Zorn
halten Sie die Liste bereit«, sagte Lucas, legte auf und wandte sich an Del: »Unser Mann hat einen champagnerfarbenen Minivan, keinen weißen.«
»Augenzeugen sind scheiße«, erklärte Del. »Sehen wir ihn uns an.«
Packard wohnte in einem Apartmentblock hinter einem Einkaufszentrum und öffnete die Tür in Cargo-Shorts und grauem Militär-T-Shirt mit Schweißfleck auf der Brust.
Die Haare, die er noch hatte, waren praktisch ganz abrasiert. Das sah aus wie ein Dreitagebart auf dem Kopf und passte nicht zu Kelly Barkers Beschreibung.
Ein Golfbag lehnte an der Wand beim Eingang, und hinter Packard sah Lucas über eins achtzig hohe Stereolautsprecher: Die Wohnung roch nach Scheidung. Lucas und Del erklärten Packard im Flur den Grund ihres Besuchs.
»Herrgott, das ist mehr als zwanzig Jahre her, und außerdem konnte mir nichts nachgewiesen werden. Was soll das?«
»Wir gehen allen Hinweisen nach«, sagte Lucas. »Seit dem Mord an Marcy Sherrill …«
»Okay. Reden Sie mit Dan Ball von der Polizei in Woodbury. Den können Sie übers Revier erreichen – er ist ab drei da, oder rufen Sie ihn daheim an. Oder telefonieren Sie mit Bill Garvey, der kann bezeugen, dass ich zwischen drei und elf Streife gefahren bin. Wir haben vor dem Cub was zu Mittag gegessen, als sie per Funk die Sache mit der Schießerei durchgegeben haben.«
Lucas nickte. »Dann ist ja alles in Ordnung. Sie hätten nichts dagegen, wenn wir Sie um eine DNS-Probe bitten? Es bliebe unter uns.«
»Kein Problem«, antwortete Packard. »Sie haben also nichts rausgefunden?«
»Nein«, sagte Lucas und wandte sich ab.
»Ich hab damals am Fall Jones mitgearbeitet, im Streifenwagen«, erzählte Packard. »Ich erinnere mich schwach an Sie. Sie waren auch bei der Streife, ungefähr drei Jahre jünger als ich. Ich war die meiste Zeit im Westen der Stadt unterwegs. Steckte nicht Brian Hanson groß in der Sache drin?«
»Ja. Der hat die Ermittlungen mit geleitet«, antwortete Lucas.
»Ich erwähne das bloß, weil er vor ein paar Tagen gestorben ist. Und zwar auf merkwürdige Weise«, erklärte Packard.
»Wieso merkwürdig?«
»Sie wissen, dass er tot ist, aber sie können seine Leiche nicht finden. Sein Boot ist mitten auf dem Lake Vermilion rumgefahren, mit seinem Hut drin, von ihm keine Spur. Im Mittelteil der Star Tribune ist heute ein Artikel darüber. Seine Tochter sagt, er hätte öfter mal hinten über den Rand des Boots gepinkelt; alle hätten ihm geraten, das nicht mehr zu machen.«
»Hmm. Vor ein paar Tagen?«
»Ja, an dem Tag, an dem die Jones-Mädchen entdeckt wurden. Oder am nächsten. Seltsam, was?«
»Ja, allerdings«, pflichtete Lucas ihm bei.
Im Wagen sagte Lucas: »Hanson … Es muss kein Cop, könnte auch der Freund von einem Cop sein, der ihn über den Fall ausgefragt hat.«
»Ich hab noch nicht gefrühstückt«, bemerkte Del. »Fahren wir doch zum Cub und reden da weiter.«
Auf dem Parkplatz des Cub aßen sie Sandwiches und unterhielten sich über Hanson, bevor sie zum SKA zurückkehrten. Sie waren noch etwa eineinhalb Kilometer davon entfernt, als Lucas’ Handy klingelte. Es war Shrake.
»Ein Sondereinsatzkommando aus Minneapolis ist vor einem Haus in der Nähe der Portland, auf Höhe der Forty-second, nicht direkt an der Portland, sondern einen Block weiter, Fifth Avenue oder so. Angeblich ist der Typ drinnen der Mörder von Marcy.«
»Wie bitte?«
»Ja. Ein Biker. Soll eine Racheaktion gewesen sein. Marcy scheint ihn in die Zange genommen zu haben. Jenkins und ich sind auf dem Weg hinüber. Wir halten dich auf dem Laufenden …«
»Das ergibt keinen Sinn«, entgegnete Lucas. »Es ist verrückt. Das hatte nichts mit Marcy zu tun; der Schütze wollte Kelly Barker.«
»Ich sag dir bloß, was ich gehört habe«, erklärte Shrake. »Der Typ ist auf Drogen.«
»Wir kommen. Im Moment sind wir auf der 494 vor der Ausfahrt zur 94.«
»Gut. Macht schnell.«
»Ich wette, die haben einen 911-Hinweis auf den Kerl gekriegt«, sagte Lucas.
»Warum? Wir haben DNS von dem Schützen; einen Hinweis auf einen Falschen zu geben nützt ihm nichts.«
»Vielleicht hat er keine Ahnung von DNS«, erwiderte Lucas. »Oder er verarscht uns, um Zeit zu gewinnen, packt gerade seine Siebensachen und verschwindet aus der Stadt.«
Die Stadtpolizei von Minneapolis hatte in einem Radius von zwei Häuserblocks zum Ziel, einem älteren weißen Stuckgebäude mit Doppelgarage dahinter, Absperrungen aufgestellt. Lucas und Del parkten den Wagen, gingen
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