Zorn des Loewen
Seite hin, als er über die Riffkante hinabtauchte. Der Wasserdruck preßte gegen die Maske, während das Aquamobil ihn hinabzog. Einem plötzlich aus dem Halbdunkel aufragenden Stahlmasten wich er aus.
Über dem seitwärts geneigten Deck hielt er kurz an, um seinen nächsten Schritt zu überlegen. Der Anblick eines dunklen, offenstehenden Eingangs zum Kajütengang nahm ihm die Entscheidung ab. Er tauchte hinein und schaltete den Scheinwerfer seines Aquamobils an.
Er folgte dem abgewinkelten Korridor und öffnete die erstbeste Tür, an die er gelangte. Sie schwang langsam nach innen. Der Raum dahinter war in Dunkel gehüllt, und ihn überkam eine seltsame, unerklärliche Furcht. Mutig stieß er hinein. Im Schein der Lampe erkannte er einen umgestürzten Tisch und eine Koje an einer Wand. Flaschen und verschiedene zerbrochene Gegenstände trieben unter der Decke.
Er tauchte wieder hinaus und schwamm den Gang entlang, der in einer wirren Masse von Metall endete. Stromdrähte hingen wie Vorhänge von der Decke. Den bittersten Eindruck hinterließen jedoch die gebrochenen Gebeine eines menschlichen Skeletts, das unter einem eingestürzten Eisenträger lag.
Rasch trat er seinen Rückzug an. In dem Augenblick, als er den Gang hinter sich hatte, stieß er nach oben dem Riff zu. In sieben Meter Tiefe hielt er einige Minuten an, um für den nöti gen Druckausgleich zu sorgen. Dabei bemerkte er die Strömung, die an seinem Körper zerrte. Als er einige Meter von der Felsplatte auftauchte, fand er Anne, die bis zur Hüfte im Wasser stand und dabei war, ihr Atemgerät einzustellen.
»Wir sollten unverzüglich aufbrechen«, rief sie ihm zu, als er näherkam und seine Maske vom Gesicht zog. »Es ist schon später, als ich dachte. Der Gezeitenwechsel naht.«
»Ist das schlimm?« wollte er wissen.
Sie nickte. »Selbst die Aquamobile werden uns nicht viel nützen, wenn uns die Strömung mit fünf Knoten entgegenschlägt.«
Sie ließ sich augenblicklich davonziehen, so daß ihm nichts anderes übrigblieb, als sich anzuschließen. Hinter ihnen brachen sich auf der gesamten Länge des Riffs die schäumenden Wellen. Mallory spürte den unbarmherzigen Druck der Strömung. Er mußte mit der ganzen Kraft seiner Beine arbeiten, um den Punkt zu erreichen, wo sie wieder tauchen mußten. Anne wandte sich zurück und winkte ihm kurz zu, und sie tauchten hinab.
Mallory sah den Tang auf dem Meeresboden unter sich konstant nach einer Seite geneigt. Der Druck der Wasserströmung war jetzt wie eine feste Mauer, die es zu durchbrechen galt. Wieder mußte er alle Kraft seiner Beine aufbringen, bis es ihm gelang, über die unter ihm dahinziehenden schwarzen Felsen ruhigere Gewässer zu erreichen, wo sein Aquamobil mit einem heftigen Stoß plötzlich einen Satz nach vorn machte.
Er tauchte auf und sah Anne rechts vor sich schon in einiger Entfernung. Er gab ihr ein Zeichen, um sie weiter anzutreiben. Als er an die Felsspitze kam, sah er sie etwa fünfzehn Meter vor sich zügig auf die verankerte Foxhunter zuschwimmen.
Neben der Leiter lag ein Sportboot vertäut, dessen scharlachroter Anstrich hell im Sonnenlicht glänzte. In einem Stuhl aus Segeltuch an Bord der Foxhunter saß neben Hamish Grant ein hochgewachsener Mann mit einem vornehmen Äußeren. Er trug eine Sonnenbrille und war in eine Leinenjacke gekleidet. Er erhob sich und trat an die Reling, als Anne näher herankam.
Sie erreichte die Leiter, und er kam hinzu, um ihr an Bord zu helfen. Mallory war immer noch zwanzig, dreißig Meter entfernt, als Anne hinaufkletterte. Er verringerte seine Geschwindigkeit.
Er schwamm an dem Sportboot vorüber und erblickte einen Mann, der am Steuer saß. Der drehte sich um und schaute Mallory an. Er war ein stattlicher Mann, dessen hartes Gesicht von einer gezackten Narbe gezeichnet war, die seine rechte Wange zerteilte. Seine ganze Erscheinung schien Gefahr zu verbreiten. Mallory erkannte ihn sofort von dem Foto her, das man ihm bei seiner Einweisung gezeigt hatte.
Er schob seine Maske hoch. »Hallo.«
Jacaud schaute gelassen zu ihm hinunter, nickte und kehrte ihm wieder den Rücken zu. Mallory zog sich zur Leiter hinüber, wo ihn Raoul Guyon erwartete, um das Aquamobil hochzuziehen.
Mallory schwang sich über die Reling, stapfte an Deck und streifte seine Aqualunge ab. Anne stand ein, zwei Meter entfernt. Sie war sehr attraktiv in ihrem gelben Tauchanzug. Sie unterhielt sich mit dem Mann in der
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