückte, desto hochprozentiger wurden die Getränke.
Er rief
noch einmal nach der Bedienung, aber nichts rührte sich. Laut seufzend verlagerte
er ungeduldig sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Das Schicksal meinte es
nicht besonders gut mit ihm. Die Explosion hatte nicht das erhoffte Resultat erzielt,
und die Tatsache, dass sie irgendwo da draußen nach neuen Möglichkeiten suchte,
ihm das Leben schwer zu machen, machte ihn nervös. Sehr nervös.
Die Spanierin
war tot, sein handwerkliches Geschick war unter Beweis gestellt, aber warum war
Dele Sanchi nicht im Wohnwagen gewesen? Das wusste der Himmel.
Er klopfte
erneut auf den Tresen, diesmal länger und heftiger, und endlich flog die Tür auf,
die von der Küche in den Gastraum führte.
»Was darf
ich Ihnen bringen?«, rief ihm der Kellner zu und stoppte kurz vor ihm, drei Teller
auf dem Arm balancierend. Sie verströmten den Geruch von Ei und gebratenem Speck.
»Einen doppelten
Averna mit viel Eis, bringen Sie ihn auf die Terrasse, und eine Flasche Wasser bitte.«
Mit diesen Worten folgte er dem Bediensteten, der sich schon wieder in Bewegung
gesetzt hatte, hinaus in den Sonnenschein. Von der Wucht der Strahlen geblendet,
schloss er die Augen. Das grelle Licht war so unbarmherzig, dass er am liebsten
auf einen AUS-Schalter gedrückt hätte. Schnell zog er seine Sonnenbrille aus der
Hosentasche, setzte sie auf und steuerte auf einen Tisch an der Mauer zum See zu.
Dort setzte er sich so, dass er ungestört auf
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