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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Be­we­gun­gen ei­nes zer­brech­li­chen Vö­gel­chens, das ge­naue Ge­gen­stück zu Raims rau­her Le­bens­art, der ex­ak­te Ge­gen­satz zu ihm. Er hat­te sie so in­nig ge­liebt, daß seit ih­rem schreck­li­chen Tod vor so vie­len Jah­ren kei­ne Frau mehr sein Herz ge­win­nen konn­te.
    Aber wo­her wuß­te die­ses We­sen von Ma­ri­se?
    Er dach­te an sei­ne jun­ge Braut und an den An­griff auf Maar­a­din, dar­an, wie die Burg zeit­wei­se im Be­sitz des Fein­des war, wie Ma­ri­se vom An­sturm der In­va­so­ren über­rascht wor­den war, an den Mo­ment, als er ih­ren zer­schmet­ter­ten, leb­lo­sen Kör­per auf dem stau­bi­gen, ver­las­se­nen Schlacht­feld ge­fun­den und sich auf ih­re Mör­der ge­stürzt hat­te, nur mit dem ein­zi­gen Ge­dan­ken im Kopf, sie im To­de zu be­glei­ten.
    „Ich ken­ne Ma­ri­se, Mu­si­ker. Ich bin ihr Herr­scher.“
    Raim er­schau­der­te, als er in die Fal­ten der Ka­pu­ze die­ser Ge­stalt starr­te, sie durch­bohr­te, um im Schat­ten die Spur von Zü­gen zu ent­de­cken. Das konn­te nicht der Tod sein, dem er da be­geg­net war. Ein sol­ches We­sen, ei­ne sol­che En­ti­tät, exis­tier­te nicht, au­ßer in den Köp­fen der Men­schen.
    „Ich bin ziem­lich re­al. Und ich bie­te dir dei­ne Ma­ri­se an.“
    Ma­ri­se! Ma­ri­se! Der Ge­dan­ke dar­an, sie wie­der­zu­se­hen, über­flu­te­te ihn mit ei­nem un­ge­ord­ne­ten, ir­ra­tio­na­len Ge­fühlss­trom, ei­ner Mi­schung aus Pa­nik und un­un­ter­drück­ba­rer Freu­de. Al­ler Ver­stand, al­le Ra­tio­na­li­tät ent­schwan­den vor die­sem Ge­fühls­sturm.
    „Du kannst sie ha­ben. Du darfst sie aus die­ser Un­ter­welt des To­des und der ewi­gen Fins­ter­nis füh­ren …“
    Wie?! Sag mir, was ich tun muß! Wo ist sie?
    „Du wirst die­sem Elms­feu­er fol­gen“, sag­te das We­sen, und ein Irr­licht er­schi­en. Es tanz­te vor der Ge­stalt auf und ab. „Und du wirst dein In­stru­ment so bla­sen, wie du das noch nie zu­vor ge­tan hast.“
    Wie bit­te?
    „Um in die Welt der To­ten ein­drin­gen zu kön­nen, mußt du die dor­ti­gen Wäch­ter und Be­woh­ner be­zau­bern, sonst wirst du nie­mals zu­rück­keh­ren kön­nen. Du folgst dem Irr­licht, bist du sie ge­fun­den hast – und die gan­ze Zeit über mußt du spie­len.“
    Das will ich tun! Ich tue al­les›was du sagst! Sein Herz schlug wie ein Schmie­de­ham­mer und droh­te, sei­ne Brust zu zer­spren­gen. Er kam sich vor wie ein Reh in ei­nem bren­nen­den Wald, und er war be­reit, blind­lings auf die Er­fül­lung sei­ner Wün­sche los­zu­ren­nen.
    „Und es gibt noch mehr zu tun. Du darfst nicht auf­hö­ren zu spie­len. Du darfst nicht mit ihr spre­chen, bis du hier­her zu­rück­ge­kehrt bist, bis du mei­ne Welt ver­las­sen hast. Und ein Letz­tes: So­bald du die Rück­rei­se von der Un­ter­welt an­ge­tre­ten hast, darfst du dich nicht mehr nach ihr um­se­hen. Du darfst nicht zu­rück­bli­cken, bis du hier ein­ge­trof­fen bist. Ver­stan­den?“
    Raim nick­te und be­ob­ach­te­te das Irr­licht, wie es durch einen dunklen, stäh­ler­nen Tun­nel hin­ab­glitt, der jetzt eher wie die aus dem Fels ge­schnit­te­nen, gla­sier­ten Wän­de ei­ner Höh­le wirk­te.
    Die Rei­se führ­te ihn in die ab­so­lu­te Dun­kel­heit. Die Ka­pu­zen­ge­stalt war wie der Rauch ver­schwun­den, der sie zu sein schi­en. Die Gän­ge der Zi­ta­del­le ver­wan­del­ten sich in kah­le, ab­wärts ge­neig­te Tun­nels, die im mat­ten Schein des Irr­lichts wie der un­be­grenz­te Schlund ei­nes Raub­tie­res aus­sa­hen. Raims Mu­sik hall­te von über­all wi­der – wie ein wun­der­ba­rer An­grei­fer stör­te sie die Stil­le.
    Er kam an ei­nem ge­fähr­li­chen Un­tier vor­bei, das sich beim nä­he­ren Hin­se­hen als Wolf ent­pupp­te, des­sen äu­ßerst kraft­vol­ler, seh­ni­ger Kör­per von ei­ner mas­si­ven Ket­te an ei­nem Fel­sen fest­ge­hal­ten wur­de. Aus sei­nem Hals wuch­sen drei Köp­fe, und al­le drei starr­ten ihn an. Drei Au­gen­paa­re brann­ten auf ihm, drei zahn­be­wehr­te Mäu­ler gei­fer­ten und lie­ßen da­mit ihr Vor­ha­ben er­ken­nen, dem Mu­si­ker das Fleisch von den Rip­pen zu rei­ßen. Aber Raim er­in­ner­te sich an die Wor­te die­ses Plu­to und

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