Zu einem Mord gehoeren zwei
Reporter…
Was er auch tat, es mußte so kommen, das spürte er ganz genau. Nur der Zeitpunkt war noch offen.
Egal, noch hatte er Zeit. Und er wollte sie nutzen. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!
Er griff sich ein Büschel Heu und stopfte es in die Mülltonne. Die Poschmann sollte sich nicht wundern, daß kein zerbrochener Teller in der Tonne lag.
Ich gehe meinen Weg zu Ende, dachte er. Es gab ihm neue innere Kraft, wie er sich da als tragischen Helden über den Rasen schreiten sah. Ich tue, was ich für richtig halte! Ich habe mich gegen meine armselige Existenz und gegen meine Schwächen aufgelehnt, ich habe endlich innere Größe gewonnen, ich habe mich aus der Masse der kleinen Geister erhoben. Jetzt endlich werde ich der, der ich sein kann…
Als er in sein Arbeitszimmer zurückkehrte, um – Feuerhahn und Wachholz zum Trotz – an seinem großen Auftrag weiterzuarbeiten, stand die Poschmann vor dem fahrbaren Aktenbock und telefonierte. Sie zuckte zusammen, als sie ihn bemerkte.
8
OBERKOMMISSAR MANNHARDT
Es war später Nachmittag geworden, und Mannhardts Leute verzweifelten langsam. Bisher war es ihnen trotz aller Bemühungen nicht gelungen, in Feuerhahns Freundes- und Bekanntenkreis einen Mann namens Thomas Schwarz ausfindig zu machen. Und dabei hatte Frau Feuerhahn mehrmals versichert, ein Thomas Schwarz habe vor nicht allzu langer Zeit zu den vielen Freunden ihres Sohnes gehört.
Sogar Kriminalmeister Koch, der ansonsten nur strahlte wie ein reich beschenktes Kind unterm Weihnachtsbaum, fluchte mürrisch.
«So eine Scheiße!» rief er, als er die Tür hinter sich zugezogen hatte. «Ich hab seine sämtlichen Freundinnen abgeklappert – Gisela, Antje, Claudia und Barbara –, aber keine hat jemals was von einem Thomas Schwarz gehört… Mann, das sind vielleicht Puppen! Mir sind bald die Hosenknöpfe abgesprungen! Dieser Feuerhahn hat schon Geschmack – und Schulden.»
«Sonst noch was bei rausgekommen?» fragte Mannhardt gähnend.
«Nee. Feuerhahn soll ein Windbeutel sein, aber einer mit Herz. Ein Sonnyboy, dem man alles verzeiht. Er macht auf Playboy und Bohemien. Der bürgerliche Einheitsmief paßt ihm nicht, aber zur Apo gehört er weiß Gott nicht. Haschisch raucht er nicht, aber er trinkt viel. Im Juni war er in Saint-Tropez, im Juli wohl in Tunesien. Arbeit? Mal hier, mal da, aber nirgends lange. Antje meint, ab und zu beglückt er auch reiche Witwen, um seine Finanzen aufzubessern… Ach so – eh ich’s vergesse: Claudia wußte, daß er in Hermsdorf zu tun hatte.» Koch hielt inne, um sich ein Glas Sinalco einzugießen.
Mannhardt malte mit einem Bleistift Gleispläne auf einen karierten Bogen. «Ich kauf mir jetzt doch ‘ne Modelleisenbahn, Spur N…»
«Ja, du, ich komm dann mal vorbei. Zum Bauen…»
«Hm, hm… Was tun, sprach Zeus?» Mannhardt schloß die Augen. Scheißberuf. Frustrierend. Konnte er den Gesuchten nicht finden, dann war er enttäuscht und mit sich und der Welt höchst unzufrieden; schnappte er ihn aber, dann tat ihm der arme Kerl leid, und er zweifelte am Sinn der Gesellschaft und ihrer Gesetze. Aber mit Blindheit geschlagen und wie ein Schlafwandler hatte er sich nun mal nach dem Abitur für die Polizeilaufbahn entschieden. Jedenfalls hatte er nicht versucht, den Willen seines Vaters zu brechen… Er hatte sich auch noch bei einem großen Elektrokonzern beworben, aber da hatten sie ihm gesagt Wir brauchen den ganzen Menschen! – und das hatte ihm einen abgrundtiefen Schrecken eingejagt. Er konnte sich in dieser Welt keine Aufgabe vorstellen, die es wert gewesen wäre, ihr das ganze Leben zu opfern, zu ‹weihen›. So war er denn Beamter geworden, weil ihm dies einen geruhsamen Feierabend und ausreichende Freizeit zu garantieren schien. Er hatte ja viele Hobbys – Schach und Modelleisenbahn; Leichtathletik und Fußball, Romane aus Südamerika und Bilder von Miro. Und nun? Nun gab es täglich Überstunden, und oftmals war die Nacht die ergiebigste Arbeitszeit. Obwohl er sich alle Mühe gegeben hatte, uninteressiert, schläfrig und geistig minderbemittelt zu erscheinen, war er von Jahr zu Jahr höhergestiegen – bis zum Kriminaloberkommissar. Natürlich, unter den Blinden war der Einäugige König, und wer von den Geistesleuchten ging schon zur Polizei. Aber trotzdem… Blieb nur der Trost, daß er wenigstens genügend Geld verdiente, um Frau und Kinder zu ernähren. Aber was hatte es schon für einen Sinn, daß Elke und Michael
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