Zombie-Ballade
zurück. Da herrschte zu großer Trubel. Der Champagner floss in Strömen und nicht nur in die Kehlen, manchmal auch über die Kleider der Damen oder die Jacketts der Herren.
Die Mitglieder der Band nahmen wieder Aufstellung und griffen nach ihren Instrumenten.
Sheila und Bill waren am Rand der Tanzfläche stehen geblieben. Die Frau schüttelte den Kopf. »Da passt mir einiges nicht, Bill. Weshalb lässt sich die Gastgeberin nicht sehen?«
»Vielleicht hat sie Probleme.«
»Mit wem?«
»John sehen wir ja auch nicht. Möglicherweise sind sie sich begegnet.«
»Das kann sein.«
Sie schlenderten ziellos weiter. Das passte Sheila nicht. »Okay, machen wir uns auf die Suche. Das Haus ist verflixt groß.« Sie schaute sich bei den Worten skeptisch um. »Aber irgendwo werden wir sicherlich Glück haben.«
»Hast du gesehen, aus welcher Richtung die Ober stets antanzten?« fragte Bill.
»Ja. Wir müssen durch die Halle, uns dann schräg rechts halten…«
»Vielleicht sollten wir doch erst in den oberen Etagen nachschauen.« Bill waren Zweifel gekommen. Zudem wollte er bei Sheila bleiben. Eine Trennung kam nicht in Frage.
Dann sahen sie Spiro. Der Mann war aus einer Tür gekommen, die er hastig hinter sich zuwarf. Er hatte es sehr eilig. Mit langen Schritten strebte er quer durch die Halle, um die Stufen hoch zu eilen. Sein Gesicht hatte eine ungesunde Hautfarbe bekommen.
Bill und Sheila stießen sich gegenseitig an. Beinahe synchron sagten sie: »Da stimmt etwas nicht.«
Bill war schon unterwegs. Er wollte zu der Tür, durch die Spiro gekommen war. Einer Gruppe von angetrunkenen Gästen musste er ausweichen, die tanzend die Halle durchquerte. Die Damen lachten dabei laut und ließen sich nach ihren Drehungen in die auffangbereiten Arme ihrer Begleiter fallen.
Der Reporter hatte die Tür erreicht. Seine Hand fand die Klinke. Er riss die Tür auf und hatte das Gefühl, von einem gewaltigen Stromstoß getroffen zu werden. Er blieb auf dem Fleck stehen, vor seinen Augen flimmerte es plötzlich, und er sah auf die schreckliche Gestalt, die sich mit ausgestreckten Armen der Tür näherte.
Eine lebende Leiche!
Bill hatte schon oft genug einem Zombie gegenübergestanden, um dies sofort zu erkennen. Das verweste Gesicht, die teigige Haut an den Armen, der Gestank, da passte einfach alles.
Er knallte die Tür wieder zu.
»Was ist denn?« fragte Sheila. »Das riecht…«
»Nach Leiche!«
Sheilas Augen weiteten sich. »Sag bloß, du hast hinter der Tür einen Toten gesehen…«
Bill winkte scharf ab. »Keinen Toten, Sheila. Viel schlimmer, einen Zombie…«
***
Kalt und erbarmungslos kam Suko der Blick vor, mit dem Wang ihn betrachtete. Ein Killerblick. Die beiden wussten genau, was sie voneinander zu halten hatten. Sie waren Feinde.
Suko gehörte nicht zu den Menschen, die schnell Angst bekamen. Hier aber konnte er das Gefühl der Beklemmung nicht so leicht abschütteln, zudem hatte ihn der Wang mit seiner verfluchten Nadel bereits verletzt.
»Du also«, sagte Wang mit schwacher Stimme.
»Ja. Kennst du mich?«
»Uns sind alle Verräter bekannt. Du bist Suko und aus unserer Heimat geflohen. Durch deine Flucht hast du uns verraten.«
»Ich bin mein eigener Herr. Ich habe niemanden verraten, und ich gehöre nicht zu eurer Gruppe.«
»Wir hätten dich aufgenommen.«
Suko schüttelte den Kopf. »Nie wäre ich in ein schwarzes, geheimes Kloster gegangen, um das Grauen zu lernen und meine Seele zu vergewaltigen. Du irrst dich, Wang. Aber du bist bestimmt nicht gekommen, um mir das zu sagen.«
»Nein«, erklärte der Wang, »das bin ich nicht.« Er schaute für einen winzigen Moment auf seine lange Nadel, über die ein dünner Streifen Blut rann. Es war Sukos Blut. »Ich bin gekommen, weil ich etwas zurückholen will, das man gestohlen hat.«
»Was ist es?«
»Ein Totenbuch mit alten Formeln. Darin sind die Gesetze der Totsprecher niedergeschrieben. Aber auch das Lebendigsprechen findest du dort. Ein sehr wichtiges Buch für uns. Leider ist es in die Hände einer Frau geraten.«
»Dieser Mary Ann Baxter?«
»So ist es. Ich soll es ihr abnehmen und sie töten. Wir wollen nicht, dass jemand eine Kunst beherrscht, die nur zu uns gehört, denn wir halten den Kreis der Wissenden bewusst begrenzt.«
»Du bist zu spät gekommen!« stellte Suko fest. »Ich habe die lebenden Leichen bereits gerochen.«
»Das stimmt, ich kam zu spät. Sie hat es geschafft und ihre drei Männer wieder aus den Särgen geholt. Das
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