Zitronentagetes
liebte ihn? Nun, bisweilen wusste er es nicht, aber falls das stimmte, war er momentan der glücklichste Mann auf der Welt. Marc schlang die Arme fest um sie.
»Du machst mich ganz nass«, protestierte sie.
»Egal.«
Flo half ihm aus der Wanne und jetzt trug er Tylers Klamotten, während er in Tylers Sessel saß und Tylers Frau mit einer Spritze vor seinem Gesicht herumfuchtelte. Gerade hatte sie mit einem Tupfer seine Lippe gereinigt, was ihm keinen besonderen Spaß gemacht hatte.
»Es ist wirklich besser, ich nähe das«, erklärte Charly zum dritten Mal.
»Wenn es sein muss.« Er stieß ein tiefes Seufzen aus. Offensichtlich blieb ihm wieder nichts erspart.
Charly nickte Flo zu, die daraufhin Marcs Kopf festhielt. »Was soll das werden?«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Und jetzt kurz stillhalten.« Sie injizierte das Betäubungsmittel in seine bereits angeschwollene Oberlippe.
»Autsch.«
»Pst, nicht reden.«
»Hirpfm…«
»Gleich gut.« Mit drei Stichen vernähte Charlotte die aufgeplatzte Lippe. »Das ist Körperverletzung. Du solltest den Kerl auf jeden Fall anzeigen«, sagte sie, während sie die Fäden abschnitt und ihr Werk betrachtete.
»Mir wird schlecht«, piepste Flo.
»Du hast doch schon öfter in der Praxis ausgeholfen.«
»Aber da ging es nicht um Marc.«
»Ist ja alles erledigt. Ihr wart beide ganz tapfer«, merkte Charlotte grinsend an.
Flo trat ihr spielerisch gegen das Schienbein.
»He, setz dich lieber und trink eine Tasse Tee. Bratapfel mit Zimt, der ist köstlich, probier mal.«
Das einzig Erfreuliche, als er am nächsten Morgen aufwachte, war Flo, die sich an ihn schmiegte. Ansonsten ging es ihm miserabel. Sein Hals schmerzte, die Brust war ihm zu eng und er wurde von einem fürchterlichen Husten geschüttelt.
Sofort saß Flo aufrecht. »Du hast bestimmt Fieber.« Sie legte ihre Hand auf seine Stirn. »Besonders heiß fühlt es sich nicht an. Du bleibst heute im Bett. Irgendeinen Vorteil muss es schließlich haben, wenn man sein eigener Chef ist.«
»Josh ist der Boss«, brachte er zwischen zwei Hustenanfällen hervor.
»Den rufe ich an, keine Sorge. Ich bringe dir noch Tee, bevor ich zur Arbeit gehe. Was möchtest du essen?«
»Nichts.«
»Das dachte ich mir. Vielleicht wäre ein Schälchen Apfelmus das Richtige.«
Er bezweifelte, überhaupt den Tee durch seine zu enge Kehle zwängen zu können, so rau und wund fühlte sich sein Hals an. Aber er brachte es nicht über sich, ihr ihren Wunsch abzuschlagen. Er wollte einfach nur schlafen.
*
Flo verrichtete im Schönheitssalon ihre üblichen Arbeiten. Nora, die Besitzerin des Patchworkladens saß unter der Haube und blätterte in einer Zeitschrift. Als sie sie erspähte, winkte sie sie zu sich. »Ist Irene da?«
»Oben im Wellnessbereich.«
»Komm nachher in meinen Laden. Ich habe seit Jahren Stoffstreifen gesammelt, die ich unmöglich alle verwenden kann. Was hältst du davon, wenn alle aus der Quiltgruppe drei Freundschaftssternblöcke nähen und wir den Quilt anschließend Irene schenken, um ihr unsere Verbundenheit zu zeigen?«
»Das ist eine großartige Idee, Nora.«
Nora lächelte zufrieden. »Meinst du, dass Charlotte mitmachen wird?«
»Auf jeden Fall. Es belastet sie sehr, dass Irene ihretwegen nicht mehr zur Quiltrunde kommt.«
»Prima, du kennst sie besser als ich. Ich hatte schon Angst, sie schlägt etwas nach ihrer Großmutter. Die konnte manchmal eine Teufelin sein.«
»Wer ist das nicht von Zeit zu Zeit?«
Nora lachte auf. »Bist ein braves Mädchen.«
Kevin betrat die Küche. »Hi Mutti.«
»Hi, was machen die Hausaufgaben?«
»Alles erledigt. George hat mir geholfen. Obwohl ich erst gar keine Lust hatte. Aber nachdem er es mir noch mal erklärt hat, habe ich es kapiert. Ist ganz einfach.«
Bis zur nächsten Klassenarbeit, die auch immer ganz einfach war, überlegte Flo. Und wenn sie die Hefte zurückbekamen, war der Jammer meist groß. Nun, es gab Schlimmeres im Leben und daher strahlte sie ihren Jungen an.
»Bin noch mit Patrick verabredet. Kann ich los?«
»Nur zu.« Rasch drückte sie ihm ein Küsschen auf die Wange. »So viel Zeit muss sein.«
Ihr Sohn verdrehte die Augen. Jetzt hatte sie keine Ruhe mehr und wollte endlich nach Marc sehen.
Bereits, als sie von der Arbeit gekommen war, hatte sie sich bei Bertha nach ihm erkundigt. »Schläft wie ein Murmeltier. Glaub mir, mein Mädchen, das ist die beste
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