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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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sind mit mir einer Meinung«, knurrte Jacobs mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Wie war das? Habe ich das richtig verstanden?«, fragte der Kommandeur.
    »Ich glaube schon. Meine Männer werden hier jedenfalls nicht still sitzen und auf ihr Sterben warten!«
    Die Stimme des Skippers war lauter geworden. Zwaantie sah die Adern an seinen Schläfen pochen.
    Claas Gerritz, der Steuermann, war zu den Streitenden getreten. »Der Kapitän hat Recht«, bestätigte er. »Die Männer wollen nach Wasser suchen, solange sie noch kräftig genug sind.«
    »Sie werden tun, was ich ihnen befehle!«, erklärte der Kommandeur.
    »Nicht mehr«, beschied ihn der Kapitän. »Die Sache ist abgemacht. Wir rudern zu der hohen Felseninsel dort im Westen hinüber -«
    »Die Leute auf der Batavia können unser Tun aus der Ferne verfolgen«, fiel Francois ihm ins Wort. »Was glaubt Ihr, was sie denken, wenn sie uns fortrudern sehen?«
    Der Kapitän zuckte die Achseln. »Wir bleiben allenfalls für einen Tag dort drüben. Im schlimmsten Fall für zwei.«
    Zwaantie studierte Jacobs' Miene. Ob er sich mit seinen Gefolgsleuten heimlich aus dem Staub machen wollte? Wollte er womöglich flüchten, um Jan Everts' Kopf vor dem Galgen zu retten?
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    Sie erkannte, dass der Kommandeur unmerklich in sich zusammensank. »Dann komme ich mit«, erklärte er.
    Eine Art spöttische Anerkennung schien über die Miene des Skippers zu huschen. »Wie Ihr wollt«, bemerkte er über die Schulter gewandt und stapfte mit Claas Gerritz von dannen.
    »Morgen in aller Frühe geht es los.«
    Ein Kommandeur ohne Kommando, dachte Zwaantie beim Anblick der verlorenen Gestalt, die resigniert zu der Batavia hinüberspähte.
    Es wurde die schrecklichste Nacht, die Francois jemals zugebracht hatte, schlimmer noch als jene im Fieberwahn, denn dieses Mal war er bei vollem Bewusstsein.
    Ohne ihm großartig Beachtung zu schenken, hatte man vor ihm aus dürren Zweigen ein armseliges Feuerchen entfacht und ihm aufgetragen, in die Flammen zu blasen, wenn sie zu verlöschen drohten.
    Francois hatte zwei-, dreimal gepustet, doch nach einem heftigen Windstoß zuckten die Flammen ein letztes Mal auf, ehe sie erstarben. Danach rieb Francois seine Hände frierend über der schwachen Glut, die wenig später zu einem kümmerlichen Aschehäufchen zerfiel.
    Dennoch musste er eingeschlafen sein, denn inmitten der pechschwarzen Nacht wachte er auf, zusammengekrümmt, zitternd vor Kälte, halb zugeweht vom Sand. Kurz darauf begannen seine Gedanken im vertrauten Ringelreihen durch sein gemartertes Hirn zu tanzen.
    Als Erstes versuchte Francois, den Wert der Fracht zu errechnen, die er zurückließ. Danach kreisten seine Überlegungen um die Menschen, die ihm anvertraut worden waren, und bisweilen fragte er sich auch, was Lucretia nun von ihm hielt. Später überließ er sich Selbstvorwürfen, bezichtigte bisweilen auch Gott der Untreue, bis seine Gedanken schließlich
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    erlahmten und er sich dem dumpfen Bedauern überließ, überhaupt an Bord der Batavia gegangen zu sein.
    Im ersten Morgengrauen war der Skipper auf den Beinen und trug seinen Männern auf, alles, was sie an Proviant und Wasservorräten an Land gebracht hatten, zurück in das Boot zu verladen.
    Francois näherte sich verwundert. »Was soll das?«, erkundigte er sich. »Weshalb wird alles eingepackt? Ich entsinne mich nicht, dergleichen angeordnet zu haben.«
    Jacobs seufzte angewidert und würdigte ihn keiner Antwort.
    »Ich dachte, wir würden lediglich nach Wasser suchen«, fuhr Francois unnachgiebig fort. »Da böte es sich doch wohl an, mit einem leichten Boot zu fahren und die vollen Kisten und Fässer hier zu lassen.«
    »Was ist, wenn ein Sturm aufkommt?«, fragte der Kapitän gereizt. »Was ist, wenn wir deshalb nicht zurückrudern können?
    Möchtet Ihr dann ohne Wasser und Nahrung warten, bis er vorüber ist?«
    Francois schwieg. Um sie herum war nur das Rauschen der Wellen zu hören.
    »Tut mir Leid, das geht nicht«, erklärte Francois schließlich.
    »Wir werden die Menschen drüben auf der Insel zuerst von unserer Absicht unterrichten. Wir werden nicht einfach sang-und klanglos verschwinden.«
    Jacobs schaute zu den dunklen Wolken hoch, die eilig über den grauen Himmel zogen. Sein Gefühl verriet ihm, dass sich ein Sturm zusammenbraute. »Für solche Mätzchen ist jetzt keine Zeit mehr«, knurrte er.
    »O doch«, widersprach Francois. »Dafür ist Zeit. Die Menschen müssen beschwichtigt werden. Sie müssen

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