Zitronentagetes
wissen, wie es Marc geht …«
»Dazu hast du kein Recht.«
»Er ist auch mein Sohn, Meg.«
»Das war dir doch früher auch egal.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Bitte …«
Lange blieb es still in der Leitung. Er presste den Hörer an sein Ohr. »Meg, bist du noch dran ?«
»Ja.«
»Bitte sag mir, wie es unserem Jungen geht.«
Sie begann zu weinen und berichtete ihm, was sie wusste.
»Ich weiß, er will mich nicht sehen«, sagte George leise. »Ich möchte ihn jetzt auf keinen Fall aufregen. Aber könntest du mich über seinen Zustand auf dem Laufenden halten? Ich gebe dir meine Nummer und …«
»Auf keinen Fall werde ich dich anrufen, George.«
»Aber Meg, ich …«
»Du hast gehört, was ich gesagt habe.«
George seufzte. »Also gut. Erlaubst du mir wenigstens, mich bei dir zu erkundigen?«
»Tu, was du nicht lassen kannst. Das hast du schließlich immer getan, wie wir beide wissen.«
Er wollte sagen: »Fang nicht wieder davon an«, doch er verkniff es sich. Megan war krank vor Sorge um Marc. In ihrer verdrehten Denkweise gab sie George an allem die Schuld, was sich in den Jahren nach der Trennung ereignet hatte.
»Eines Tages musste so etwas ja passieren«, holte Megan bereits aus.
»Tu das nicht, Meg.«
»Ist sowieso unnütz«, murmelte sie und legte auf.
*
Elizabeth floh ins Dienstzimmer. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, sackten ihre Schultern nach vorn und sie brach in Tränen aus. Nach Marcs Unfall hatten Jefferson und sie ihm einen Bypass in dem zertrümmerten Oberschenkel gelegt und den Knochen mittels verlängerter Knieprothese aus Titan versorgt. Doch diese wuchs nicht an. Die Wunde nässte. Sie jagten hoch dosierte Antibiotika und 5 mg Dipidolor durch seinen Körper, aber das Schmerzmittel wirkte atemdepressiv. Sie konnte die Gabe in dieser Höhe nicht lange aufrecht halten.
Binnen kurzer Zeit hatte er erneut operiert werden müssen. Die Prothese wurde entfernt und ein externer Fixator eingesetzt. Trotz der Verabreichung von 1 mg Perfalgan alle sechs Stunden bekamen sie sein Fieber nicht in den Griff. Er litt höllische Schmerzen, sie gab ihm Morphium. Nicht mal damit ließ sich der Schmerz bekämpfen, allenfalls kontrollieren. Das Ergebnis seiner regelmäßigen Überwachung war alarmierend: Seine Zehen waren eiskalt, ihre Motorik verlangsamt, ebenso die Reaktion bei Berührung. Gerade war sie an seinem Bett gewesen und hatte sich davon überzeugen können.
Er weinte vor Schmerzen. »Bitte Lizzy, tu etwas! Irgendetwas muss es doch geben. Hilf mir! Bitte …«
Erneut verabreichte sie Morphium, so hoch, dass sie es gerade noch verantworten konnte. Was sie nicht vermochte, war, sein Leiden noch lange mit anzusehen. Daher hatte sie sich hierher geschleppt. Ein böser Verdacht lauerte seit Tagen in ihrem Hinterkopf: MRSA – multiresistente Keime. Wenn dies zutraf, würde nur noch ein Wunder eine Amputation verhindern. Und Wunder waren in letzter Zeit verdammt dünn gesät.
*
Da waren wieder diese merkwürdigen Pieptöne. Marc lauschte angestrengt, konnte sie jedoch nicht einordnen. Jemand berührte ihn. Dann unterhielten sich Personen. Er war zu müde, um auf ihre Worte zu achten. Durch sein rechtes Bein fraß sich ein aggressiver Schmerz, der ihn aufkeuchen ließ.
»Mr. Cumberland, wie geht es Ihnen?«
Marc gewahrte ein Gesicht, das er nicht kannte.
»Haben Sie Schmerzen?«
»Ja.«
Hatte er nicht laut und deutlich geantwortet? Die Krankenschwester sah ihn noch immer prüfend an.
War Flo da gewesen?
Amy hatte ihn noch nicht besucht. Oder doch? Sollte er das nicht mitbekommen haben? Schon versank er wieder in Dunkelheit.
Keine Frage: Er war in der Hölle gelandet. Und jetzt musste er für all seine Sünden bezahlen. Aber ihm fiel beim besten Willen nicht ein schweres Vergehen ein, das diese Bestrafung rechtfertigte. Gäbe es nur eine Möglichkeit, jetzt diesen geschundenen Körper zu verlassen – er würde es tun. Ohne Zweifel.
»Mr. Cumberland.«
Marc öffnete die Augen.
»Ich bin Ian Brosnan und wurde vorübergehend als Sheriff dieses Countys eingesetzt. Verzeihen Sie die Störung, aber ich muss Ihnen einige Fragen zum Unfall stellen.«
Er sah den Polizisten wortlos an.
»Woher kamen und wohin wollten Sie?«
Er gab dem Sheriff eine kurze Antwort.
»Was passierte an der Kreuzung Rosevelt/Mainstreet, Mr. Cumberland?«
Marc versuchte, sich trotz des bohrenden Schmerzes in seinem Bein auf die Fragen zu konzentrieren. »Die
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