Zitronentagetes
nackten.
Als Charly sie angerufen hatte, war sie vor Schreck fast über ihre eigenen Füße gestolpert, bis ihre Freundin versicherte, dass Marc okay war. Sie trug ihr auf, aus der Praxis ein Notfallset zur Ranch zu bringen und Flo zögerte keine Sekunde, der Aufforderung nachzukommen. Bertha versprach, sich um Kevin zu kümmern und deutete wieder einmal an, wie viel Unruhe Marc Cumberland in ihrer aller Leben brachte. Zum ersten Mal herrschte Flo ihre ältere Freundin an, und brauste kurz darauf mit Marcs BMW davon. Sein Einverständnis, den Wagen zu benutzen, setzte sie kurzerhand voraus. Kaum auf der Ranch, eilte sie ins Wohnhaus, wo sie Charlotte die Tasche in die Hand drückte. »Wo ist er?«
»Liegt noch in der Wanne – zum Auftauen, aber …«
Den Rest bekam Flo nicht mehr mit, sondern stürmte nach oben ins Badezimmer. »Oh … ich hatte keine Ahnung, dass …« Sie brach ab.
Marc öffnete beim Klang ihrer Stimme die Augen. Zu erleben, wie es ihr als kleiner Plapperliese die Sprache verschlug, war ihm sichtlich ein Vergnügen. Er wusste demnach hoffentlich auch, dass sie ziemlich aus dem Häuschen war.
»Läuft dir bei Tylers Anblick das Wasser im Mund zusammen?«
Der Rocksänger zog einen Flunsch.
Erst ungefähr eine volle Sekunde später ging ihr auf, was er sich da zusammenfantasierte. »Der bösartige Stachel der Eifersucht.«
Was für ein Jammer, dass sie den appetitlich aussehenden Rockstar nicht einfach nur genussvoll betrachten konnte. Jetzt galten andere Prioritäten, ermahnte sich Flo, während sie ihren Blick mühelos von Tyler löste. Stattdessen huschte er von selbst zu Marc und versuchte sofort angestrengt, irgendwelche schrecklichen Verletzungen auszumachen. Bis auf einen Riss in der Oberlippe entdeckte sie nichts. Erleichterung überflutete sie und Flo konnte nicht anders, als die Arme um seinen Hals zu schlingen. Sachte legte sie ihre Stirn gegen seine. Augenblicklich begann sie wieder zu sprudeln wie ein kleiner Springbrunnen. »Was ist denn nur geschehen? Da lasse ich dich einmal aus den Augen und schon muss ich mir Sorgen um dich machen. Hattest du dein Handy nicht dabei, um Hilfe zu rufen? Wo warst du überhaupt? Mir hättest du immerhin Bescheid sagen können, dass du noch nicht heimkommst. Ich hatte Schokoladenkuchen. Und außerdem …«
Marc verdrehte die Augen. »Tschiep, tschiep, tschiep.« Seine Laute klangen etwas verunglückt, was sie sofort veranlasste, ihre Wange an seine zu schmiegen und ihn zu küssen.
»Nicht auf den Mund«, bat er schlicht.
Sie stieß ein kurzes Lachen aus. »Tut dir der Schnabel weh?«
Er nickte und sah für einen Augenblick aus wie ein kleiner Junge, den man geohrfeigt hatte. Sie küsste alles in seinem Gesicht, außer seine Lippen.
*
Für den Moment fiel jeder Kummer von Marc ab.
Tyler grinste schief. »Wie war das noch mal, ihr habt im selben Haus eine Wohnung gemietet?«
»Korrekt«, bestätigte Floriane. »Da kommt man sich mitunter näher, quasi, wenn man sich im Flur über den Weg läuft.«
»Klar, keine Frage.«
»Wie kommst du überhaupt her?«, fragte Marc.
»Charly hat mich angerufen.«
Natürlich, das Netzwerk der Frauen in St. Elwine funktionierte einwandfrei. »Dann hast du mir auch ein paar Sachen mitgebracht?«
»Nein, auf die Idee bin ich überhaupt nicht gekommen.« Schuldbewusst sah sie ihn an. »Nur das Nahtmaterial aus der Praxis habe ich mir geschnappt, so, wie Charly es wollte.«
Oje. Er seufzte. »Ich schlage vor, ich ziehe mir etwas über.«
»Musst du nicht, nur keine Eile.« Flo sah ihn seelenruhig an.
Sein Freund ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Und hole dir ein paar Klamotten. Wir haben in etwa die gleiche Größe. Das dürfte kein Problem sein.«
Dankbar nickte Marc ihm zu, als er das Badezimmer verließ. »Schäm dich«, wandte er sich sogleich an Floriane.
»Warum?«
»Du starrst ihm hinterher wie eine läufige Hündin. Ganz zu schweigen davon, dass das meine Gefühle verletzt.«
»Du Ärmster.« Sie kicherte. »Hast du das Tattoo auf seinem Schulterblatt gesehen? Sehr sexy.«
»Du willst mich nur ärgern.«
»Nein, ein wenig aufziehen vielleicht. Ich gebe es zu. Man kann sich ja auswärts Appetit holen, aber gegessen wird zu Hause.«
»Das lob ich mir.«
»Ich liebe dich doch, wusstest du das nicht?« Sie strahlte ihn an und drückte schon wieder ihren Mund auf seine Wange.
Seine Gedanken zerfielen zu Staub. Was hatte sie da so lapidar dahergeplappert? Sie
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