ZITRONENLIMONADE (German Edition)
haben würden. Blitzartig schoss mir durch den Kopf, wie oft sie
wohl schon bei ihm auf Besuch gewesen und in meinem Bett gelegen hatte?
Wütend
fauchte ich ihn an. "Es ist mir scheißegal, was du willst. Ich brauche
mein Geld. Verkauf doch meinen Anteil an deine betuchte neue Freundin, für
deren Papi ist diese Summe doch ein Klacks! Ich erwarte von dir, dass du diese
Wohnung schätzen lässt und mir dann innerhalb der nächsten drei Monate meinen
Anteil überweisen wirst. Und jetzt lass mich bitte allein, wir haben alles
geklärt, mehr ist nicht zu sagen. Leb wohl, Mark."
Ich
spürte, dass ich mich dicht vor einem Nervenzusammenbruch befand, deswegen
wollte ich ihn rasch loswerden, bevor ich vollends ausflippen konnte. Unschlüssig
stand er vor mir. "Chris, sollen wir die letzten sechs Jahre tatsächlich
so beenden?"
"
Was willst du denn noch, verdammt noch mal? Einen Abschiedsfick
vielleicht?" Jetzt hatte ich genug. Er sollte endlich abhauen, deswegen wurde
ich derb. Und es wirkte. Um das Ganze abzukürzen, fauchte ich ihm noch ein "Verpiss´dich endlich!" ins Gesicht. Sichtlich tief getroffen - wieso
eigentlich? Wer hatte hier eine sechsjährige Beziehung leichtsinnig hin
geschmissen? - wandte er sich zum Gehen. Mit der Hand an der Türklinke drehte
er sich nochmals zu mir.
"Du bist gekränkt und verletzt, Chris."
Gut erkannt, Watson! Ganz plötzlich - aber leider zu spät für mich - schien ihm
Einfühlungsvermögen zuteil geworden zu sein.
"Aber
lass uns Freunde bleiben. Ich bin jederzeit für dich da, wenn du mich
brauchst." Damit fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Keine Sekunde zu
früh, sonst hätte ich mich doch noch vergessen und ihm einen der dicken Romane
nachgeworfen, die neben mir auf dem Nachtkästchen lagen. So ein edler Ritter! Jederzeit
für mich da, dass ich nicht lachte! Jederzeit, wenn er nicht in der Kanzlei
oder mit seiner neuen Flamme beschäftigt war. Aber vor sich selber stand er
jetzt gut da, er hatte mir doch ganz uneigennützig seine Unterstützung und
seine Freundschaft angeboten, nicht wahr?
Als
ich allein in dem plötzlich zu großen stillen Raum stand, verflog meine Wut und
mich überkam das heulende Elend. Bisher hatte ich irgendwo im Hinterkopf immer
noch die leise Hoffnung gehabt, Mark und ich bildeten eine untrennbare Einheit
und Marla wäre dabei ein einmaliger Fehltritt, ein mikroskopisch kleiner Haarriss,
den man kitten könnte.
Mein
Vertrauen in ihn war erschüttert, ja, aber ich hätte ihm verziehen. Gelegenheit
macht Diebe, nicht wahr? Und unser Fall war ja dazu noch besonders gelagert Er
stand sowohl beruflich wie auch privat unter enormem Druck, wir waren räumlich
lange voneinander getrennt gewesen und wenn er tatsächlich nur einen
One-Night-Stand, noch dazu unter Alkoholeinfluss, gehabt hätte, wäre ich
durchaus in der Lage und willens gewesen, ihm diesen zu verzeihen.
Aber
ein Verhältnis, bei dem ich wochenlang
hintergangen und getäuscht worden war - am wenigsten packte ich, dass er
skrupellos mit uns beiden im Bett gewesen war - konnte und wollte ich nicht
vergeben. Ebenfalls nicht, dass meine Rivalin eine geistfreie Zwanzigjährige,
von Beruf Tochter, mit hervorstechend optischen Vorzügen war…Also schien es
völlig logisch, dass wir Schluss gemacht hatten.
Mein
Verstand argumentierte klar und folgerichtig, aber warum schrie dann alles in
mir danach, dass er zurückkommen, mich in die Arme schließen und mir erzählen
möge, ich sei seine einzige wahre Liebe?
Was
war nur in letzter Zeit los? Warum wurde mir ständig aufs Neue der Boden
buchstäblich unter den Füßen weggezogen? Erst sehr spät richtete ich mich
völlig mechanisch fürs Bett, wälzte mich wieder einmal bis Mitternacht
schlaflos herum und wachte nach einem vierstündigen Erschöpfungsschlaf im
Morgengrauen auf, um weiter in einer Endlosschleife von düsteren Gedanken
gefangen zu sein.
Kapitel Einunddreißig
Mittlerweile
sah man mir das ständige Schlafdefizit an: Meine Haut hatte einen fahlen
Graustich angenommen, unter meinen Augen machten sich tiefe dunkle Ringe breit
und ich bewegte mich langsam wie eine alte Frau. Mir graute davor, in den
Frühstückssaal hinunter fahren zu müssen. Ich hatte keinerlei Appetit und hätte
mich am liebsten für immer unter meiner Bettdecke verkrochen. Aber es half nichts,
ich musste raus, wenn ich kein Aufsehen erregen wollte.
Ich
sah es förmlich vor mir: Wenn das Pflegepersonal oder die Therapeuten davon
erfahren würden, dass
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