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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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und verstellten den Frauen den Weg.
    Sussie erkannte die beiden van Weiderens, van Luyck und van Os. Ohne zu wissen, warum, wurde ihr bang.
    Anneken schien etwas Ähnliches zu empfinden, denn sie zog Hilletje zu sich und nahm sie bei der Hand.
    »Lasst uns durch«, bat Anneken leise.
    »Hier ist Platz genug«, erklärte van Os. »Vielleicht bist du nur zu fett, um zwischen uns zu passen.«
    Seine Gefährten lachten schallend auf. »Nimm dir ein Beispiel an der Kleinen«, fuhr van Os fort, indem er auf Sussie wies. »Sie hätte zwischen jedem von uns Platz.«
    »Lasst sie gehen«, befahl van Luyck. »Für so etwas ist später noch Zeit.«
    Die Jonkers traten zur Seite.
    Sussie spürte, dass ihr Herz vor Furcht zu rasen begonnen hatte. Sie senkte den Blick und hastete an den Männern vorbei.
    Plötzlich beugte sich einer von ihnen vor und schlug Hilletje die Blumen aus der Hand. Hilletje machte den Mund auf, um sich lauthals zu beschweren, doch ihre Mutter befahl ihr, still zu sein, und zog sie eiligst mit sich fort.
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    »Ist euch nachts nicht zu kalt?«, rief einer hinter ihnen her.
    »Sollen wir kommen, um euch zu wärmen?«
    Sussie und Anneken wechselten kein Wort, bis sie am Strand angelangt waren, wo sich die anderen Gestrandeten aufhielten.
    »Mach dir nichts daraus, Sussie«, brach Anneken schließlich ihr Schweigen. »Das sind harmlose junge Burschen, sonst nichts.«
    Als Sussie Anneken anschaute, bemerkte sie, wie bleich die andere geworden war. »Ich bin kein Kind mehr, Anneken«, erklärte sie entschieden. »Und was du sagst, ist nicht richtig, denn wir wissen beide, wovor wir uns gefürchtet haben.«
    Anschließend blickte Sussie sich suchend nach dem Kopf mit dem weizenblonden Haar um. Gut, dass mich jemand beschützt, dachte sie, als sie ihn entdeckte.
    Sussie sah Lucretia am Strand sitzen. Sie lehnte mit dem Rücken an einem Felsen und blickte auf das Meer. Wie bösartig die Frauen über sie gelästert hatten, dachte Sussie. Ob sie sich ähnlich niederträchtig über sie oder Tryntgen äußern würden, falls ihnen dergleichen geschah? Würden sie dann auch behaupten, sie hätten es ja nicht anders gewollt?
    Judith sah zu den Kranken hinüber, die außer ihr kaum jemand zu beachten schien.
    Vor allem ihren Vater schienen die Qualen dieser Menschen nicht zu kümmern. Selbst deren Seelenheil ist ihm einerlei, dachte Judith. Er tut, als wären sie gar nicht da.
    Judiths Blick verdunkelte sich. Ihr Vater saß behaglich in seinem Zelt und unterhielt sich mit Conrad van Huyssen, stellte sie fest. Seine Füße ruhten auf dem großen Orientteppich, der aus der Offiziersmesse geborgen worden war.
    In seinen Predigten versäumte ihr Vater selten, hervorzuheben, Leid läutere den Mensche n und erhöhe ihn vor Gott. Wenn dem so ist, überlegte Judith, sollte er sich dann nicht
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    um einen größtmöglichen Anteil an diesem Leid hier bemühen?
    Wie konnte es angehen, dass er stattdessen auf doppelten Rationen an Nahrung und Wasser bestand und dass er sich und seiner Familie gleich mehrere Decken pro Kopf beschafft hatte, unter denen sie sich nachts wärmten?
    Judith fasste sich ein Herz. Sie stand auf.
    Als sie das Zelt betrat, legte ihr Vater Conrad gerade dar, dass das gotteslästerliche Verhalten der Menschen auf dem Schiff ihre Katastrophe herbeigeführt habe, denn der Herr habe ja nicht mehr umhin gekonnt, als seinem Missfallen Ausdruck zu verleihen. Vor allem der Kommandeur, hob er hervor, habe sich seinen Warnungen fortwährend widersetzt, wenngleich er selbst ihm gänzlich unerschrocken ins Gewissen geredet habe...
    »Vater...«, setzte Judith an.
    Ihr Vater wandte sich um und betrachtete sie erstaunt. »Siehst du nicht, dass ich mich mit Herrn van Huyssen unterhalte?«, fragte er. »Seit wann unterbrichst du mich unerlaubt?«
    Judith holte tief Atem. »Seit heute. Ich kann das nicht länger mitansehen. Ihr vernachlässigt die Kranken.«
    Ihr Vater schnappte nach Luft. Conrads Lippen kräuselten sich spöttisch.
    »Wir müssen etwas tun!«, fuhr Judith entschlossen fort. »Seht Ihr nicht, dass sie leiden?«
    »Ich werde für sie beten«, beschied ihr Vater sie, und wedelte ungeduldig mit den Händen.
    »Es wäre mir lieber, Ihr brächtet sie in Zelten unter«, entgegnete Judith heftiger, als sie vorgehabt hatte.
    Ihr Vater starrte sie sprachlos an.
    »Eure Tochter scheint recht leidenschaftlich zu sein«, bemerkte van Huyssen nachdenklich.
    Pfarrer Bastians streckte einen wutbebenden Finger

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