Zirkus Mortale: Kriminalroman (German Edition)
und winseln
um Verzeihung …«
Florian
strich sich mit beiden Händen durchs Haar. »Ja, aber das ist krank.«
»Genau.«
Florian
atmete tief durch. »Und womit hat er ihr Gesicht zertrümmert?«
»Mit einem
Stein, wie wir bereits vermutet hatten. Nach dem Mord hat er ihn weit hinaus in
den See geschleudert.«
Etwas umständlich
zog er ein Taschentuch aus der Hosentasche und nieste hinein. Der Anfall dauerte
einen Moment, und erst, als wieder Ruhe eingekehrt war, fuhr die Kommissarin fort:
»Die Mordwaffe gehörte übrigens tatsächlich Sam. Ron Gayle hat sie im Fußraum des
Wagen seines Hauswarts in der Eifel entdeckt, der hatte Sam die Waffe offenbar bei
seinem letzten Besuch gestohlen. So ein Hauswart, der gern jagt, aber nicht viel
Geld besitzt, kann schon einmal in Versuchung geraten, wenn sich gleich mehrere
Schusswaffen auf einmal unverschlossen und unbeaufsichtigt im Haus des Dienstherrn
befinden«, erklärte sie und fuhr fort: »In jedem Fall hat Ron Gayle die Waffe in
einem spontanen Entschluss aus dem Auto geholt, sie einfach an sich genommen und
dann in seinem Keller versteckt. Das ist zu einem Zeitpunkt geschehen, als Sabrina
ihn schon erpresste.«
Rössner
ging hinüber zum Fenster und fragte: »Stört es Sie, wenn ich es öffne?«
Florian
schüttelte den Kopf, und der Kommissar riss es weit auf.
Florian
fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Weswegen hat er Sam umgebracht?«
»Sabrina
musste die Unterlagen, mit denen sie ihm drohte, ja irgendwo deponiert haben. Es
wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er sie fand.«
Verkehrslärm
drang zu ihnen ins Zimmer, und Florian sehnte sich in diesem Moment nach Ruhe. Er
runzelte die Stirn. »Und wo war Sam, als Sabrina umgebracht wurde?«
»Die Frage
kann ich Ihnen beantworten«, erwiderte der Kriminalhauptkommissar. »An dem Abend,
als Sabrina starb, war Sam in der Kanzlei, so behauptet es Ron Gayle. Eifersüchtig
wie er war, hat er seinen Schreibtisch durchsucht, in der Hoffnung, irgendeinen
Beweis zu finden. Hat er jedoch nicht …«
»Das hätte
er Ihnen doch sagen können!«
»Dann hätte
auch Ron Gayle es erfahren, weil er plötzlich zum Kreis der Verdächtigen gezählt
hätte, und Sam wollte seinen Job nicht riskieren.«
»Okay, das
kann ich nachvollziehen. Aber wieso hat Ron Gayle Sam ein neues Alibi geliefert?«
»Er wollte
ihn zum Schweigen bringen, und das ging nur außerhalb des Gefängnisses. Sam war
eine tickende Zeitbombe für ihn.«
Florian
nickte versonnen.
»Das Gleiche
gilt für Dele«, sagte der Kriminalhauptkommissar. »Um sie aus ihrem Versteck zu
locken, hat er Luz benutzt. Er hatte schon vorher versucht, von ihr in Erfahrung
zu bringen, wo Dele sich aufhält … und Sie haben ihn dabei fotografiert.« Marko
Rössner kratzte sich hinterm Ohr. »Er hat sie übrigens gezwungen, von der Brücke
zu springen, weil er wollte, dass es wie Selbstmord aussah. Gibt es sonst noch etwas,
was Sie interessieren könnte?«, fragte er mit freundlicher Ironie in der Stimme.
Florian
lächelte. »Wer von Ihnen beiden wird in der Sendung am Dienstag bei uns auf dem
Talksofa sitzen?«
Die beiden
Kommissare wechselten einen langen Blick. Irgendwann räusperte Marko Rössner sich,
deutete mit dem Kopf Richtung Sylvia Gerlach und sagte: »Die junge, aufstrebende
Kriminalkommissarin da vorn.«
Montag, 25. Juli, nachmittags
Florian und Jana saßen im Neonlicht
des Krankenhausflurs auf einer Bank und warteten. Hin und wieder huschte eine Schwester
in Kittel und Gesundheitsschuhen an ihnen vorbei, ein Tablett mit Medikamenten in
der Hand, und manchmal sahen sie auch einen Arzt, der eilig in einem der Krankenzimmer
verschwand. Es herrschte eine dumpfe Atmosphäre, und Florian verspürte in diesem
Augenblick tiefe Dankbarkeit, dass seine alltägliche Wirklichkeit aus anderen Bildern
bestand. Die Hektik bei Profi Entertainment, über die er so oft fluchte,
erschien ihm plötzlich in einem freundlichen Licht. Die lauten Stimmen auf den Fluren
der Redaktion, das Knallen der Türen, die Sticheleien unter Kollegen, ja selbst
Curts Selbstgefälligkeit und Hermann Barricks eitles Machtgehabe waren in diesem
Moment ein farbenprächtiges Mosaik mit willkommenen Versatzstücken seines Lebens.
»Können
wir jetzt zu ihr?«, rief Florian einer Schwester hinterher, die auf leisen Sohlen
an ihnen vorüber glitt. »Ist sie wach?«
»Nein, sie
schläft noch immer.«
Florian
seufzte und lehnte den Kopf an die Wand. Dele war am
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