Zitronentagetes
Schnucki?«
»Passt zu dir.«
»Danke schön, ich nehme das als Kompliment.«
»Bitte sehr.«
»Du solltest dich bemühen, alles ein wenig positiver zu sehen«, sagte sie während der Fahrt.
»Verschone mich.«
»Das hättest du wohl gern. Aber schau: Ich meine nichts Hochtrabendes. Nehmen wir die wunderschöne Landschaft. Die Sonne scheint jetzt viel länger, die Obstbäume beginnen zu blühen, das Gras hat einen herrlich saftigen Grünton. Erfreue dich an den kleinen Dingen. Dazu musst du aber bereit sein. Viele Menschen wissen, dass sie unglücklich sind, doch die meisten wissen nicht, wie glücklich sie sind.«
»Wir sind da«, sagte er.
Flo setzte ihn an der Ranch ab.
*
Scott und Naomi liefen die Lincoln Street entlang. Hinter einem der Gartenzäune entdeckte er plötzlich Marc Cumberland, der harkte. Eine typische Samstagvormittag-Beschäftigung.
»Hallo. Naomi wollte unbedingt spazieren gehen.«
»Kein Wunder bei dem Wetter.«
Flo band gerade ein paar Blumensträuße und Naomi ging zu ihr.
»Hinter dem Haus gibt es eine Veranda. Dort sitzt es sich herrlich. Wann immer du Lust auf ein Bierchen hast … Ich schmeiße gern auch den Grill an«, lud Marc ihn ein.
»Hört sich gut an.«
»Wir könnten auch ins Kino gehen oder irgendwas anderes machen. Aurelia Hart hat angeboten, hin und wieder auf Naomi aufzupassen. Ich habe sie zufällig im Krankenhaus getroffen, als ich zur Gymnastik wollte«, stellte Marc rasch klar, als sein Blick wachsamer wurde. »Neben all der Trauer … die du zweifellos immer noch empfindest … könnte ich mir vorstellen, dass du trotzdem Lust hast, was zu unternehmen. Durch Lizas Krankheit war sicher einiges nicht machbar.«
»Wie kommst du darauf, dass sie krank war?«
»Nun, Mrs. Hart …«
»Typisch Aurelia«, schnitt er Marc das Wort ab. »Sie übertreibt gern. Ist ja im Grunde kein Wunder, da sie zu viel Zeit hat, um über alles Mögliche nachzudenken. Manchmal bekommt sie, bedingt durch ihre eigene Erkrankung, Schübe, bei denen sie nicht aus dem Haus kann. Da liegt es nahe …« Scott merkte, dass Cumberland ihn intensiv ansah. »Liza übertrieb es manchmal, sie war sprunghaft und hatte auch ihre Launen. Aber bei welcher Frau ist das nicht so, hm?«
»Stimmt«, murmelte Marc und zuckte mit den Schultern.
Sie verabredeten sich für den nächsten Samstag.
Scott rief Naomi herbei und betrachtete ihr unschuldiges Lächeln. Um ihretwillen musste er weiter auf der Hut sein. Er war nicht so weit gekommen, um jetzt alles zu verlieren. Marc Cumberlands Schnüffelei gefiel ihm nicht, aber vielleicht war es wirklich lediglich ein Zufall, dass er Aurelia getroffen hatte. Und hey, dieser Unfall bedeutete für den Mann die ultimative Katastrophe. Nicht verwunderlich, dass er pausenlos darüber nachdachte. Im Grunde sollte er sich geehrt fühlen, dass sich Cumberland so sehr um Lizas Andenken bemühte. Er mochte den Kerl, ob er wollte oder nicht. Wenn erst die Gerichtsverhandlung hinter ihnen lag, konnte er wirklich mit allem abschließen. Dann hatte ihm das Leben bestimmt noch einiges zu bieten. Immerhin hatte er von dessen Sonnenseiten noch nicht viel gesehen. Er musste nur noch ein bisschen durchhalten. Danach konnte er fortgehen.
*
Marc sah sich aufmerksam in Florianes Wohnzimmer um. »Du redest davon, dass ich den Tatsachen ins Auge schauen soll, und hast selbst das ganze Zimmer mit Elfen vollgestellt. Findest du das nicht ein wenig putzig?«
Sie zwinkerte ihm zu. »Ich bin eben eine realistische Romantikerin.«
»Das ist ein Widerspruch in sich.«
»Falls du recht hast, ist es mir auch egal.«
Er setzte sich auf die Couch und griff zu dem Schälchen mit Studentenfutter, das Flo bereitgestellt hatte.
»Was möchtest du trinken?«
»Ein Bier, bitte.« Es war lächerlich, Flos Vorschlag auszuprobieren. Dennoch betrat er jeden Abend die Garage und schlüpfte in ihr kleines Auto. Die Panikattacken mit den Schweißausbrüchen wurden schwächer und schwächer. Kaum zu glauben, aber es schien zu funktionieren. Wenn er daraufhin das Haus betrat, stand auf Florianes Gesicht: Was hab ich dir gesagt?
Er rechnete es ihr hoch an, dass sie die Worte nicht aussprach, aber er gönnte ihr auch keinen Triumph und enthielt sich jeden Kommentars. Ihr Grinsen war Antwort genug.
Zwei Wochen später freute sich Flo darüber, dass ihr Saatgut aufgegangen war und sich auf dem Hochbeet zarte Triebe von Petersilie, Schnittlauch, Möhren, Dill und Majoran
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